Oftersheim. Ein Stück USA in Oftersheim? Sicherlich erinnern sich noch einige an die Zeiten, in denen der Rod & Gun Club als Schießanlage diente, aber das ist mittlerweile zehn Jahre her und hatte mit dem, was nun der Sängerbund Liederkranz ins Leben gerufen hat, nicht einmal marginal zu tun. Denn in den Reihen jenes Gesangsvereins gibt es nun einen Barbershop-Chor und dabei handelt es sich ursprünglich durchaus um eine originär US-amerikanische Idee, die zumindest mancher Forschung nach – und daher der Name – quasi im Friseursalon entstanden sein soll.
Dirigent Thomas Kästner gibt das im Gespräch mit dieser Zeitung zwar unumwunden zu, fügt aber sogleich an: „Das wird auch in Europa praktiziert und 2012 gab es in Dortmund sogar die erste Weltmeisterschaft für gemischte Barbershop-Quartette.“ Kästner ist seit 39 Jahren ein, wie er selbst sagt, „typischer Männerchor-Dirigent“, der Grundstein für sein Interesse am Konzept Barbershop legte der Kontakt mit einem Chor in Köln.
Was für ihn den Reiz der Gesangsform ausmacht ist die Prominenz der Stimmen, denn eine Begleitung gibt es beim Barbershop nicht. „Technisch ist das allerdings nicht anspruchsvoller“, versichert er.
Barbershop-Chor: Anders statt schwieriger
Stattdessen gebe es stärkere Leadgesänge, also Führungsstimmen, die die anderen Chormitglieder dann ergänzen. „Es ist nicht schwieriger, aber es ist anders.“ Was den Barbershop-Stil außerdem vom traditionellen Männerchorgesang abhebt, ist ein Element der Choreographie. Kästner berichtet von seinem Bezug dazu: „Durch eine Bekanntschaft konnte ich die Erfahrung machen, für eine Weile in Hamburg als Statist im Musical ,Cats’ einzuspringen. Da habe ich natürlich vollumfänglich mitbekommen, wie man Choreographie und Gesang miteinander verbinden kann.“ Klar: Ganz so umfassend wie in einer Musicaldarbietung ist die aufeinander abgestimmte Bewegung der Sänger im Barbershop-Chor auch wieder nicht. „Es artet nicht aus, aber wir haben in den zwei bisherigen Proben direkt begonnen, ein paar einfache, zum Lied passende Bewegungen einzustudieren. Und das ist schon ein Hingucker, finde ich“, erläutert Thomas Kästner. Es stehe letztlich immer noch das Chorische im Vordergrund der Darbietung.
Dass ein Barbershop-Chor in Oftersheim eigentlich eine eher ungewöhnliche Idee ist, sieht der Dirigent gerade als Vorteil. „So etwas gibt es in der Region noch nicht. Als Männergesangsverein müssen wir schauen, wie wir attraktiv bleiben. Zwar sind unsere Mitgliederzahlen gut, aber das liegt gerade daran, dass umliegende Männerchöre sich nicht halten können und die verbliebenen Sänger sich umschauen und bei uns landen.“ Das Konzept scheint bisher aufzugehen: Schon in der ersten Probe des neuen Barbershop-Chores erschienen zwei neue Gesichter. „Und beide wollen dabeibleiben“, berichtet Käster freudig.
Dem Namen und der Tradition ihres Konzepts wollen die Sänger dann schon bald alle Ehre machen: „Im Dezember möchten wir bei Friseursalons in Oftersheim und Plankstadt anfragen, ob wir dort auftreten dürfen“, blickt der Dirigent voraus. „Dort würden wir dann die zwei bis drei Lieder zum Besten geben, die wir bis dahin einstudiert haben. Wir wollen quasi zurück zum Ursprung.“ Und das hat ja auch was für sich: Im nun ausgewählten Metier bleibt der Sängerbund Liederkranz traditionell, in der Region schafft er aber zeitgleich etwas Neues.
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