Pumpwerk

Lars Redlich überzeugt bei zweitem Auftritt in Hockenheim

Das Multitalent bietet auf der Bühne ein facetten- sowie abwechslungsreiches Programm und dichtet als Höhepunkt einen improvisierten Song - aus zugerufenen Worten des Publikums.

Von 
Matthias H. Werner
Lesedauer: 
Lars Redlich gastiert mit seinem Programm „Ein bisschen Lars muss sein“ im Pump-werk Hockenheim. © Lenhardt

Hockenheim. Ein Jahr ist es her, dass der in Berlin geborene Musicaldarsteller, Schauspieler, Moderator und Komiker Lars Redlich im Hockenheimer „Pumpwerk“ mit seinem ersten Programm das Publikum begeisterte, bei der Kritik aber eher gemischte Gefühle hinterließ. Mit „Ein bisschen Lars muss sein“ konnte der smarte Tausendsassa nun aber an gleicher Wirkungsstätte auf beiden Seiten volle Punktzahl abräumen.

Der immer noch als „neues Programm“ bezeichnete Abendfüller, den Redlich allerdings auch schon seit 2019 spielt, hat genau das, was sich unsere Zeitung Anfang vergangenen Jahres erhofft hatte: Weniger Schmuddelgags, sehr viel mehr wirklich erstklassige Musik-Comedy. Denn - dabei muss man bleiben - Kabarett ist Redlich nicht. Will er auch gar nicht sein, wie er selbst betont.

Lars Redlich im Hockenheimer Pumpwerk: ein Quantensprung

Was er nun auf die Bühne stellte, war eine wahrlich gekonnte Mischung aus grandioser Performance, lustiger Comedy, musikalischer Klasse - alles abgeschmeckt mit einem Sammelsurium aus Kalauern, die eben auch Teil seines Unterhaltungskonzepts sind, für das er erst Anfang des Monats mit dem Thüringer Kleinkunstpreis ausgezeichnet wurde.

Was den Quantensprung zu „Lars but not least!“ ausmacht: die markante Konzentration auf die Musik und vor allem das - von wenigen Ausnahmen abgesehen - Operieren oberhalb der Gürtellinie. Sein Publikum - und nicht nur die Frauen darunter - ist dem Multitalent ohnedies verfallen: Bereits zum Opener hatte er einen Mitsingsong nicht eingebaut, sondern mit dem umgedichteten Stones-Song „Sympathy for the Devil“ im Stil einer Berliner Taube auch alle im Saal mitgerissen. Jubel schon zum Auftakt, der bis zum Ende ins Frenetische stieg.

Kabarett

Lars Redlich im Hockenheimer Pumpwerk: Kalauer zwischen musikalischem Genius

Veröffentlicht
Von
Matthias H. Werner
Mehr erfahren

Dafür sorgte eine eigene Version von „Despacito“, das Redlich mit einem verschmitzten Lächeln zu „Scheiß Moskitos“ beim Nacktschlafen transformierte, ein per Looper zusammen mit Publikumsbeiträgen aufgenommener „Mecker-Song“, der in einem erfrischenden „Probier‘s mal mit Zufriedenheit“ endet, der Titelsong, den er mit „Ein bisschen Gras muss sein“ aktuell hielt und „Lady’s Songs Teil 2“, in dem zig Divennummern zusammengeklöppelt waren - von Trude Herrs Hammer „Ich will keine Schokolade“ über „Lady Marmelade“ bis zu einem in traumhaftem Falsett gesungenen, nein, gefeierten „Ave Maria“.

Lars Redlich setzt in Hockenheim auf seine Stärken

Das sind Redlichs Stärken, die ihn einmalig machen in der Unterhaltungslandschaft: Der Musicaldarsteller ist eine perfekte Symbiose zwischen begnadeter Stimme und Rampensau. Das hat er diesmal sehr viel mehr als vor einem Jahr ausgespielt - und dabei Niveau gewonnen: Sein Outingsong für James Bond, der zwischen „Skyfall“ und „Golden Eye“ konstatiert „Triff Dich mit Lukaschenko, Vladi und Kim Jong-un und rette mit Deiner Liebe die Welt“ war fast ganz dicht am Kabarett dran.

Mehr zum Thema

Kabarett

Lars Redlich im Hockenheimer Pumpwerk: Kalauer zwischen musikalischem Genius

Veröffentlicht
Von
Matthias H. Werner
Mehr erfahren
Stadthalle

"Die Magier" in Hockenheim: Wow-Effekte bleiben aus

Veröffentlicht
Von
Matthias H. Werner
Mehr erfahren
Stadthalle

Glitzernde Zeitreise mit "Tribute to Boney M." in Hockenheim

Veröffentlicht
Von
Christina Lourenco
Mehr erfahren

Sehr schön auch die Überleitungen, die seinem Programm nun einen roten Faden geben: Zum einen macht er das mit Kommentaren wie „Dem Alkoholiker ist seine Leber wurst“ als Überleitung zum Problem“ „Essen in der Partnerschaft“ und dem bereits vom vergangenen Jahr bekannten „Ich hab‘n Date mit ‘ner Veganerin“, zum anderen lässt er sein Handy und Siri als Conférencier und Kalauer-Schmieder aktiv werden - geniale Idee.

Überhaupt sind die intellektuellen Blüten zwischen Musikgröße und Klamauk bemerkenswert. Die Genesis des Rasierers schmückt eine Hitler-Parodie („Eva, mach was, Du heißt Braun“), den Hinweis auf den Grönlandwal nutzt er für einen Ausflug ins 17. Jahrhundert: „Vivaldi - kennen einige noch vom Klingelton, Jopi Heesters wurde eingeschult und Berlin Brandenburg geplant.“ So gewinnt er auch in seinen Wortpassagen viel an Größe. Gigantisch seine Dozentur als „Professor Dr. Herbert Maria Ana-Lyse“ und dessen Einordnung von „Zehn nackte Friseusen“ als femininstisches „Opus magnus“ mit biblischem Akzent: Mickie Krause zwischen Adorno und Ballermann-Award.

Lars Redlich baut in Hockenheim Terrakottafließen ein

Ungeschlagener Höhepunkt war aber wie bereits vor einem Jahr der „Pausen-Song“: Während sein Publikum sich labte, zimmerte er aus kurz zuvor zugerufenen Begriffen wie „Formel 1“, „Schnucki“ und „Terrakottafließen“ einen genialen Song über Hockenheim als ebenfalls vom Publikum aufgegebenen Swing. Göttlich.

Mehr zum Thema

Im Porträt

Band "Revived" steht in Hockenheim erstmals als Hauptact auf der Bühne

Veröffentlicht
Von
Jakob Roth
Mehr erfahren
Schlossrestaurant (mit Fotostrecke)

Alex Auer und Lava in Schwetzingen: Die Band mit den „Spinnereien“

Veröffentlicht
Von
Andreas Lin
Mehr erfahren
Pumpwerk

Amokoma begeistert im Pumpwerk in Hockenheim

Veröffentlicht
Von
Matthias H. Werner
Mehr erfahren

Am Ende bleibt ekstatischer Schlussapplaus für den Künstler, dem wir uns anschließen - und eine eigene Umdichtung des Abschiedslieds „Du warst wirklich wunderbar - ich freu mich auf das nächste Mal!“

Freier Autor Seit Mitte der 1990er Jahre als freier Journalist vorrangig für die Region Hockenheim/Schwetzingen tätig - Fachbereich: Kultur.

Copyright © 2025 Hockenheimer Tageszeitung

VG WORT Zählmarke