Baumbestand

Grünkonzept in Hockenheim: Auch perfekte Klimaschützer brauchen Schutz

Das Grünkonzept der Stadt Hockenheim muss den veränderten Anforderungen durch heiße Sommer und aggressivere Schädlinge angepasst werden. Von Feigenbäume, Palmen und Wildblumenwiesen ist die Rede.

Von 
Volker Widdrat
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Die stattlichen Bäume an der evangelischen Kirche haben noch keine Blätter. Wenn sie im Frühling ein Laubdach ausbilden, sind sie effektive Schattenspender und kühlen ihre Umgebung. © Widdrat

Hockenheim. Im Stadtgebiet von Hockenheim stehen rund 7600 Bäume, die zu einem guten Klima beitragen sollen. Zudem sind 400 Obstbäume im Rheinbogen erfasst, sagt Sascha Weber von der Vergabestelle des Fachbereichs Bauen und Wohnen.

Weber kennt sich mit Bäumen aus. Als Gärtner der Stadt Schwetzingen hat er sich Fachwissen angeeignet, ein Kataster mit 5000 Bäumen aufgebaut und bis zu seinem Wechsel nach Hockenheim gepflegt. Der Bauhof kümmert sich neben einem sauberen Stadtbild auch um die Grünflächenpflege und den Baumbestand.

Baumbestand in Hockenheim verändert sich

Es seien immer mehr gelernte Gärtner beschäftigt, freut sich Matthias Degen, beim Fachbereich Bauen und Wohnen für das Grünflächenwesen zuständig. Derzeit laufen in der Stadt die Rückschnitte von Bäumen, Sträuchern und Hecken, die vom 1. März bis 30. September nicht durchgeführt werden dürfen. Bis Ende Februar gehen auch noch notwendige Fällarbeiten von abgestorbenen Bäumen über die Bühne.

Die Bäume des Gartenschauparks pro-duzieren Sauerstoff und verbrauchen dabei klimaschädliches Kohlendioxid. © Volker Widdrat

Der Baumbestand verändert sich in der Rennstadt wie überall. Das Grünkonzept muss vor allem im Hinblick auf den Klimawandel angepasst werden. Die heißen Sommer quälen Bäume und Gehölze immer mehr. „Die Pflegearbeiten nehmen zu, das Gießen dauert immer länger, dazu kommen weitere Maßnahmen“, erläutert Degen. Verwendung finden Pflanzsubstrate für neue Bäume, die die Entwicklung verbessern und für sicheres Anwachsen sorgen.

Bäume sind wichtig für eine Stadt. Die Pflege wiederum für die Bäume, denn Pilzbefall oder Wurzelschäden treten auf. Neupflanzungen und Fällungen werden dokumentiert. Im Kataster sind die Bäume mit Art, Größe und Standort vermerkt.

Feigenbäume und Palmen in der Region angekommen

Einige Baumarten machen den Fachleuten besonders Probleme. „Die früher gängigen Bäume wie die Rotbuche kriegt man nicht mehr groß“, erklärt Degen. „Es müssen Bäume her, die klimaresistent sind. Sogar Feigenbäume und Palmen sind bei uns in der Region angekommen. Aber auch Baumarten, die ihren Ursprung im mediterranen Raum haben, wie die Platane oder die Rosskastanie, zeigen sich zunehmend belastet. Das Spektrum verändert sich. Linden gehen noch, bestimmte Ulmen oder Erlen tun sich nicht so schwer. Auch Schädlinge machen es Bäumen nicht leicht.“

Um den Bestand zu erhalten, muss er regelmäßig kontrolliert werden. Eine gute Baumpflege ist entscheidend. Insbesondere längere Trockenperioden machen den Bäumen zu schaffen und schwächen sie. Somit werden sie anfälliger für Krankheiten. Eine zusätzliche Bewässerung ist oft unumgänglich, ebenso wie die Düngung. Nach neuesten Erkenntnissen hilft auch der Austausch von Nährstoffen zwischen Baum und Pilzen. Die Bäume erhalten mehr Abwehrkraft gegen krankheitserregende Bodenorganismen und die Mykorrhiza-Wurzelpilze fördern das Pflanzenwachstums.

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Bürger dürfen sich gerne beteiligen und den Straßenbaum vor ihrer Haustür mit Wasser versorgen. „Die Anwohner, die ihren Baum lieben, machen das sowieso“, meint Degen. Man könne einen Baum ohnehin nicht „totgießen“. Drei Wochen Unterversorgung könnten schon zum Absterben führen, mahnt Weber. Vor allem junge Bäume sind daher auf eine regelmäßige Bewässerung angewiesen. Auch im Gartenschaupark, der größten zusammenhängenden Grünanlage in Hockenheim, haben die Bäume Probleme. „Der Park steht aber noch gut da“, versichert Degen.

Grünflächen in Wildblumenwiesen umgewandelt: Investition in die Zukunft

Die Stadt hat sich am Projekt „Natur nah dran“, einer Kooperation von Nabu und Land zur Förderung der biologischen Vielfalt im Siedlungsraum, beteiligt. Dabei werden Grünflächen in artenreiche Wildblumenwiesen umgewandelt. Beete mit Staudenmischpflanzungen seien für die Biodiversität aber besser, meint Degen. Der Fachbereich Stadtplanung, Umweltschutz und Grünflächenwesen der Stadt erstellte und betreut auch die im Zuge des Hochwasserschutz- und Ökologieprojekts (HÖP) naturnah neugestaltete Fläche eines „Grünen Klassenzimmers“ am Kraichbach.

Die Bäume speichern klimaschädliches Kohlendioxid, produzieren Sauerstoff, spenden Schatten und kühlen die Luft an heißen Tagen. Sie sind Lebensraum für Insekten und Vögel, Eichhörnchen und auch Fledermäuse. Die altbekannten Stadtbäume wie Linden, Kastanien und Ahorn sind heute viel anfälliger für Krankheiten und Schädlinge. Bei älteren Platanen bildet sich verstärkt Totholz. Ein Schlauchpilz setzt hingegen den Eschen zu. Ulmen werden zunehmend durch Schädlinge geplagt und die Hainbuche ist in Hockenheim ein Sorgenkind.

Und: Wenn es regnet, dann oft zu stark. Das Wasser dringt nicht in den trockenen Boden ein, sondern fließt oberflächlich ab. Durch die großflächige Versiegelung läuft es in die Kanalisation und wird dem natürlichen Wasserkreislauf entzogen. Dabei sollte das Regenwasser aufgefangen werden, um es in die Grünflächen zu bringen.

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2023 wurden in Hockenheim zahlreiche Straßenbäume gepflanzt. „Erhalt geht aber vor Neuanpflanzung“, stellt Matthias Degen klar. Sascha Weber schwärmt unterdessen vom über 100-jährigen Maulbeerbaum an der evangelischen Kirche und von den alten Platanen auf dem Friedhof. Es müsse immer weitergehen und mehr werden, meinen die beiden Baumexperten unisono: „Wer Bäume pflanzt, investiert in die Zukunft.“

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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