Reilingen. Die Anfragen der Sitzungsbesucher in der jüngsten Gemeinderatssitzung nutzte Jürgen Schell um im Namen der Landwirte und Anwohner des Herrenbuckels eine Unterschriftenliste an Bürgermeister Stefan Weisbrod und damit die Gemeinde zu überreichen, in der sich rund 600 Menschen mit ihrer Signatur gegen die Ansiedlung eines weiteren Landwirts am Herrenbuckel wenden.
Wie Schell ausführte, werde der Herrenbuckel von Familienbetrieben bewirtschaftet, die durch die geplante Neuansiedlung einen Kampf um die landwirtschaftlichen Flächen und damit eine Intensivierung der Landwirtschaft mit all ihren negativen Folgen befürchten.
Hofläden der landwirtschaftlichen Betriebe in Reilingen hoch geschätzt
Diese Befürchtungen hätten sie in zahlreichen Gesprächen mit Bürgern geäußert, auf die zu erwartende Beeinträchtigung ihres Wohnumfelds verwiesen. Ein Standpunkt, den die Bürger nachvollziehen könnten, die unter anderem die Hofläden der landwirtschaftlichen Betriebe schätzen würden. Der Naturraum Herrenbuckel werde von den Leuten wahrgenommen und wertgeschätzt, stellte Schell fest und verwies auf die gesammelten Unterschriften.
An den Rat gewandt fügte er noch einige Fragen hinzu. Beispielsweise die, woher die Äcker für den neuen landwirtschaftlichen Betrieb kommen sollen - überall in der Region herrsche Flächendruck. Obendrein sei das Gelände um den Herrenbuckel von hoher klimatischer Bedeutung. Letztlich empfahl Schell dem Rat, der aussiedlungswillige Landwirt solle sich einen auslaufenden Hof als Alternative suchen.
Nähere Diskussion im Technischen Ausschuss in Reilingen
Bürgermeister Weisbrod dankte für die Unterschriften, sie zu sammeln sei auch ein Akt des bürgerschaftlichen Engagements. An die Adresse von Schell und seinen Mitstreitern gewandt, stellte er fest, dass die Gemeinde nur Planungsträger sei, zuständig für eine Antwort sei das Landwirtschaftsamt als Fachbehörde. Und diese habe bereits grünes Licht für die Ansiedlung gegeben.
Eine nähere Diskussion kann sich Weisbrod in der kommenden Sitzung des Technischen Ausschusses vorstellen, bei der sowohl die Anwohner des Herrenbuckels als auch der Antragsteller gehört werden können und sollen. Und dann dürfen sich auch die Mitglieder des Gemeinderates äußern, denen beim Beitrag von Schell unter dem Punkt Anfragen der Bürger kein Rederecht zustand.
Flächen in Reilingen sind Mangelware
Und sie dürften Fragen haben. Beispielsweise die, nach dem Flächenverbrauch. Ein Blick in die Nachbargemeinde Neulußheim zeigt die Problematik: Dort gibt es Überlegungen für die Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage, die einen Biobauern ein Fünftel seiner Anbaufläche kosten und damit seine Existenz infrage stellen würde. Ausweichen kann er nicht, denn, so seine Feststellung, Ackerflächen sind in der Region nicht vorhanden.
Woher sollen dann die Flächen kommen, auf denen ein Kartoffelbauer in Reilingen expandieren will, folgt man den Aussagen der Landwirte vom Herrenbuckel, die dem Ansiedlungswilligen Flächenhunger unterstellen. Wobei schon die von Schell und Co. benutzte Formulierung der „Ansiedlung eines neuen landwirtschaftlichen Betriebs“ zu hinterfragen ist. Immerhin hat der Betrieb seinen Sitz am Kleinen Hertenweg und will diesen in Richtung Herrenbuckel verlagern. Den Sitz, nicht die von ihm bestellen Felder.
Weshalb auch das Szenario des Konkurrenzdrucks, des intensiven Kartoffelanbaus und der negativen Folgen durch die notwendige Bewässerung durchaus diskutabel ist, nicht jedoch im Zusammenhang mit der Umsiedlung. Denn wenn es diese Probleme gibt, dann gibt es sie schon jetzt. Und dass das Thema Bewässerung bei sinkendem Grundwasserspiegel zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, liegt auf der Hand. Doch es betrifft nicht einen Landwirt allein, sondern muss in der Region ganzheitlich betrachtet werden.
Was auch die von den Herrenbuckel-Anwohnern heraufbeschworenen Gefahren durch den wohl zunehmenden Verkehr von Lkw und Agrarfahrzeugen betrifft. Dieser ist jetzt schon beachtlich, spielt sich jedoch auf landwirtschaftlichen Wegen ab, die dafür gedacht sind, und geht überwiegend nicht auf Kosten des Kartoffelbauers. Und wie der Blick auf den Sandweg zeigt, auf dem der Verkehr auch rollt, wenn der Reiterverein zu Turnieren einlädt, haben sich Fußgänger, Pferde und Radfahrer mit diesem arrangiert.
Alles Fragen, auf die es in der Sitzung des Technischen Ausschusses hoffentlich Antworten gibt.
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