Brühl. „Im Sommer ist es angenehm kühl. Im Winter warm genug. Ohne Klimatisierung und ohne Heizung. Ohne jeglichen Energieeinsatz.“ So beschreibt Klaus Triebskorn den Kellerraum der ehrenamtlichen Fahrradwerkstatt für Bedürftige aus dem Kreis „Asyl in Brühl“. 36 Quadratmeter ist dieser Raum groß. „Allerdings ohne jeden Radioempfang – wir schwätzen dafür halt viel miteinander in den Stunden, die wir hier verbringen, während wir defekte Räder wieder straßentauglich herrichten. Und dafür ist der Raum gut geeignet“, weiß Projektleiter Triebskorn zu berichten.
Aus der Notwendigkeit, Menschen, die zugewandert sind, und weitere Bedürftige zu unterstützen, unter anderem mit einer Versorgung einfacher Mobilität, fand sich nach langer Suche und Verhandlungen mit der Gemeindeverwaltung im Dezember 2016 mit diesem Kellerraum unter dem Pavillon der Schillerschule eine Lösung. Das Team – es besteht aus Hermann Scheuler, Sven Angermann, Steffen Scheuler, Norman Fellinger und Klaus Triebskorn – trifft sich seitdem dort jeden Donnerstag zwischen 17 und 20 Uhr. „Aktuell ausgenommen sind allerdings der 28. Dezember und der 4. Januar – da ist wegen der Weihnachtsferien geschlossen“, sagt Triebskorn.
Brühler Fahrradwerkstatt ist nicht leicht zu finden
Und weil der Kellerraum nicht ganz einfach zu finden ist, erklärt er die Anfahrt noch kurz. Vom Schrankenbuckel biegt man demnach in die Ormessonstraße ein – man müsse einfach dem Wegweiser in Form eines gelben Fahrrades folgen. Dann geht es weiter bis zum Steffi-Graf-Park. Dort steht der zweite Wegweiser: ein rotes Fahrrad. Quasi hinter dem Pavillon findet sich dann der Abgang in den Keller.
Seit dem ersten Tag der Einrichtung – das war der 17. Dezember 2016 – hat die Gruppe insgesamt 2759 ehrenamtliche Stunden in der Werkstatt verbracht. „Über 400 Räder sind bei uns seither eingegangen. Alle wurden erfasst, nummeriert, die Mängel notiert und in Dateien eingepflegt“, weiß Hermann Scheuler dazu mit Blick auf einen hohen Verwaltungsaufwand, „so wissen wir jederzeit über den Bestand und dessen Erhaltungszustand Bescheid“.
Daraus folgt dann auch die Erstellung eines Fahrradpasses, der den Abnehmern der Räder mitgegeben wird. 306 Fahrräder wurden seit dem wieder straßentauglich hergerichtet, 271 an Bedürftige abgegeben, 243 davon gegen eine Spende, 28 gingen kostenlos an eine Schule in Ahrweiler nach den schweren Überschwemmungen im Ahrtal.
35 Kinder-, Jugend-, Damen- und Herrenfahrräder sowie Mountain-bikes sind aktuell abholbereit vom engagierten Team der ehrenamtlichen Fahrradwerkstatt fertiggestellt, rund 100 weitere Räder stehen noch zur Reparatur an – den Schraubern dürfte es also auch in Zukunft nicht langweilig werden. Doch mit diesen Rädern sind die momentanen Lagermöglichkeiten im Pavillonkeller erschöpft.
Vor wenigen Wochen erhielt die Fahrradwerkstatt Besuch von den Verantwortlichen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Schwetzingen und Umgebung, darunter war auch deren Sprecher Florian Reck. Angesichts des Umfangs des sozialen und nachhaltigkeitsorientierten Engagements hatte die Delegation viele Fragen an das Team um Klaus Triebskorn, sodass es zu einem intensiven Austausch kam. An dessen Ende stand die Vereinbarung, künftig nach Möglichkeiten der Zusammenarbeit für eine fahrradfreundliche Region zu suchen. Erfahrungsaustausch und gemeinsame Veranstaltungen in den Bereichen „Fahrradtechnik für Anfänger“, Verkehrssicherheit und Fahrtraining wurden in Aussicht gestellt.
Erweiterung der Brühler Fahrradwerkstatt scheitert an Raumnot
Bedürftigen helfen, reparieren statt wegwerfen und somit Ressourcenschonung stehen für das Team der ehrenamtlichen Fahrradwerkstatt im Mittelpunkt des Engagements. Ob sich für das eine oder andere Rad der Aufwand für eine umfangreichen Reparatur, gegebenenfalls sogar mit notwendiger Ersatzteilbeschaffung lohnt, stehe auf einem anderen Blatt. „Das liegt nicht in unserem Fokus. Nur selten erklären wir ein Rad als wirklich nicht reparabel. Wir sind ehrenamtlich tätig und sehen unseren Einsatz auch unter dem Aspekt der Ressourcenschonung, also reparieren vor neu kaufen“, erklärt Triebskorn, „so hat die Gruppe schon oft über eine Erweiterung in ein sogenanntes repair-Cafe nachgedacht – und das auch schon in der Öffentlichkeit angesprochen.“ Da gebe es schon Anfragen einiger technisch Begabter, die das gerne mit unterstützen würden. Aber Räumlichkeiten dazu wurden bisher nicht gefunden.
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