Schwetzingen. Herr Brandauer, haben Sie noch Erinnerungen an Ihren Auftritt in Schwetzingen 2017 mit dem „Sommernachtstraum“?
Klaus Maria Brandauer: Schwetzingen hat ja durch die SWR Festspiele einen sehr guten Namen, nicht nur in der Kulturwelt. Ich erinnere mich noch sehr gut an meinen ersten Auftritt hier vor fünf Jahren und freue mich sehr, dass ich jetzt wiederkommen kann. Es hat ja auch lange genug gedauert. Die letzten beiden Jahren waren ja für unsere Branche wahrlich nicht einfach.
Sie sollen damals schon gesagt haben, ich komme gern mit Mozart wieder?
Brandauer: Das kann durchaus sein, mir sind beide Abende sehr wichtig. Sowohl der Shakespearsche Sommernachtstraum mit der wunderbaren Musik von Mendelssohn Bartholdy, wie auch die Briefe von Mozart. Shakespeare und Mozart sind zwei Säulen unserer Zivilisation und man kann sich nicht genug mit ihnen beschäftigen. Ich persönlich profitiere davon sehr – immer wieder.
Mozart beschäftigt Sie ja schon lange. Sie haben im Jahr 2006 eine ganze Reihe Briefe im österreichischen Radio rezitiert? Wie kamen Sie auf seine Briefe?
Brandauer: Das war mehr oder weniger eine Zufallsentdeckung, damals angesichts des großen Mozart-Jubiläums und es war deshalb eigentlich nur als einmalige Sache geplant. Dann wurde es eine große Sache mit einer sehr erfolgreichen CD und ich bin bis heute damit unterwegs. Darüber freue ich mich sehr. So etwas kann man nicht planen, das muss sich entwickeln und dann muss man es schaffen, dem Projekt auch einen Raum zu geben.
Diesmal wollen Sie uns ja vor allem schildern, wie sich Wolfgang Amadeus von seinem Vater gelöst hat. Er soll ja sehr herrschsüchtig gewesen sein?
Brandauer: Ich bin mit solchen direkten Zuschreibungen sehr vorsichtig. Gewiss, so wie zu Mozarts Zeiten die Kinder erzogen wurden, darüber sind wir glücklicherweise sehr weit hinaus. Er wollte wohl das was alle Eltern möchten, dass es ihren Kindern irgendwie gut ergeht im Leben und hat da auch an sich selbst gedacht. Was das alles für Facetten hatte, das schauen wir uns an. Aber wir verteilen keine Zensuren!
Gab es diesen Abend mit dem GrauSchumacher PianoDuo schon anderswo oder ist da Schwetzingen der Premierenort?
Brandauer: Wir kennen uns schon lange und machen auch den Mozart-Abend schon lange gemeinsam. Es gibt dabei eine schöne Vertrautheit und Sicherheit im gemeinsamen Tun, sodass man auch frei ist, etwas auszuprobieren, mal einen kleinen Umweg zu machen. Es ist nicht immer alles gleich, das sollte es auch nicht. Ich finde jeden einzelnen Abend wichtig und möchte gern gut sein. Für das anwesende Publikum ist es ja eigentlich immer eine Premiere!
Wie stimmt man sich heutzutage miteinander ab. Per Internet oder trifft man zum Proben zusammen?
Brandauer: Also die Proben können nur in Präsenz laufen, man braucht das Aufeinanderhören, das gemeinsame Atmen, damit man gut zusammenspielt. Es kommt mir darauf an, dass wir gemeinsam ein Gesamtkunstwerk erschaffen. Die Musiker müssen sprechen und die Schauspieler musizieren – so beschreibe ich das gern. Und das funktioniert eben nur in der besonderen Atmosphäre mit dem Publikum. Aber alle anderen inhaltlichen und organisatorischen Absprachen vorab, die laufen selbstverständlich schon lange nur per E-Mail und per Telefon.
Sie waren trotz der großen Filmrollen ja immer dem Theater treu. Was reizt Sie so sehr daran?
Brandauer: Für mich war das nie eine Frage, in der ich mich entscheiden wollte. Weiterhin Theater zu spielen, war eine Selbstverständlichkeit, auch als die Filmangebote größer und bedeutender wurden. Es sind zwei vollkommen verschiedene Arten, sich mit den Figuren, die man verkörpert, auseinanderzusetzen. Man kann das eigentlich gar nicht direkt miteinander vergleichen. Mir ist beides gleichermaßen wichtig und ich bin sehr dankbar, dass ich diese beiden Möglichkeiten hatte und habe.
Und wo hat die Arbeit mehr Spaß gemacht: James Bond oder Burgtheater?
Brandauer: Wissen Sie was, ich habe einfach beides gemacht. In der Woche gedreht und am Wochenende habe ich in Wien am Burgtheater den Hamlet gespielt. So lief das monatelang, das war anstrengend, aber ich hätte mir das nicht anders vorstellen können. Ich nehme die Sachen, für die ich mich einmal entschieden habe, dann sehr ernst. Anders geht es auch nicht, denke ich. Und der Spaß kommt dann schon, wenn man bei der Sache ist.
Haben Sie denn während der Pandemie in Aussee gelebt, dem Ort Ihrer frühen Kindheit, wo die Großeltern schon wohnten, oder waren Sie in der Großstadt?
Brandauer: Meine Heimat ist immer das Ausseer Land geblieben, dort bin ich geboren und aufgewachsen und dort gehöre ich bis heute hin. So gesehen war ich auch sehr froh, dass ich in den vergangenen zwei Jahren einen Zufluchtsort hatte, an dem ich diese schwierige Zeit einigermaßen gut verbringen konnte. Wir mussten uns ja alle noch mal neu selber kennenlernen, in einer solchen Phase der Entschleunigung.
Sie gehören ja gerade noch so zur Kriegsgeneration, 1943 geboren und in der Nachkriegszeit aufgewachsen. Wie bewegt Sie das, was gerade in der Ukraine passiert?
Brandauer: Das bewegt mich natürlich sehr, ich hätte nie gedacht, dass wir uns in einer solchen Situation wiederfinden könnten. Anderseits war die Entwicklung auch nicht wirklich überraschend. Wer das sagt, der hat die Augen ziemlich fest zugedrückt. Wie es in der Ukraine weitergeht, da finden Sie mich einigermaßen ratlos und wenn ich mir anschaue, was mit den Menschen dort passiert, dann bin ich entsetzt.
Info: „Mozarts Freiheit“ am Sonntag ist leider schon ausverkauft.
Zur Person
Klaus Maria Brandauer – eigentlich Klaus Georg Steng – ist am 22. Juni 1943 in Bad Aussee in der Steiermark geboren.
Nach dem Abitur begann er ein Studium an der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, das er nach zwei Semestern abbrach. 1963 hatte er sein Debüt als Claudio in Shakespeares „Maß für Maß“ am Landestheater Tübingen.
Seit 1972 ist Brandauer Ensemblemitglied und Regisseur am Wiener Burgtheater.
International bekannt wurde er 1981 in der Rolle des Hendrik Höfgen im Film „Mephisto“. Und natürlich als Bösewicht Maximilian Largo im James-Bond-Film „Sag niemals nie“ (1983). jüg
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