Gemeinderat

Stadt Schwetzingen zieht bei Brücke Reißleine

Die geplant Überführung zum Neubaugebiet „Schwetzinger Höfe“ soll aufgrund von unkalkulierbaren finanziellen Risiken nicht gebaut werden. So lautet der Beschlussvorschlag, der dem Gemeinderat vorliegt.

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Andreas Lin
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So sieht eine der Entwurfskizzen für die geplante Brücke zu den „Schwetzinger Höfen“ aus. Sie wird wohl vorerst in den Schubladen des Rathauses verschwinden. © Stadt

Schwetzingen. Es hat sich abgezeichnet: Der 2022 beschlossene Bau der Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Bahnstrecke hin zum Neubaugebiet „Schwetzinger Höfe“ ist vorerst Geschichte - vorbehaltlich der Zustimmung des Schwetzinger Gemeinderats, der das Thema auf der Tagesordnung seiner nächsten öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 29. Januar, um 18 Uhr im Rathaus hat. Der Beschlussvorschlag ist jedenfalls eindeutig: „Der Gemeinderat beschließt, den Neubau der Rad- und Fußgängerbrücke Schwetzingen wegen technischer und finanzieller Unbilligkeit nicht zu realisieren.“

Die Entscheidung hat einige Gründe: Einerseits gelte die Zusage des Bundesamts für Güterverkehr zur Förderung der Brücke nur bis Ende Juli 2026. Eine von der Stadt beantragte Verlängerung des Bewilligungszeitraums sei zwar mündlich in Aussicht gestellt, aber bis heute nicht schriftlich zugesagt worden, erklärte Oberbürgermeister Matthias Steffan auf Anfrage dieser Zeitung. Aufgrund des hierdurch entstandenen Zeitdrucks müsste die Brücke schnellstmöglich geplant und gebaut werden. Hierauf wäre die Architektur der Brücke abzustimmen.

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Nachdem die Stadt alles Mögliche unternommen habe, um eine schnellstmögliche Realisierung zu erreichen, sei zwischenzeitlich klar, dass der Bau der Brücke bis Ende 2026 technisch nicht realisiert werden könne. Der Vorlauf unter anderem für die Ausführungsplanung, die Genehmigungsplanung, die europaweite Ausschreibung und Vergabe sowie die vorbereitenden Arbeiten sei deutlich zu gering. Ein mehrfacher Antrag der Stadt Schwetzingen über eine Verlängerung des Bewilligungszeitraums bis 2030 sei schon früh nicht in Aussicht gestellt worden.

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Dazu kommt das finanzielle Risiko: Die geschätzten Kosten der vorgeschlagenen Vorzugsvariante der Brückenausführungen wurden im November 2024 mit rund 15,4 Millionen Euro vorgestellt. In dieser Kostenschätzung sei ein Sicherheitszuschlag von zehn Prozent eingerechnet worden. Hinzu kämen Investitionsfolgekosten von etwa 109 000 Euro und Abschreibungskosten in Höhe von etwa 63 000 Euro pro Jahr.

Förderquote sinkt deutlich

Das Bundesamt für Güterverkehr fördere die Maßnahme in einer Höhe von höchstens 9 276 602,50 Euro. Bei den 2021 zugrunde gelegten zuwendungsfähigen Gesamtausgaben von knapp 11,6 Millionen Euro habe dies einer Förderquote von 80 Prozent entsprochen. Aufgrund der drastisch gestiegenen Baukosten und der besser kalkulierbaren Preise entspreche die bewilligte Zuwendung jetzt nur noch einer Förderquote von 60 Prozent, sodass bei der Stadt Kosten in Höhe von knapp 6,2 Millionen Euro zu finanzieren seien. Aussagen zu einer möglichen Erhöhung der Fördersumme könne der Fördermittelgeber derzeit aufgrund der fehlenden haushaltsrechtlichen Ermächtigung nicht machen.

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Und der Haushalt des Bundes 2025 sei aktuell noch nicht beschlossen. Zudem würden Erfahrungen bei anderen großen Bauprojekten in der Region zeigen, dass vielmehr mit einer Preissteigerung von 30 Prozent zu rechnen sei, sodass sich der Betrag der Kostenschätzung auf knapp 17,3 Millionen Euro erhöhen könnte. Damit sinke die Förderquote auf etwa 53 Prozent und der Eigenanteil der Stadt stiege auf fast 8 Millionen Euro.

Oberbürgermeister Steffan bedauert den Stopp 

OB Matthias Steffan bedauert grundsätzlich den Stopp für dieses Projekt: „Eine Fuß- und Radwegebrücke für unser neues Stadtquartier war der richtige Ansatz und auch diesen zu über 80 Prozent durch den Bund fördern zu lassen.“ Doch inzwischen hätten sich die Voraussetzungen einfach geändert: „Heute stehen wir vor einer anderen Ausgangslage. Schon jetzt wissen wir, dass die eigentlichen Baukosten ohne Preissteigerungen bei 70 Prozent mit etwa 8 Millionen Euro über unserer städtischen Schmerzgrenze liegen.“ Die Komplexität des Projektes, eine knapp 80 Meter lange Brücke über elf Bahngleise in einem Jahr zu bringen, ohne dabei bis dato alle Projektpartner wie die künftig ausführenden Bauunternehmen oder die Bahn verbindlich an Bord zu haben, sei für eine Stadt wie Schwetzingen in ihrer Größenordnung nicht darstellbar: „Das ist ein noch nie dagewesenes Risiko für unsere Finanzen und aus meiner Sicht nicht mehr darstellbar.“

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In Anbetracht der engen Zeiträume bestehe das Risiko für die Stadt Schwetzingen, dass am Ende ein erheblicher Teil der Gesamtkosten bei der Kommune verbleibe, sollte die Fertigstellung nicht innerhalb der gesetzten Fristen erfolgen. Wenn man davon ausgehe, dass der jährliche Investitionshaushalt der Stadt Schwetzingen für die gesamtstädtischen Investitionen etwa 11 bis 13 Millionen Euro beträgt, werde deutlich, dass dieses Risiko nicht vertretbar sei, so der Oberbürgermeister.

Diese Belastung würde in der Betrachtung auch der sonstigen Finanzdaten des städtischen Haushalts der nächsten Jahre die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt deutlich überfordern.

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