Erdwärme

Geothermie für die Region: Bleibt Brühl im Blick von Geohardt?

Das Unternehmen räumt ein, mit benachbarten Grundstückseigentümer im Süden der Gemeinde im Gespräch zu sein, um die Chance zu eruieren

Von 
Ralf Strauch
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Bleiben die mehr oder weniger gut gesicherten Löcher der früher geplanten Geothermieanlage im Brühler Süden in der direkten Nachbarschaft des Sportparks und des Klärwerks für das Unternehmen Geohardt auch eine Perspektive für die Energiegewinnung der kommenden Jahre? © Strauch

Brühl. Die Bürgerinitiative Tiefen-geothermie Brühl/Ketsch sieht die beiden Brühler Löcher einmal mehr als interessante Thematik für das Unternehmen Geohardt, das in der Region die Nutzungsrechte der Erdwärme innehat (wir berichteten). Die BI hat mitgeteilt, dass dieses gemeinsame Tochterunternehmen von MVV und EnBW aktuell Verhandlungen mit Grundstückseigentümern auf der anderen, der rheinzugewandten Seite der Ketscher Straße führe, um dort möglicherweise ein Erdwärmekraftwerk zu errichten, das über eine Leitung dann mit dem Tiefenwasser aus den beiden Löchern beim Sportpark-Süd betrieben werden könnte – so die aktuellen Informationen seitens der Bürgerinitiative.

Ron Zippelius, Pressesprecher der Firma Geohardt räumt diese Gespräche mit den dortigen Grundstückseigentümern gegenüber unserer Redaktion unumwunden ein. „Was den Prozess der Standortfindung betrifft, haben wir regelmäßig erklärt, dass die geologischen Voraussetzungen im Großteil des Aufsuchungsgebiets insgesamt sehr gut sind und die Nutzbarkeit eines Standortes an der Oberfläche von einer Vielzahl von Kriterien abhängt, die aktuell noch geprüft werden“, erklärt er auf Anfrage unserer Zeitung.

Doch man prüfe nicht im luftleeren Raum, deshalb gehöre die Frage, ob die Fläche für die Umsetzung eines solchen Projekts überhaupt zur Verfügung stünde, ganz klar dazu. „Es ist doch eines der wesentlichen Kriterien bei der Standortsuche. Deshalb sondieren wir derzeit – in verschiedenen Bereichen im Aufsuchungsgebietes – die Bereitschaft von Grundstückseigentümern, dafür eventuell Flächen bereitzustellen und führen entsprechende Gespräche“, hebt er gegenüber unserer Redaktion hervor.

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Gleichzeitig betont er, dass selbst mit einem positiven Signal seitens der Eigentümer dieser Areale aber nicht automatisch mit einer Standortentscheidung verbunden seien – man müsse nur alle möglichen Standorte genau auf die tatsächliche Chancen der Machbarkeit untersuchen. Das soll entsprechend heißen, dass man nicht nur mit den von der BI genannten Brühler beziehungsweise Ketscher Grundstückseigentümern im Gespräch sei, sondern auch mit denen anderer potenzieller Standorte in der Region.

Geothermie in Brühl: Gesprächspartner enttäuschen

Dennoch zeigt sich Thomas Gaisbauer von der Bürgerinitiative schlichtweg enttäuscht von dem Unternehmen, das einst angetreten sei, die Entscheidungen transparent zu gestalten. „Dass unsere Informationen stimmen, weil sie ja jetzt von Geohardt bestätigt worden sind, zeigt uns, dass da einiges unter der Hand entschieden werden sollte – das ist eine Irreführung der Bevölkerung“, meint Gaisbauer.

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Wenn die MVV als eine der Mutterfirmen von Geohardt erst kürzliche gesagt habe, dass es bei der Fernwärmeversorgung der Region zur Not auch ohne Geothermie, sondern nur mit anderen regenerativen Quellen gehe und man in Brühl nicht tätig werden wolle, solange der Gemeinderat so klar gegen „diese risikoreiche Energiegewinnung“ sei, dann sieht das BI-Vorstandsmitglied, dass man nun wohl doch die Möglichkeiten für einentsprechendes Wärmekraftwerk in Bühl prüfe und darüber hinaus sogar konkret in Verhandlungen mit Grundstückseigentümern eingestiegen sei. „Das ist eine krumme Tour“, so Gaisbauer auf Nachfrage dieser Redaktion.

Geothermie in Brühl: Wenig wirklich Greifbares

Stattdessen gebe es über Ankündigungen der allgemeinen Art hinaus wenig wirklich Greifbares. „Geohardt hüllt sich nach wie vor bei der entscheidenden Frage von künftigen Standorten in Schweigen – es kann also durchaus auch immer noch Brühl mit den beiden attraktiven, bestehenden Löchern treffen.“

Zeitleiste: Geothermieprojekte in Brühl

  • 2004 wird von der Firma Geo-energy eine erste 3D-Seismik erstellt, mit der der Untergrund auf Gegebenheiten für die geother-mische Nutzung untersucht wird.
  • Als Standort für das Kraftwerk kristallisiert sich ein Areal am südli-chen Ortsrand heraus. Die beiden schräg vorangetriebenen Bohrungen sollen in 3800 Metern Tiefe bei Rohrhof und Ketsch ihren Endpunkt finden.
  • Bei der Anlage ist geplant, das heiße Wasser aus der Tiefe nach oben zu befördern, um über einen Generator Strom und Wärme zu erzeugen. Dann soll es wieder in den Untergrund gebracht werden.
  • So sollten über 30 Jahre bis zu acht Megawatt elektrische Energie produziert werden — genug, um 12 500 Vierpersonenhaushalte zu versorgen, erklärt Geoenergy 2006.
  • Ende 2008 wird der Bauvorbe-scheid zur Errichtung der Gebäude für das Geothermie-Kraftwerk vom Gemeinderat erteilt.
  • Wenige Monate später kommt es bei einem Geothermie-Projekt in Landau zu Erdstößen. Im Brühl bil-det sich eine Bürgerinitiative gegen die Tiefengeothermie.
  • Die Firma Geoenergy erhält 2011 vom Bergamt in Freiburg die Bohrgenehmigung.
  • 2011 verweigert der Rat der Ver-längerung der Bauvoranfrage für die Gebäude der Anlage die Zustimmung. Das Landratsamt sieht keine geänderte Sach- und Rechtslage – es setzt den Ratsbeschluss aus.
  • 2012 werden die Bau- und Bohr-arbeiten begonnen.
  • Die ersten 3800 Meter tiefe Boh-rung sowie Fündigkeitstests wer-den 2013 abgeschlossen. Die zweite Bohrung ist da 400 Meter tief.
  • Erste Tests verlaufen für Geo-energy in Bezug auf Druck und Temperatur des Wassers vielversprechend. Dennoch enden die Bauarbeiten im Frühjahr 2014.
  • 2015 kommt es vor Gerichten zu Auseinandersetzungen zwischen Geoenergy und Gemeinde.
  • Im April 2015 meldet das Unter-nehmen Insolvenz an. Zwei Interessenten, die das Projekt übernehmen wollen, springen 2016 ab. Laut damaligen Angaben von Geoenergy sind bis dahin 15 Millionen Euro investiert worden.
  • Im Herbst 2019 gibt das Landes-amt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau die Lizenz für das Feld „Hardt“ zu dem auch Brühl gehört, zur Neuvergabe frei. Es melden sich mehrere Bewerber.
  • Ende 2020 taucht in der Diskussion um die Erdwärmenutzung auch die Gewinnung von Lithium als Nebenprodukt auf.
  • Im November 2020 erklärt der Gemeinderat mehrheitlich, dass öffentliche Interessen durch eine Erkundung negativ berührt seien —eine Absage an die Investoren.
  • Im März 2021 erteilt das Bergamt Geohardt, einem Konsortium aus EnBW und der MVV Energie, die Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdwärmechancen in der Region.
  • Geohardt will im rechtsrheinischen Gebiet zwischen Mannheim, Heidelberg und Reilingen mehrere Geothermie-Heizwerke bauen.
  • Im August 2022 erklärt MVV-Chef, Dr. Georg Müller, dass er die Geothermiepläne nicht gegen den Widerstand der Bürger durchsetzen werde.
  • Im Dezember 2022 erhält das Unternehmen die Genehmigung für eine weitere 3D-Seismik.
  • Im Januar 2023 werden mit Rüt-telwagen und Geophonen die Messungen durchgeführt. Es kommt zu mehreren Beschwerden wegen der Erschütterungen.
  • Im März 2023 nimmt der Widerstand gegen die Anlage wieder Fahrt auf.
  • MVV-Vorstand Dr. Hans Jörg Roll erklärt im Mai 2023: „Wir werden das Thema einer Nutzung in Brühl nicht anpacken, solange der Gemeinderat so ablehnend positioniert ist, wie es sich derzeit darstellt.“
  • Die beiden Löcher wecken wegen der Gewinnung von Lithium im Juni 2023 erneut Begehrlichkeiten. 

Das Unternehmen Geohardt habe offensichtlich aus ihren Rüttelaktionen im Januar 2023, den daraus resultierenden Schäden auch in Brühl und der völlig unzureichenden Kommunikation, durch die viel Vertrauen verspielt wurde, immer noch nichts in Sachen wirklicher Transparenz gelernt.

„Warum also diese Geheimniskrämerei“, fragt Gaisbauer in seiner Stellungnahme. Während die Verantwortlichen von Geohardt demnach wohl ein ganz eigenes Verständnis davon hätten, was Transparenz, Vertrauen und Kommunikation bei einem so umstrittenen Projekt bedeuten würde, versuchten sie gleichzeitig die Zustimmung der betroffenen Bürger durch wiederholte Exkursionen zur Anlage in Bruchsal zu gewinnen.

Geothermie in Brühl: Brüger würden hingehalten

Tatsächlich handele es sich bei dieser Anlage dort aber primär um ein Forschungsprojekt, das bereits 1987 wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt worden war und dessen Betrieb erst mit der Energiewende wieder aufgenommen worden sei, so Gaisbauer.

Dessen Leistung sei so gering, dass es mit dem, „was aktuell die einzelnen Unternehmen tatsächlich im Oberrheingraben in Hinblick auf Wärme-, Strom- sowie Lithiumgewinnung geplant wird, überhaupt nicht zu vergleichen ist“, meint der Vorsitzende der Bürgerinitiative und fordert noch einmal mehr ehrliche Transparenz.

„Tatsächlich werden wir in Brühl hingehalten, wenn es zuvor immer hieß, der Ort sei wahrscheinlich gar nicht im Gespräch für eine solche Anlage von Geohardt. Das ist eine ganz linke Tour, die genau ins Bild der bisherigen Vorgehensweise passt.“

Redaktion

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