Neulußheim. Es war das letzte Zahlenwerk, dass er dem Gemeinderat vorlegte und es war das i-Tüpfelchen auf einer über ein Jahrzehnt währenden erfolgreichen Ära in der und für die Gemeinde: Mit der Jahresrechnung 2022, die den optimistischen Ansatz des Haushaltsjahres weit übertraf, trug sich Kämmerer Andreas Emmerich mit tiefschwarzen Zahlen in die Annalen der Gemeinde Neulußheim ein.
Bürgermeister Gunther Hoffmann war angesichts der Zahlen schon glücklich – das erwartete positive Gesamtergebnis von 800 000 Euro wurde glatt verdoppelt: 1,6 Millionen Euro betrug die Summe in der Abrechnung und hat der Gemeinde finanziell jede Menge Luft verschafft, wie Hoffman frohlockte. Doch der Bürgermeister hatte noch einen zweiten Grund zur Freude: die Jahresrechnung selbst. Seit der Umstellung von der Kameralistik auf das Neue Kommunale Haushaltsrecht (NKHR), die Doppik, mit ihrer Anforderung der Aufstellung einer Eröffnungsbilanz, hinken viele Kommunen mit ihren Jahresrechnungen hinterher, sind sie gewaltig im Verzug. Nicht so Neulußheim, die Jahresrechnungen werden mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks abgeliefert – „eine Besonderheit“, stellt Hoffmann fest.
Jahresrechnung im Neulußheimer Gemeinderat: Optimismus noch übertroffen
Wie in der Gemeinde Tradition übernahm es Heinz Kuppinger (FWV) die Zahlen ausführlich zu würdigen. Der ehemalige Volksbankdirektor erinnerte an die Aufstellung des Haushalts 2022, die von dem Optimismus geprägt wurde, dass es, wie in den Jahren zuvor, besser komme als erhofft. Der Rat wurde nicht enttäuscht, das positive Ergebnis hat sich verdoppelt, liegt nun bei 1,6 Millionen Euro.
Ausschlaggebend hierfür sind in Kuppingers Augen zwei Faktoren: Die Steuern und Abgaben addieren sich auf 7,7 Millionen Euro – fast eine halbe Million Euro mehr als eingeplant. Ursächlich für das Plus sind fast ausschließlich der Anteil der Gemeinde an der Einkommenssteuer sowie die Gewerbesteuer, die sich auf 1,5 Millionen Euro addiert, wofür Kuppinger den Gewerbetreibenden dankte. Das zweite Standbein der Gemeinde sind die Zuweisungen und Umlagen, die sich auf rund sieben Millionen Euro belaufen, 600 000 Euro mehr als geplant.
Was im Umkehrschluss vor Augen führt, wie abhängig die Gemeinde von „externen staatlichen Geldgebern“ ist, wie Kuppinger betonte. Weshalb ihn trotz der glänzenden Zahlen keine große Euphorie befiel – die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lassen befürchten, dass die Gemeinde in den nächsten Jahren mit geringeren Einnahmen und höheren Ausgaben kalkulieren muss.
Zumal die kostenintensiven Aufgaben der Gemeinde nicht geringer werden, erinnerte Kuppinger an die lange Aufgabenliste, von den Schulen über die Kindergärten bis hin zur Unterbringung der Flüchtlinge. „Ausgabendisziplin und Kostenbewusstsein“ müssten beibehalten werden, betonte er. Und jede Investition sei auf ihre Machbarkeit und Notwendigkeit hin zu überprüfen.
In der Finanzrechnung beträgt der Zahlungsmittelüberschuss 2,6 Millionen Euro, gut eine Million Euro mehr als geplant. Was zum einen der Ergebnisrechnung geschuldet ist, zum anderen der Tatsache, dass statt geplanter 4,3 Millionen Euro nur 2,7 Million Euro an Investitionen getätigt wurden. Die größten Brocken waren dabei die neue Kultur- und Sporthalle und der Anbau ans Haus der Feuerwehr. Der Anbau wurde von Kuppinger begrüßt, er mache die Feuerwehr fit für die kommenden Jahre. Die eigentlichen Kosten würden jedoch noch kommen, wenn es an den Innenausbau des Feuerwehrhauses geht. Dennoch, diese Investition in die Sicherheit diene allen Bürgern der Gemeinde.
Lobend erwähnt wurde von Kuppinger die relativ geringe Pro-Kopf-Verschuldung von 445 Euro. Kurzum, so der Banker, das Ergebnis der Jahresrechnung liege einmal mehr deutlich über den Erwartungen, dankte er Bürgermeister Hoffmann und dessen Team für die gute Arbeit und speziell Emmerich für die stets gelungene Überraschung mit positiven Zahlen.
Neulußheim soll mehr in Klimaschutz investieren
Monika Schroth (Grüne) war gleichfalls zufrieden und stolz auf die schwarzen Zahlen der Jahresrechnung sowie deren frühzeitigen Präsentation. Mit ein Grund für die gute Lage ist in ihren Augen, dass es Emmerich und Hoffmann verstehen, immer wieder Zuschüsse zu akquirieren.
Wenig gefallen wollte ihr die gerühmte schlanke Verwaltung. Zwar seien geringe Personalkosten von Vorteil, doch dürften sie nicht zulasten der Zukunft gehen. Gerade beim Thema Klimaschutz wünscht sich Schroth mehr Power im Rathaus – diese Investition würde sich schnell rechnen, betonte sie. Thomas Birkenmaier (CDU) sah angesichts steigender Kosten bei den Sach- und Dienstleistungen sowie steigenden Energiekosten und sinkender Gewerbesteuereinnahmen düstere Wolken am Horizont aufziehen. Vor diesem Hintergrund müsse man feststellen, dass die Gemeinde allein das Klima nicht retten könne, die Verhältnismäßigkeit von aufgebrachten Mitteln hierfür zu beachten sei.
Kultur- und Sporthalle in Neulußheim - ein nachhaltiges Bauwerk
Hanspeter Rausch (SPD) begrüßte das Zahlenwerk gleichermaßen, zumal in ihm drei wichtige Vorhaben abgebildet seien – der Bau der Kultur- und Sporthalle, der Anbau ans Feuerwehrhaus und das Baugebiet Zeppelinstraße. Die neue Halle für die Wehr sei ein maßstabsetzendes Projekt für die kommenden Jahrzehnte, betonte der Sozialdemokrat, der gleichermaßen die neue Halle lobte: Mit Photovoltaik und Dachbegrünung und Holzständerbauweise sei sie nachhaltig und nahezu CO2-neutral. Nicht zuletzt ein Verdienst seiner Fraktion, betonte Rausch, dem es wichtig ist, künftig dem Klimawandel und seinen Folgen mehr Beachtung zu schenken.
Ingeborg Bamberg (WfN) griff gleichfalls den Begriff der schlanken Verwaltung auf. Für sie fast schon „ein unterernährtes Team“. Es könne nicht sein, in Pflanzen zu investieren und dann fehle das Personal für die Pflege derselben. Und auch beim Thema Klimaschutz käme man um mehr Personal nicht umhin, wolle man den künftigen Anforderungen gerecht werden.
Abschied von Neulußheimer Kämmerer Andreas Emmerich
Wie gesagt, es war das letzte Werk und die letzte Sitzung von Kämmerer Andreas Emmerich, der zum 1. Juli, als Bürgermeister in die Große Kreisstadt Waghäusel wechselt. Wie Hoffmann betonte, wird der Kämmerer mit einer Feier im Rathaus verabschiedet, weshalb es nun an Heinz Kuppinger war, sich im Namen des Gemeinderates von Emmerich zu verabschieden.
Emmerich hat sehr gute Arbeit für die Gemeinde geleistet, was leider Waghäusel nicht verborgen geblieben sei, weshalb ihn der dortige Rat mit 26 von 28 Stimmen zum Bürgermeister gewählt habe. Kuppinger verhehlte nicht, dass man den Diplom-Verwaltungswirt, der vor elf Jahren seine Stelle als Fachbeamter für das Finanzwesen und den Baubereich im Rathaus antragt, gerne gehalten hätte. Zuvor war er bei der Stadt Bruchsal und der Gemeindeprüfanstalt tätigt, bei letzterer als Berater für das neue kommunale Finanzwesen.
In Neulußheim war sein Aufgabenbereich groß, betonte Kuppinger: Finanzen, Baurecht, Bauvorhaben der Gemeinde, Kindergärten, Schule und Bauhof seien sein Bereich gewesen. Nebenbei habe er fast geräuschlos die Umstellung auf die Doppik gestemmt und sei er der Steuerberater der Gemeinde – „alle Steuererklärungen macht er selbst“. Und mit seinem Sachverstand in Finanzfragen sei er landesweit als Berater von Kommunen geschätzt und Dozent an der Verwaltungsschule des Gemeindetags.
Digital und stressfrei unterwegs
Die ganzen Bauvorhaben der Gemeinde, die Emmerich in seinen elf Jahren im Rathaus gestemmt hat, ließ Kuppinger unerwähnt, es waren zu viele. Betont wurde hingegen dessen Arbeitsweise – kein Papier auf dem Schreibtisch, alles geht digital, und stets stressfrei agierend.
Zum Abschluss gab es Geschenke: ein von allen Gemeinderäten signiertes Trikot des SC Olympia für den Fußballfan und Gutscheine, die Emmerich und seine Familie noch oft nach Neulußheim führen sollen.
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