Im Interview

Kirche in Oftersheim: Dr. Simon Layer und seine Visionen

Pfarrer Dr. Simon Layer sieht in den aktuellen Aufgaben der Kirche auch für die evangelische Gemeinde von Oftersheim neue Möglichkeiten. Besonders am Herzen liegen ihm die Kinderbibeltage, die er fest integrieren möchte.

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Michael Wiegand
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Pfarrer Dr. Simon Layer (l.) gibt Bzeirkskantor Paul Hafner die Hand. Für diesen Gottesdienst haben sie die Rollen getauscht. © Ralf Lackner

Oftersheim. Im November 2022 wurde Dr. Simon Layer als zweiter Pfarrer neben Tobias Habicht in der evangelischen Kirchengemeinde von Oftersheim mit einem Gottesdienst eingesegnet. Im Gespräch mit dieser Zeitung blickt Layer auf sein bisheriges Engagement in der Kirchengemeinde zurück – ohne dabei zu vergessen, einen Blick in die Zukunft zu wagen.

Wie haben Sie sich seit Ihrer Einsegnung in Oftersheim eingelebt?

Dr. Simon Layer: Ziemlich gut, ehrlich gesagt. Es ging damals direkt los mit der anspruchsvollen Zeit vor und um Weihnachten herum und ab Januar war in Oftersheim dann eigentlich immer etwas los. Für uns als Familie war es eine Heimkehr, wenn auch in die Nachbargemeinde. Unsere Familien leben alle in Plankstadt und Umgebung, unsere Freundeskreise sind hier fest verwurzelt und wir konnten an viele Dinge anknüpfen, die wir früher schon gerne gemacht haben wie Spaziergänge im Schwetzinger Schlosspark oder Ausflüge in den Heidelberger Zoo. Das alles zusammen ist auch für unseren Sohn ein echter Genuss. Für mich als Bücherwurm ist die Nähe zur Uni-Bibliothek und zur theologischen Fakultät der Uni Heidelberg einfach Gold wert, um inhaltlich am Ball zu bleiben, aber auch, um alte Freunde wieder zu treffen, die dort arbeiten oder selbst hin und wieder dort in der Bibliothek sitzen. Mir selbst tut es besonders gut, nach wie vor meinem Sport nachgehen zu können. Ich habe als kleines Kind in Plankstadt mit Karate angefangen und kann jetzt wieder dort zum Training gehen, wenn die Zeit reicht, und in vertrauter Atmosphäre mein Hobby ausüben.

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Und in der Kirchengemeinde?

Dr. Layer: Seitens der Kirchengemeinde wurde ich ganz hervorragend und herzlich aufgenommen und man lässt mir viele Freiheiten, mich hier zu betätigen und auch kleinere Spaßprojekte zu gestalten. Vergangenes Jahr an Fasching habe ich beispielsweise mit dem jetzigen Bezirkskantor Paul Hafner einen Gottesdienst gefeiert, den wir komplett auf den Kopf gestellt, also mit dem Segen begonnen und mit der Begrüßung geendet haben. Und im Sommer sind wir dann einmal in vertauschte Rollen geschlüpft: Er predigte, ich machte Musik. Für all das und mehr bin ich besonders dem Kirchengemeinderat und seinen Mitgliedern sehr dankbar, weil sie offen, innovativ, humorvoll und sehr unterstützend mit uns Pfarrern zusammenarbeiten.

Eine Ihrer „Herzensangelegenheiten“ sind Projekte für Kinder und Jugendliche. Was haben Sie bisher an Ideen umsetzen können?

Dr. Layer: Das größte laufende Projekt ist tatsächlich eines, das es schon gab, bevor ich hier ankam: die Kinderbibeltage in Oftersheim. Wir haben allerdings das Konzept ein wenig überarbeitet und bieten derzeit viermal jährlich einen Freitagnachmittag an. Dann können die Kinder zweieinhalb Stunden lang gemeinsam in Gruppen oder im Plenum biblische Geschichten kennenlernen und darüber sprechen. Das geht spielerisch, mit kurzen Theatereinlagen, mit Liedern, Basteleien und so weiter. Für Kinder im Alter zwischen fünf und zehn Jahren ist das ein tolles Angebot. Das merken wir auch am Zuspruch: Es sind immer mindestens 25 Kinder da, teilweise waren es auch schon über 60. Da war richtig Leben in der Bude! Zum Glück bin ich da aber auch nur ein Zahnrad im Getriebe und wir haben ein richtig großes Team im Hintergrund: Zeitweise sind zwischen 15 und 20 ehrenamtliche Mitarbeiter da, von denen über die Hälfte noch keine 18 Jahre alt ist. Das sind fast alle ehemalige Konfis, die einfach mithelfen wollen, was mich ganz besonders freut. Und ohne die erfahrenen Teamerinnen aus Oftersheim, die das teilweise schon seit vielen Jahren machen, geht es natürlich auch nicht!

Dr. Simon Layer. © Ralf Lackner

Die ehemaligen Konfirmanden sind ohnehin sehr aktiv, oder?

Dr. Layer: Ja, das stimmt. Nach der Konfirmation im vergangenen Jahr hat sich eine kleine Gruppe von Jugendlichen gefunden, die in unregelmäßigen Abständen eigene kleine Veranstaltungen füreinander planen, bei denen ich nur dabei bin, wenn ich explizit gefragt oder gebraucht werde – oder manchmal auch als Sponsor, beispielsweise bei einem Ausflug auf die Kollerinsel. Aus diesen beiden Gruppen haben sich dann auch Jugendliche gefunden, die bei der 72-Stunden-Aktion mitgemacht haben, die wir gemeinsam mit dem Jugendzentrum (Juz) Oftersheim durchgeführt haben. Wir hatten uns damals für eine „Do it!“-Aktion entschieden und durften – vielen Dank an den Kirchengemeinderat für die Unterstützung – ein Graffiti ans Gemeindehaus sprühen. Da haben wir uns im April mit den Jugendlichen getroffen, gekocht, Konzepte entworfen und uns die Frage gestellt: Was muss ein Graffiti enthalten, das für Toleranz, Offenheit, Nächstenliebe und Erhalt der Schöpfung steht? Das Ergebnis kann man hoffentlich noch länger an der Wand zur Eichendorffstraße hin begutachten.

Sie haben ein neues Konfirmations-Modell mit Modulen eingeführt, die Jugendliche nach ihren Vorlieben aussuchen können. Wie kam dieses Angebot an?

Dr. Layer: Tobias Habicht und ich hatten uns während des Konfi-Jahres 2023 überlegt, was wir im Zuge der regionalen Vielfalt verändern könnten, um das Angebot von Kirche für Konfis zu vergrößern. Es war so: In jedem Ort wurde jeden Mittwoch für eine Gruppe von Jugendlichen Konfi angeboten. Auch bei uns. Uns ist aufgefallen, dass wir damit manche nicht erreichen, die just zu dieser Zeit ein anderes Hobby haben oder von ihrer Schule doch nicht frei bekommen. Und während der inhaltlichen Arbeit mit den Konfis ist uns gedämmert, was wir eigentlich schon lange wussten: Es finden ja gar nicht alle Jugendlichen alle Themen des Glaubens so richtig interessant. Von den katholischen Kollegen inspiriert, haben wir uns ein Konzept für ein modulares System überlegt, das wir ausgearbeitet und durchprobiert haben. Kurz: Es gibt Pflichtmodule, die großen Themen, an denen man nicht vorbeikommt. Wer konfirmiert wird, sollte mal etwas von Taufe und Abendmahl, Jesus Christus oder dem Glaubensbekenntnis gehört haben. Aber es gibt auch eine Fülle an Themen, die nicht zwangsläufig im Zentrum liegen wie Kirchenmusik oder Freundschaft.

Wie finden solche Themen dann als Modul Einzug in den Unterricht?

Dr. Layer: Die werden in einzelnen Wahlmodulen angeboten, von denen die Konfis eine vorgegebene Anzahl belegen müssen. So können die Jugendlichen sich selbst überlegen, welche Themen und welche Termine am besten zu ihnen und ihren Interessen passen. Das Konzept ist dadurch besonders flexibel und auch für sehr große Gruppen geeignet, weil sich die Teilnehmer gut auf die Themen verteilen. Das Echo der Konfis und ihrer Familien, das wir gehört haben, war ausnehmend positiv. Ein Nebeneffekt ist natürlich, dass die Jugendlichen mit sehr viel mehr Eigenverantwortung bedacht sind, als wenn es fixe Termine an jedem Mittwoch gibt. Natürlich sind uns trotzdem Versäumnisse aufgefallen und die eine oder andere Stolperfalle konnten wir nicht umgehen und haben sie gut mitgenommen. Zum Beispiel hatten wir manche Termine schlicht nicht auf dem Schirm, die plötzlich noch on top kamen. Oder mussten uns dann fragen: Wie gehen wir mit Modulen um, die nur von zwei Konfis gewählt wurden? Letzten Ende ging aber alles sehr gut aus.

Das hört sich nach dem Anfang eines Entwicklungsprozesses an. Wie sollte Konfirmationsunterricht in Zukunft Ihrer Meinung nach gestaltet werden?

Dr. Layer: Ich persönlich glaube, wir müssen das Angebot insgesamt breiter aufstellen. Das heißt nicht, auf alles zu verzichten, was bisher gut und richtig lief, sondern noch alternative Angebote zu finden, die für Jugendliche attraktiv sein könnten und ihnen den Zugang zu Kirche erleichtern. Zum Glück bin ich mit dieser Überzeugung nicht allein. In unserer regionalen Dienstgruppe haben wir uns die Frage, wie das umgesetzt werden könnte, im vergangenen Jahr gemeinsam gestellt und über den vergangen Winter und das Frühjahr eine Konzeption erarbeitet, die Konfi-Zeit ab diesem September probeweise gemeinsam durchzuführen. Fünf der sechs Gemeinden sind auch direkt mit eingestiegen, hoffentlich sind wir im nächsten Jahr dann zu sechst unterwegs.

Was ist konkret geplant?

Dr. Layer: Wir veranstalten das in vier oder fünf verschiedenen Modellen. Es gibt das klassische Mittwochsangebot mit wenigen Samstagen, das Christiane Banse aus Plankstadt verantwortet; aus Schwetzingen kommen mit Steffen Groß und Dr. Franziska Beetschen die „SoulSavers“, ein künstlerisch-musikalisches Angebot, an dem man entweder in einem Mittwochs- oder einem reinen Samstagskurs teilnehmen kann; Tobias Habicht bietet einen Ferienkurs an und mit mir kann man sich wieder im Modulmodell auf den Weg machen. Das Spannende für uns: Jedes dieser Modelle hat seinen ganz eigenen Schwerpunkt, jedes läuft auch hinsichtlich der Inhalte und der Erarbeitung autark, am Ende haben aber alles Konfis das Wichtigste miterlebt und können konfirmiert werden. Für uns und die Gemeinden war dabei besonders wichtig: Solange es noch überall Gebäude gibt, gehen auch alle Konfis mit ihren Modellen mal in jedem Ort vorbei, damit jeder einmal zum Konfi-Unterricht fahren muss. So haben wir ein breites Angebot erstellt, das hoffentlich allen Jugendlichen Spaß macht und ihnen eine gute Orientierung auf ihrem eigenen Lebens- und Glaubensweg bietet.

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Diese regionale Zusammenarbeit . . . Was beinhaltet sie noch oder was soll sie noch in den nächsten Jahren umfassen?

Dr. Layer: Seit dem 1. Januar gelten alle kirchlich angestellten Personen, das heißt die Geistlichen sowie der Bezirkskantor unseres Kooperationsraums mit Brühl, Eppelheim, Ketsch, Oftersheim, Plankstadt und Schwetzingen, als eine Dienstgruppe. Dazu gehört, dass wir unsere Aufgaben nicht mehr nur in dem Ort wahrnehmen sollen, wo wir leben und Dienst tun, sondern regionale Arbeitsfelder miteinander besprechen und dann gegenseitig unterstützend bearbeiten sollen. Das gibt uns die Möglichkeit, ganz besonders mit unseren Begabungen zu arbeiten. Das scheint mir für unsere Region auch gut zu funktionieren, heißt aber auch, wir müssen uns alle ein wenig von lieb gewonnen Berufsbildern verabschieden. Für die Gemeinden ist es, denke ich, hauptsächlich eine Verschiebung von Zuständigkeiten, die sich bei der Konfirmation am besten zeigen lässt: Letztlich sind in Schwetzingen, Brühl, Ketsch, Oftersheim und Plankstadt nur noch fünf Menschen für die inhaltliche Konfi-Arbeit zuständig und momentan kommen sie alle aus Schwetzingen, Oftersheim und Plankstadt. Das heißt aber nicht, dass in Brühl und Ketsch keine Konfi-Arbeit mehr stattfindet, sondern nur, dass jemand anderes dafür da ist. Dafür wird man die Kollegen aus Ketsch und Brühl an Stellen antreffen, wo man einen von uns anderen erwarten würde.

Kann ein solches Projekt personell überhaupt gestemmt werden?

Dr. Layer: Da treiben wir hier in der Region auf der Insel der Glückseligkeit: Ja! Bei uns klappt das. Wir sind eine sehr junge Region, wenn man auf die Hauptamtlichen schaut, jede Gemeinde ist im Grunde voll besetzt und wir arbeiten gut miteinander. Trotzdem kann es zwischendrin ziemlich wacklig werden. Wenn eine oder mehrere Personen, die für einen Arbeitsbereich zuständig sind, erkranken oder es Stellenwechsel gibt, ist die ganze Gruppe gezwungen mitzuhelfen, damit nicht Teile der Arbeit vollkommen brachliegen. Dann kommt es aber trotzdem zu Einschränkungen und Beeinträchtigungen im Arbeitsablauf. Ohne Krankheiten und andere Themen merken wir das jedes Jahr in den Sommerferien. Wenn viele gleichzeitig weg sind, ist die Personaldecke plötzlich ganz schön dünn. Aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau, wenn man in die Landeskirche oder die EKD insgesamt blickt. Dort sieht es an vielen Orten düster aus, es gibt jede Menge vakante Pfarr- und Diakonstellen und deutlich zu wenig Nachwuchs für die große Zahl an Babyboomern, die sich in die wohlverdiente Pension verabschieden.

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Was wäre die Lösung für dieses Problem?

Dr. Layer: Da müssen wir uns als Kirche etwas überlegen – sowohl hinsichtlich der Nachwuchsgewinnung als auch hinsichtlich unserer eigenen Aufgaben und Berufsbilder: Was können Pfarrer und Diakone heutzutage eigentlich noch leisten? Was kann ich von „meinem“ Pfarrer, „meiner“ Diakonin erwarten? Welche Angebote können andere auffangen? Es darf zumindest nicht passieren, plötzlich alles auf Menschen im Ehrenamt abwälzen zu wollen. Deshalb bin ich froh, hier zu sein, auf der Insel der Glückseligen.

Ein weiteres „Ihrer“ Angebote ist „Kirche 20/20“. Wie lief es an?

Dr. Layer: „Kirche 20/20 – Auf ein Bier“ ist jetzt im zweiten Jahr und etabliert sich immer weiter. Anfangs hatten wir Startschwierigkeiten, suchen immer noch nach passenden Werbestrategien, aber wir haben mittlerweile einen treuen Stamm an Menschen, die gerne kommen, um sich mit uns zu unterhalten. Dabei haben sich schon „Klassiker“ entwickelt, wie im August im Weldegarten in Plankstadt zu sein oder im Dezember statt Bier lieber Glühwein zu trinken – in diesem Jahr auf dem Weihnachtsmarkt in Schwetzingen. Und natürlich darf man sich auch einfach ein Wasser oder einen Kinderpunsch bestellen. Es ist auch immer wieder spannend, wen man trifft, welche Themen plötzlich auf den Tisch kommen und zu sehen: Man muss gar kein Kirchenmitglied sein, um Kirche eng verbunden zu sein, wie einer unserer regelmäßigen Teilnehmer gerne erklärt. Franziska Beetschen und ich freuen uns über jedes neue Gesicht, das wir kennenlernen. Jetzt im September wird es das erste Mal seit April 2023 sein, dass „Kirche 20/20“ nicht stattfindet, weil an diesem Abend der Segnungsgottesdienst für die neue Dekanin Katharina Treptow-Garben und Bezirkskantor Paul Hafner stattfindet. Dafür freuen wir uns umso mehr auf den Oktober-Abend im Brauhaus in Schwetzingen

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