Gemeinderat

Kommen in Brühl Containerdörfer für Geflüchtete?

Für 150 Menschen, die der Kommune im laufenden Jahr zugewiesen werden, gibt es ansonsten keine Unterbringungsmöglichkeit. Zusammen mit dem „Aufnahmedefizit“ des vergangenen Jahres sind es sogar 185 Menschen.

Von 
Ralf Strauch
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Zwischen Aldi-Markt (r.) und der Straße an den Werften (l.), also zwei Grundstücke neben den alten Luftschiffhallen, könnte das Containerdorf auf gemeindeeigenem Grundstück entstehen. © strauch

Brühl. Die Unterbringung von Geflüchteten ist für die meisten Kommunen in Deutschland ein echter Kraftakt. Ihre Kapazitäten für die Flüchtlingsaufnahme seien so gut wie erschöpft – diese Klage ist in den vergangenen Monaten immer wieder von Ministerpräsidenten und Lokalpolitikern in der gesamten Republik zu hören. Auch in Brühl müsse nun neue Wege in diesem Bereich beschritten werden.

Im Zusammenhang mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine wurde für die Hufeisengemeinde 2022 die Bereitstellung von Wohnraum für 162 Geflüchteten von den zuständigen übergeordneten Stellen festgelegt. Immerhin 127 konnten tatsächlich im vergangenen Jahr in privaten und kommunalen Wohnungen dezentral untergebracht werden. Allerdings musste auch das ehemalige Hotel „Brühler Hof“ angemietet und von der Gemeinde für die Unterbringung von Geflüchteten umgebaut werden. Gleichwohl wurde die Zuweisungsquote noch nicht komplett erfüllt – 35 Personen konnte im vergangenen Jahr noch keine entsprechende Unterkunft bereitgestellt werden.

„Wir gehen davon aus, dass es 2023 eine ähnliche Zuteilungsquote wie im vergangenen Jahr geben wird“, hieß es erst kürzlich. Inzwischen sind die entsprechenden Zahlen übermittelt worden. Demnach hat die Gemeinde Brühl 150 weitere Geflüchtete unterzubringen – zusammen mit dem „Aufnahmedefizit“ des vergangenen Jahres sind das 185 Menschen, die jetzt dringend Wohnraum brauchen.

Flüchtlingsunterbringung in Brühl: Zuweisungen kommen vom Land

Wie kommt es zu diesen Zahlen? Geflüchtete, die eine Unterkunft benötigen, werden zunächst nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt, die für die Erstaufnahme zuständig sind. Bundesweit wurden seit März 2022 mindestens 74 000 Plätze geschaffen. Trotzdem ist die Aufnahmeinfrastruktur in fast allen Bundesländern stark ausgelastet. Nach der Erstaufnahmephase werden Geflüchtete weiter auf die Kommunen verteilt. Auch da ist die Belegungssituation sehr unterschiedlich. Während einige Kommunen noch über Kapazitäten verfügen, sind andere schon seit Monaten am Anschlag.

Das Hauptproblem liege allerdings darin, dass das Aufnahmesystem für Geflüchtete nicht für die aktuelle Situation geschaffen sei, sagen Experten. Normalerweise werden Schutzsuchende gleich bei der Einreise auf die Bundesländer verteilt und erst später auf die Kommunen. Das gilt aber nicht für Geflüchtete aus der Ukraine: Viele von ihnen sind zunächst privat untergekommen – in Mietwohnungen, bei Verwandten, Bekannten oder etwa bei Gastfamilien. Wenn sie aus finanziellen oder anderen Gründen ausziehen müssen, werden sie direkt in das kommunale Aufnahmesystem aufgenommen. Sie werden nicht weiter verteilt, denn sie sind bereits an ihrem Wohnort registriert, beziehen Sozialleistungen und ihre Kinder gehen dort zur Schule.

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Während es in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder dadurch entsprechend nur wenige Hundert Geflüchtete aus der Ukraine gibt, stellen sie einen großen Teil der Bewohner in vielen kommunalen Unterbringungen.

Zudem dürfte sich die Lage der Flüchtlingsunterbringung mit dem Erdbeben in der Türkei und Syrien auch in Brühl noch weiter verschärfen – auch das eine wichtige humanitäre Hilfe.

Wie dem auch sei, verfügt Brühl inzwischen aber nicht mehr über ausreichende Sozialwohnungen, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Deshalb wird sich der Gemeinderat in seiner nächsten Sitzung am Montag, 24. April, damit auseinandersetzen müssen, dass eine Wohncontaineranlage für Geflüchtete auf dem gemeindeeigenen Grundstück im Gewerbegebiet „An den Werften“, also dem Schütte-Lanz-Gewerbepark, errichtet wird.

Flüchtlingsunterbringung in Brühl dezentral nicht mehr zu schaffen

Bestehender kommunaler Wohnraum in der Schwetzinger, der Wilhelm- und der Richard-Wagner-Straße könnte die Anzahl der fehlenden dezentralen Unterkünfte in näherer Zukunft zwar um rund 15 Plätze reduzieren. Andererseits, so heißt es aus dem Rathaus, kämen auch noch Flüchtlinge aus anderen Ländern hinzu und zusätzlich könnte die Obdachlosigkeit in Brühl aufgrund erheblicher Preissteigerungen im Alltag zunehmen, befürchtet die Gemeindeverwaltung.

„Aus derzeitiger Sicht bleibt es also dabei, dass Wohnplätze für mindestens 150 Personen zu schaffen sind“, so die zuständigen Stellen im Rathaus. Dies sei mit dezentraler Unterbringung einfach nicht mehr zu schaffen. „Um möglichst zeitnah den benötigten Wohnraum zur Verfügung zu haben, ist es notwendig, mit Containerlösungen zu arbeiten.“

Der Sachverhalt wurde bereits im Februar nicht öffentlich vom Ausschuss für Technik und Umwelt vorberaten. In der Konsequenz haben die Ratsfraktionen nach Abwägung der Vor- und Nachteile dreier Standorte dem Gemeinderat empfohlen, der Errichtung von Containern in zweigeschossiger Bauweise auf dem Grundstück „An den Werften“ zur Unterbringung von Geflüchteten zuzustimmen. Zudem hat der Ausschuss weitere Container für einen Teilbereich des gemeindeeigenen Grundstücks im Heiligenhag – also in einem Wohngebiet – nahegelegt. Mittelfristig sind demnach also zwei Containeranlagen im Gespräch.

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Die Verwaltung wird dem Gemeinderat nun in der kommenden Sitzung vorschlagen, mit einer öffentlichen Ausschreibung die Realisierung der Containeranlage im Gewerbegebiet des ehemaligen Schütte-Lanz-Areals zügig voranzutreiben, „da an dieser Stelle in vertretbarer Zeit die größte Anzahl an Geflüchteten untergebracht werden kann“. Bestandteil der Ausschreibung und der nachgelagerten Auftragsvergabe soll die Stellung des Bauantrags sein, dessen Genehmigung die Voraussetzung der Beauftragung bilden soll. Mit dieser Maßnahme könnten laut Verwaltung recht zeitnah Unterbringungsmöglichkeiten für 160 bis 180 Personen geschaffen werden.

Container in Brühl: Kosten von 4,2 Millionen Euro

Inklusive der Nebenkosten ist für diese Maßnahme mit Kosten von rund 4,2 Millionen Euro zu rechnen, denen Landesfördermittel von etwa 1,3 Millionen Euro gegenüberstehen. Der bei der Kommune damit verbleibende Restbetrag von 2,8 Millionen Euro war bei der Aufstellung des Haushaltsplans 2023 entsprechend nicht erwartet und damit nicht vorgesehen worden – er müsste deshalb außerplanmäßig bereitgestellt werden. Die Maßnahme am Heiligenhag soll, so heißt es abschließend aus dem Rathaus, in ähnlicher Weise im Laufe der nächsten drei Monate vorbereitet werden.

Ob dieser Planung so entsprochen wird, entscheidet der Gemeinde nun in seiner nächsten öffentlichen Sitzung, die am Montag, 24. April, ab 18.30 Uhr im Rathaus stattfinden wird.

Redaktion

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