Politbarometer

Wen die Deutschen als Kanzlerkandidat der Union favorisieren

Markus Söder, Hendrik Wüst oder doch Friedrich Merz? Wie Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen die Chancen der möglichen Kanzlerkandidaten analysiert

Von 
Walter Serif
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Mannheim/Berlin. Geht es wieder aufwärts mit Olaf Scholz - und damit seiner SPD? „Von einer Trendwende würde ich da nicht sprechen, aber es sieht zumindest so aus, als hätte der Bundeskanzler die Kurve gekriegt. Das könnte sich auf Sicht ebenfalls für die SPD auszahlen, auch wenn sie bei der Sonntagsfrage nur um einen Prozentpunkt zulegt“, sagt Matthias Jung von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen.

Bei der Beurteilung der zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker in Deutschland verbessert sich Scholz mit einem Imagewert von minus 0,4 deutlich und belegt damit in der Rangliste den vierten Platz - den er sich aber mit Außenministerin Annalena Barbock und Robert Habeck (beide Grüne) teilen muss. Zwar meint noch eine große Mehrheit von 56 Prozent, dass Scholz seinen Job schlecht macht. Aber im Februar waren es sogar zwei Drittel.

„Das sind alles Frühindikatoren, wir müssen also noch ein bisschen abwarten, wie sich das alles entwickelt“, sagt der Mannheimer Wahlforscher. Dass die Grünen um zwei Prozentpunkte heruntergehen und die SPD um einen Zähler steigt, will Jung nicht überbewerten. „Der Austausch zwischen Grünen und SPD ist am leichtesten, das ist dann schon fast ein Nullsummenspiel“, sagt er.

NRW-Regierungschef Wüst ist populär, aber ziemlich unbekannt

Noch ist die Bundestagswahl 2025 fern, immerhin läuft ja jetzt erst das Superwahljahr 2024 - mit der Europawahl im Juni und den drei Landtagswahlen im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Dennoch fragt die Forschungsgruppe immer wieder nach den Wahlchancen der als Kanzlerkandidaten gehandelten Unionspolitiker. Das Erstzugriffsrecht hat in der Regel der CDU-Vorsitzende. Das ist bei der Bundestagswahl 2021 schiefgegangen. Mit Armin Laschet fuhr die Union ihr bisher schlechtestes Ergebnis ein. Der frühere NRW-Ministerpräsident ist danach in der politischen Versenkung verschwunden.

Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder, der Laschet widerwillig den Vortritt lassen musste, wird auch für die nächste Bundestagswahl wieder als Kanzlerkandidat gehandelt. Das löst bei den Befragten keine Begeisterung aus. Nur 27 Prozent favorisieren ihn und räumen Söder die besten Wahlchancen ein. Das reicht aber immerhin für die Spitzenposition im Ranking.

Söder liegt knapp vor Hendrik Wüst mit seinen 25 Prozent. Allerdings ist Wüst, der Laschet als Ministerpräsident in dem bevölkerungsreichsten Bundesland abgelöst hat, deutschlandweit recht unbekannt. CDU-Chef Friedrich Merz landet mit seinen 15 Prozent recht abgeschlagen auf dem dritten Platz. Daniel Günther, Regierungschef in Schleswig-Holstein, kommt als Letzter nur auf neun Prozent. Der Rest nennt andere Kandidaten oder will sich nicht festlegen. Die Forschungsgruppe hat auch das Meinungsbild in der Unionsanhängerschaft abgefragt. Auch da ist die Reihenfolge dieselbe: Söder (34 Prozent) liegt vorn, Wüst (29), Merz (20) und Günther (sechs) belegen die Plätze.

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„Ein Kanzlerkandidat Friedrich Merz würde in der Wählerschaft stark polarisieren, weil er in der Vergangenheit nur wenige Fettnäpfchen ausgelassen hat. Seine Unpopularität ist ja auch ein Grund, warum die Union in der Sonntagsfrage nur bei 31 Prozent liegt, obwohl die Ampel in der Bevölkerung so unbeliebt geworden ist“, ordnet Jung ein. Dass die CDU Söder den Vorzug lassen würde, ist allerdings sehr unwahrscheinlich. „Das würde aber auch wieder die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass dann aus den Reihen der CSU wieder Störfeuer gegen den Kanzlerkandidaten kommen würde. Dies war 2021 bei Laschet ja auch der Fall“, analysiert Jung.

Wäre es dann nicht sicherer, mit Wüst ein relativ unbeschriebenes Blatt ins Rennen zu schicken? „Das könnte durchaus Charme haben, immerhin liegt der Ministerpräsident in der Rangliste ja hinter Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf Platz zwei - also vor Söder und Merz“, sagt Jung, schränkt aber auch gleich wieder ein: „Als unbeschriebenes Blatt würde Wüst zwar unbelasteter ins Rennen gehen als Merz. Aber der Wahlkampf von Laschet hat damals gezeigt, dass schon ein, zwei Fehler reichen können, um alles wieder zunichte zu machen.“

Deutschland soll mehr Waffen und Munition liefern

Die Deutschen blicken weiter mit Sorge auf den Ukraine-Krieg. Kiew braucht dringend mehr Waffen und Munition. Dass die europäischen Staaten mehr liefern sollen, das ist für 59 Prozent keine Frage. Deutliche Differenzen gibt es zwischen West und Ost: 63 Prozent der Westdeutschen sprechen sich für eine stärkere militärische Unterstützung der Ukraine aus. Im Osten gibt es mit nur 42 Prozent dagegen keine Mehrheit.

Die Sehnsucht nach einem Frieden im Ukrainekrieg ist groß, aber Russlands Präsident Wladimir Putin will die eroberten Gebiete behalten. 40 Prozent der Befragten würden dies akzeptieren, wenn dadurch der Krieg beendet werden könnte. Für die relative Mehrheit von 48 Prozent ist das allerdings keine Option.

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Der Ukraine-Krieg hat den Bürgerinnen und Bürgern auch die Augen dafür geöffnet, dass mit einem imperialistischen Russland als Nachbarn auch die Verteidigungsfähigkeit Europas eine im Extremfall existenzielle Bedeutung erlangt. 94 Prozent meinen, dass Deutschland sich militärisch selbst verteidigen können müsste. Aber: 56 Prozent sind skeptisch, dass dies Europa in den nächsten Jahren auch ohne die USA gelingen könnte. Übrigens: 70 Prozent vertrauen nicht darauf, dass die USA zu ihrer Bündnistreue stehen würden, wenn Donald Trump ins Weiße Haus einziehen sollte.

Redaktion Reporter für Politik und Wirtschaft

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