Kindertagesstätten

Streit über Schuldzuweisungen im Hockenheimer Gemeinderat

Das Thema Kindergärten in städtischer Trägerschaft hat einmal mehr für Kontroversen in Hockenheim gesorgt. Bei einer Sondersitzung gab es Reibereien zwischen den Fraktionen.

Von 
Matthias Mühleisen
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Die Rückübertragung der Trägerschaft der städtischen Kindertagesstätten – hier ein Symbolbild – hält der Rat in Atem. © DPA

Hockenheim. In der Sache völlig einig, in der Kommentierung aber sehr kontrovers - eine solche Konstellation erleben die Besucher einer Gemeinderatssitzung in Hockenheim selten. Das Thema Kindergärten in städtischer Trägerschaft war am Donnerstagabend erneut für Ausnahmesituationen gut. Dabei ging es im Bürgersaal phasenweise emotional zu.

Der Stellenplanänderung im Haushaltsplan 2023 durch die Schaffung von 20 Stellen für die drei Einrichtungen, die nun wieder in städtische Trägerschaft übergehen, wurde bei einer Enthaltung ebenso einstimmig beschlossen wie die vorübergehende Anpassung der Gebühren. Doch während die beiden Abstimmungen unspektakulär und erwartungsgemäß verliefen, schlugen die Stellungnahmen ungewohnt hohe Wellen.

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So hoffte CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Fuchs, dass die Gegner des Betriebsübergangs, die vorm Gemeinderatsvotum von 27. September gesagt hatten, es sei kein Problem, die nicht mehr zur Verfügung stehenden Stellen des Postillions zu ersetzen, da die Stadt im Vergleich zum Postillion ein attraktiverer Arbeitgeber sei, recht behielten und die 20 Kräfte schnell gefunden seien, denn: „Wenn nicht, dann haben wir ein Problem.“ Dann komme es weiterhin zu Engpässen und Notfällen in der Betreuung.

Es sei klar, sagte Fuchs, dass das geänderte Abstimmungsverhalten im Gemeinderat diese Situation verursacht habe. „Aus dieser Verantwortung werden wir die damalige Ausschussmehrheit auch nicht entlassen.“ Die CDU hoffe weiterhin auf eine gute Lösung und bitte die Verwaltung, dem gesamten Thema Kinderbetreuung oberste Priorität einzuräumen, sagte der Sprecher.

„Nach bestem Wissen gehandelt“

In Kombination mit der Presseveröffentlichung vom Dienstag („CDU für Kita-Gebührenanpassung“) kamen seine Worte bei den anderen Fraktionen nicht gut an. „Es tut mir leid, dass ich mich schon wieder für unser Abstimmungsverhalten rechtfertigen muss“, eröffnete Gabi Horn für die Freien Wähler ihre Stellungnahme. Bis Juli sei die FWV der Meinung der Verwaltung gefolgt, von der sie auch die Informationen erhalten hätten. Danach sei sie nach vielen Gesprächen mit Eltern und Erzieherinnen zum Schluss gekommen, dass es zum Wohl der Kinder am besten sei, wenn die Trägerschaft in Hockenheim bleibe. Das hätten Erkundigungen in umliegenden Gemeinden bestätigt.

„Dass wir jetzt hier die Bösen sind, das ärgert mich, muss ich sagen“, machte Gabi Horn klar. „Wir haben nur nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, wir sind hier auch nur dem Bürger verpflichtet - wir müssen nicht mit der Verwaltung stimmen“, stellte sie klar.

Elke Dörflinger (Grüne) stärkte ihr den Rücken: Ihre Fraktion sehe das Problem nicht beim Abstimmungsverhalten der Freien Wähler. „Für uns ist das ein demokratischer Prozess gewesen und das Abstimmungsverhalten ein Bekenntnis mit beeindruckender Mehrheit zur sozialen Verantwortung der Stadt und zu den Erwartungen der Bürger und Bediensteten.“ Es sei also eine Entscheidung für und nicht gegen etwas gewesen.

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Die Grünen wünschten von der Verwaltung weitere Konkretisierung der Vorlagen. So erschließe sich ihnen nicht, warum die in städtische Trägerschaft rückgeführten Stellen teurer sein sollten, denn sie seien ja auch zuvor mit Tarifentgelt nach TVöD finanziert worden, offenbar liege das an den Overheadkosten. Nach den Presseveröffentlichungen der vergangenen Wochen wünsche sich ihre Fraktion aber vor allem einen künftig wertschätzenden Umgang zwischen dem Fachbereich und den Kindertagesstätten sowie mit dem Gemeinderat.

Letzteres konkretisierte Elke Dörflinger mit der Verzögerung der Mitteilung über die Auswirkungen der Gesetzesänderung an den Gemeinderat. Der KVJS habe diese nach Kenntnisstand der Grünen bereits am 7. Dezember 2021 an die Kommunen verschickt, doch erst knapp eineinhalb Jahre später seien Ausschuss und Rat von der Verwaltung informiert worden. Diese Verzögerung habe die „Eilentscheidung“ im SKS-Ausschuss verursacht, sagte Dörflinger und sprach von „Respektlosigkeit“ gegenüber dem Gremium.

„Kein Mensch hat es geschnallt“

Oberbürgermeister Marcus Zeitler bestätigte, dass das Gesetz Ende 2021 verschickt wurde, ergänzte aber: „Kein Mensch hat geschnallt, was damit gemeint ist.“ Dass es bedeute, dass alles aus einer Hand kommen müsse, sei erst Anfang 2023 klar geworden. Dann habe man abgewartet, wie der Gesetzgeber im Fall Wilhelmsfeld entscheidet, der einzigen anderen Kommune mit einer solchen Kooperation. „Wenn ich etwas nicht weiß, kann ich es Ihnen auch nicht sagen“, erklärte der OB.

Richard Zwick (SPD) wunderte sich, dass die CDU zunächst über die Presse ein Ende der Schuldzuweisungen forderte und nun weiter „Schuldzuweisungen permanent über den Tisch jagt. Das ist unerträglich für mich.“ Die Gemeinderäte seien als Laien auf das Wissen von Fachleuten angewiesen, sie hätten nach bestem Wissen und Gewissen entschieden und auf die Bürger gehört. „Wir haben uns dann nicht hingesetzt und anderen vorgeworfen, sie wären der weniger gute Demokrat - so geht es nicht.“ Zwick fragte die CDU: „Sind die Sozialdemokraten keine bürgerliche Partei?“

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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