Oftersheim. Knapp 100 Flüchtlinge hat Oftersheim im vergangenen Jahr aufgenommen. Wie viele 2024 noch hinzukommen, steht nicht fest – internationale Krisen und ihre Auswirkungen sind nie völlig kalkulierbar und auch für die diesjährigen Zuweisungen vonseiten des Rhein-Neckar-Kreises gibt es aktuell nur eine Prognose. Diese kennt Britta Josupeit (kleines Bild), kommunale Integrationsbeauftragte von Oftersheim, allerdings bereits: „Voraussichtlich 70 Menschen werden wir unterbringen müssen“, berichtet sie im Gespräch mit dieser Zeitung. Die offiziellen Zahlen kommen vermutlich Ende des Monats oder Anfang Februar.
Doch mit der Unterbringung, für die das Ordnungsamt verantwortlich zeichnet, ist es nicht getan. Denn dann geht es an die Integration, ein Prozess voller kleiner Faktoren und Details, zu dem neben dem Team im Rathaus viele Ehrenamtliche und auf gewisse Weise auch die restlichen Oftersheimer Bürger viel beitragen – neben den Betroffenen selbst, versteht sich.
„Die enge, unkomplizierte Zusammenarbeit mit dem Ordnungsamt und den Ehrenamtlichen – vor allem beim Asylkreis – hat ermöglicht, wie viel wir geleistet haben“, stellt Josupeit klar. Diese Kooperation geschehe stets auf Zuruf und auf Augenhöhe.
Oftersheimer Bürgermeister: Integration gelingt geräuschlos
Was außerdem im vergangenen Jahr zu dem beigetragen habe, was Bürgermeister Pascal Seidel „geräuschloses Gelingen“ der Integration nannte, sei die große Spendenbereitschaft der Oftersheimer gewesen, wie die Verwaltungsmitarbeiterin merklich dankbar erwähnt. „Die Bürger haben uns regelmäßig zum Beispiel mit Fahrrädern oder kleinen Möbelstücken ausgeholfen. Und das waren gut erhaltene Sachen, da wollte nicht einfach nur jemand zu Hause Platz schaffen“, bekräftigt sie. Gleichermaßen zeigt Josupeit sich immer noch begeistert von der Bereitschaft vieler Oftersheimer, privaten Wohnraum – vor allem für Flüchtlinge aus der Ukraine – zur Verfügung zu stellen.
Doch Unterbringung und Integration sind kein Prozess, der am Jahreswechsel endet und von vorne beginnt. „Wir wollen jetzt dafür sorgen, dass wir bisherige Angebote für Geflüchtete weiterhin aufrechterhalten können und auch vermehrt darauf achten, Menschen aus Pakistan oder Afghanistan die gleichen Möglichkeiten zu bieten, die für diejenigen aus der Ukraine bereits bestehen“, erläutert Josupeit. Damit meint sie beispielsweise Sprachkurse im Ort, die derzeit Ehrenamtliche des Asylkreises „mit Herzblut anbieten“. Nun wolle das Integrationsteam im Rathaus gemeinsam mit den Helfern Möglichkeiten finden, auf dieses Engagement – und auch das Interesse der Flüchtlinge – weiter aufzubauen.
Oftersheimer Integrationsbeauftragte: Sprachkurse von Politik zu wenig forciert
Gerade Sprachkurse sind aber ein Thema, von dem sich Britta Josupeit wünscht, dass die Politik es mehr forcieren würde. „Das Erlernen der Sprache ist für mich der Schlüssel zur Integration. Und nicht nur sind die Plätze in den Deutschkursen rar, sondern für viele sind die Distanzen ein Problem“, gibt die Verwaltungsmitarbeiterin zu bedenken. „Wenn eine Frau, die Kinder hat, für den Kurs nach Heidelberg oder Walldorf muss, ist das kompliziert. Zumal sie ja auch rechtzeitig wieder in Oftersheim sein müsste, um ihre Kinder von der Schule oder Kita abzuholen.“ Deswegen ist Josupeit besonders dankbar dafür, dass Ehrenamtliche diese „Lücken stopfen“ können, wie sie es nennt.
Dass es nicht in jeder Kommune Kurse von hauptamtlichen Deutschlehrern geben kann, sei klar. „Aber ich finde es gut, dass unsere Angebote hier über das Landessozialministerium und das Landratsamt gefördert und somit ermöglicht werden.“ Das wünsche sie sich auch zukünftig. „Generell fände ich aber mehr Praxisnähe bei denjenigen wichtig, die die Entscheidungen treffen. Das System sieht das leider nicht vor. Und so werden unsere Leistungen gerne für selbstverständlich gehalten und es wird vergessen, dass wir mit traumatisierten Menschen arbeiten – was man oft auch mal mit sich nach Hause nimmt.“
Und dennoch: Betrachtet Josupeit die Situation in Oftersheim, ist sie laut eigener Aussage gelassener als noch ein Jahr zuvor. „Ich würde nicht sagen optimistisch“, gibt sie zu. „Es wird weiterhin eine große Herausforderung bleiben. Wir wissen nicht, welche Menschen herkommen und welche Geschichten sie mitbringen. Dennoch fühle ich mich mittlerweile eher hoffnungsfroh als in der ersten Zeit meiner Tätigkeit.“
Angetreten hat sie die Stelle in Oftersheim 2021. Dabei hat sie im Hinblick auf die zahlreichen Krisen in der Welt, die letztlich dafür sorgen, dass immer mehr Menschen die Flucht nach Deutschland antreten, auch etwas überrascht. „Wann immer es eine neue Katastrophe gibt, ist gefühlt zunächst einmal Interesse da, zu helfen. Das lässt nach, je länger etwas dauert, weil man sich leider daran gewöhnt. Wenn man sich aber den Krieg in der Ukraine anschaut, hat die Hilfsbereitschaft in Oftersheim nie nachgelassen, sondern war gleichbleibend da“, berichtet Josupeit beeindruckt.
Besonders gefreut habe sie zudem, „dass einige Geflüchtete – manche, die schon länger in der Gemeinde sind, andere, die erst frisch angekommen sind – zum Neujahrsempfang gekommen waren. Die Einladung des Bürgermeisters gilt für alle. Und Geflüchtete gehören dazu“, stellt sie klar.
Wunsch nach weiteren Angeboten für Jugendliche in Oftersheim
In Zukunft möchte Josupeit vor allem zwei Dinge: mehr Angebote für Kinder und Jugendliche sowie größere Gleichbehandlung verschiedener Nationalitäten. Bei Ersterem arbeitet sie eng mit Jugendreferent Sebastian Längerer zusammen, dessen neue Aktionen sie auch in ihrem Verteiler publiziert. Des Weiteren hofft sie auch auf Ideen aus der Bevölkerung.
Was den zweiten Themenkomplex angeht, sagt Josupeit: „Ich finde es schwierig, wie viel Ukrainern – zum Glück – ermöglicht wurde, was anderen Geflüchteten verwehrt bleibt, aber auch für sie hilfreich wäre.“ Als Beispiel nennt sie kostenlose Mobilität. Das ist ein Problem, das sich in der Basisarbeit, wie die Integrationsbeauftragte sie nennt, kaum lösen lasse. Aufhören, es zu versuchen, werden diejenigen, die in Oftersheim für Integration kämpfen, aber sicher nicht.
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