Geschichte

Schulgeschichte in Brühl: Von der Schulpflicht bis zur Raumnot

Vor 130 Jahren erhielt die Gemeinde ihr erstes kommunales Schulhaus. Ihm sollten in den folgenden Jahren weitere Gebäude folgen. In den 1980er Jahren übernahmen dann Vereine die Klassenzimmer, um dann inzwischen wieder Schülern zu weichen.

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Inzwischen ist der ehemalige Stromturm bei der Jahnschule das neue Symbol von Kernzeit- und Hortbetreuung. Bild: Widdrat © Widdrat

Brühl. "Es gibt nur eins, was auf Dauer teurer ist als Bildung: Keine Bildung“, sagte einst der US-Präsident John F. Kennedy. Der hat zwar wenig mit der Hufeisengemeinde zu tun, doch seine Aussage ist sicherlich allgemeingültig. Und auch in der kleinen Kurpfalzgemeinde lässt sich damit feststellen, dass die Schulpflicht zu den wesentlichen Bestandteilen der weiteren demokratischen Gesellschafts- und Bildungsverfassung gehört.

Das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken führte unter Johann I. 1592 als erstes Territorium der Welt die allgemeine Schulpflicht für Mädchen und Knaben ein. Seit dem frühen 18. Jahrhundert wurde auch in den übrigen Wittelsbacher Landen, zu denen auch Brühl gehörte, versucht, den Schulbesuch der Landeskinder zu regulieren. So heißt es in den entsprechenden Vorgaben: „Jeder Einwohner, welcher den nöthigen Unterricht für seine Kinder in seinem Hause nicht besorgen kann oder will, ist schuldig, dieselben nach zurückgelegtem fünften Jahre zur Schule zu schicken.“

Zunächst lehrte die Kirche in Brühl: Die Ära der konfessionellen Elementarschulen

Bis ins 18. Jahrhundert gehörten die Bereiche Schule und Erziehung allerdings den Aufgaben der Religionsgemeinschaften an. Die Elementarschulen, also die Vorläufer der späteren Volksschulen, waren in der Regel konfessionell getrennt. In Baden wurde 1803, also noch vor der Gründung des Großherzogtums, das Edikt „über die Organisation der gemeinen und wissenschaftlichen Lehranstalten“ erlassen, das die konfessionelle Ausprägung der Elementar- und Volksschulen mit einer Schulaufsicht zeigte, die vom Kirchspielpfarrer, dem Bürgermeister und einem Kirchenältesten ausging.

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Maßgeblich für die badische Schulpolitik war das „Erste Konstitutionsedikt“ von 1807. Die Regierung ernannte zwar die Kirchenschulbeamten, der evangelische Oberkirchenrat hatte jedoch die oberste Aufsicht und Leitung der Schulen inne. Die Volksschulen blieben vom Staat geleitete und beaufsichtigte Gemeindeanstalten, ohne jedoch auf die religiös geistliche Komponente ihres Aufbaus zu verzichten.

Antrag auf gemischte Einrichtung

Denn wie dichtete schon Wilhelm Busch: „Also lautet ein Beschluss, dass der Mensch was lernen muss – nicht allein das Abc bringt den Menschen in die Höh’; nicht allein in Schreiben, Lesen übt sich ein vernünftig Wesen; nicht allein in Rechnungssachen soll der Mensch sich Mühe mache.“

Zwar gab es in Brühl keinen Lehrer Lämpel, aber dennoch seit inzwischen 130 Jahren mehr oder minder begabte Vermittler von Wissen und Anstand. Dass das 1894 entstandene Alte Schulhaus von Brühl im Schatten der Schutzengelkirche steht, mag da nicht weiter überraschend sein.

Zwar war der Gemeinde bereits 1874 vom Großherzoglichen Bezirksamt in Schwetzingen vorgeschlagen worden, einen „Beschluß zu fassen, ob nicht der Antrag auf Einführung einer gemischten Schule zu stellen sei“. Doch der Gemeinderat hielt damals die Sache für „nicht zeitgemäß“. Die beiden Konfessionen erteilten ihren jeweilige Unterricht zunächst weiter bis 1876. Doch die Entwicklung fand damit kein Ende.

Vor 130 Jahren wuchs die Bevölkerung von Brühl erstmals sprunghaft an. Damals mussten die Gemeindeväter für entsprechende Bildungsstätten im Ort sorgen, damit die Kinder ihrer Schulpflicht gerecht werden konnten. © strauch

Denn schon im Zusammenhang mit dem runden Geburtstag der Villa Meixner war klar, dass der Bauboom auch die Hufeisengemeinde erreicht hatten. Es musste eine entsprechende Infrastruktur für die Allmeinbildung der Menschen entstehen. Aber dafür pädagogisch ausgebildete Lehrer gab es damals noch nicht.

Für und Wider der Schulpflicht in Brühl – Rolle des mündigen Bürgers will gelernt sein

Einen solchen hätte die Kommune zu diesem Zeitpunkt wohl auch noch nicht bezahlen können. Obwohl ebenso unzulänglich wie die Ausbildung zu dieser Zeit auch die Besoldung der Lehrer war – doch Brühl bot keinen wirklich attraktiven Standort für einen Dorfschullehrer, der die Karriereleiter irgendwann noch weiter nach oben steigen wollte. Es gab damals immer wieder Diskussionen über das Für und Wider der Schulpflicht: Gegner sahen in der Schulpflicht eine Entmündigung der Eltern und eine Geringschätzung der Schüler, die man zur Bildung zwingen müsse. Befürworter verwiesen auf den Zusammenhang von Demokratie und Bildung: Die Rolle des mündigen Bürgers wolle gelernt sein – und das ermöglichte die Schulbildung.

Doch das Bezirksamt aus Schwetzingen, zeichnete 1881 kein gutes Bild von der Situation in der Hufeisengemeinde. Die Bildungssituation der jungen Brühler war von „Unzulänglichkeit der Schullokalität“ geprägt, hieß es damals im Besuchsprotokoll der Behörde.

Die Gemeinde biete, so wurde amtlich vor rund 100 Jahren betont, weder den Lehrern einen ausreichenden Wohnraum noch den Kindern ein adäquates Schulzimmer.

Und so beantragte die Gemeinde 1881 beim Bezirksamt Schwetzingen ein entsprechendes Schulhaus für die Kommune – immerhin waren inzwischen 235 Kinder schulpflichtig. Das Bezirksamt stimmte damals zu, dass nichts übrig bleibe, als dass sich der Ort zu einem Schulneubau entschließe.

Von der Raumnot zur Schulraumerweiterung: Wachsende Kinderzahlen in Brühl

1884 waren dann 280 Kinder in Brühl schulpflichtig. Den Unterricht im Schulhaus an der Hauptstraße erteilten die Hauptlehrer Ludwig Brehm, Friedrich Becker und Unterlehrer Jakob Bender. Eine Schulvisitation berichtet zwar, dass die Leistungen der Kinder in „einem allgemein ziemlich guten Stand seien“, doch „zwei Klassen sind nur als hinlänglich zu bezeichnen“.

Die Gemeinde wuchs weiter an Einwohnern und damit die Zahl der schulpflichtigen Kinder. Bereits 1896 sah sich die Gemeinde genötigt, den Bau eines weiteren Schulhauses in die Wege zu leiten. Das Mittlere Schulhaus wurde gebaut und vor 125 Jahren seiner Bestimmung übergeben. Dafür hatte die Gemeinde immerhin rund 50 000 Mark bezahlen müssen.

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Doch kaum zehn Jahre nach Vollendung des Mittleren Schulhauses herrschte schon wieder Schulraumnot in Brühl. Durch das rasche Aufblühen der Industrie stieg die Zahl der der Einwohner und damit auch die der Schüler sehr stark an.

Der Bau der Jahnschule und die Veränderungen im 20. Jahrhundert

In einem Prüfungsbericht jener Tage heißt es: „Die Lehrer arbeiten fleißig, aber der Unterricht ist bei so starken Klassen nicht leicht“. Die zuständigen Stellen forderten die weiter wachsende Gemeinde auf, sie möge „beizeiten auf Schaffung weiterer Schullocalitäten, die in den nächsten Jahren jedenfalls benötigt werden, bedacht sein“.Und so wurde 1912 als drittes Schulgebäude, die Jahnschule errichtet.

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Später sanken die Schülerzahlen in der immer größer werdenden Gemeinde rund um den Turm der Schutzengelkirche anteilig, weil mit der Schillerschule Mitte des vergangenen Jahrhunderts ein neues großes Schulgebäude entstanden war. In die Räume des Alten Schulhauses zogen in den folgenden Jahren Vereine ein – vom Musikverein bis zu den „Kollerkrotten“.

Altes Schulhaus in Brühl heute: Rückkehr zur Bildung

Doch vor wenigen Jahren änderte sich die Situation dann in eine andere Richtung. Die älteste Brühler Schule gehört seit wenigen Jahren wieder komplett den Kindern. Die Klassenzimmer des 1884 eingeweihten Gebäudes in der Hauptstraße waren seit vielen Jahren an Vereine vermietet, weil die Jahnschule mit Mittlerem und Neuem Schulhaus für den Bedarf ausreichten.

Mit der Steigerung der Schülerzahlen im Bereich des Hort- und Kernzeitangebots sowie der Bestimmungen, viele Gruppen getrennt zu betreuen, mussten vor 2018 bereits der Musikverein und 2020 der Karnevalverein „Kollerkrotten“ der Kinderbetreuung weichen. Die Schiffsmodellbauer, deren Verein als einziger noch im Keller des historischen Gebäudes zu Hause ist, können dort auch weiterhin bleiben.

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