Archäologie

Burg Wersau in Reilingen: Es wartet Faszinierendes unter der Grasnarbe

Andrea Lindlohr, Staatssekretärin im Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen, informiert sich im Verlauf einer viertägigen Denkmalreise über ausgewählte Kulturdenkmale und den Denkmalschutz im Land - auch in Reilingen.

Von 
Volker Widdrat
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Staatssekretärin Andrea Lindlohr trägt sich in das Goldene Buch der Gemeinde Reilingen ein – mit dabei sind Bürgermeister Stefan Weisbrod (v. l.), Peter Kneis, Dieter Rösch, Simon Schell, Andreas Sturm, Norbert Knopf und Sabine Petzold. © Dorothea Lenhardt

Reilingen. Der Herold der Burg Wersau in Person von Posaunist Willi Krüger begrüßte den Ehrengast aus Stuttgart mit einer schmetternden Fanfare. Staatssekretärin Andrea Lindlohr vom Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen machte am Mittwoch während ihrer Denkmalreise durch Baden-Württemberg Station in Reilingen. Mit der viertägigen Tour unter dem Motto „Denkmal? Ehrensache! - Ehrenamt und Engagement in der Denkmalpflege“ richtet die Grünen-Politikerin aus Esslingen am Neckar den Fokus auf „die Talente, die durch ehren- oder hauptamtliches sowie bürgerschaftliches Engagement für den Erhalt und die Vermittlung der Denkmale sorgen“.

„Eine Burg unter der Grasnarbe - ein besonderes Kulturerbe, das Sie in Ihrer schönen Gemeinde bergen und sichtbar machen. Das sehr große und profunde ehrenamtliche Engagement hierzu schätzen wir wert und stehen Ihnen allen als Partner zur Seite“, schrieb sie ins Goldene Buch der Spargelgemeinde. Dafür gab es den obligatorischen Reilinger Käsekuchen als süßes Geschenk. Die Delegation und der Journalistentross waren vom Essen im erstmals 1435 urkundlich erwähnten Gasthaus „Zum Löwen“ auf das Areal des Bodendenkmals gekommen.

Tina Schöbel und Dr. Folke Damminger geben einen Einblick in die Arbeiten auf dem Areal. © Dorothea Lenhardt

Die Landtagsabgeordneten Andreas Sturm (CDU) und Norbert Knopf (Grüne) sowie die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats, Sabine Petzold (FW), Peter Kneis (CDU), Dieter Rösch (SPD) und Simon Schell (Grüne), begleiteten die Gruppe. Bürgermeister Stefan Weisbrod freute sich über den Besuch von Staatssekretärin Andrea Lindlohr, die „einen umfänglichen Sachverstand“ mitgebracht habe. Die Abgeordneten kämen „zur richtigen Zeit nach Reilingen, weil enorme Investitionen in den Denkmalschutz und in unsere Kulturdenkmale anstehen“. Allein in das historische Dorfgemeinschaftshaus mit Heimatmuseum, das Gasthaus „Zum Löwen“, müssten in den nächsten Jahren über drei Millionen Euro für die notwendige Fachwerks- und Dachsanierung aufgebracht werden. „Das Kulturhistorische ist uns lieb und teuer, allerdings können wir diese gewaltigen Investitionen, auch in ein notwendiges Funktionsgebäude auf dem Schlossmühlenareal zur Inwertsetzung der historischen Burg Wersau, nicht ohne Landeszuschüsse stemmen“, sagte der Rathauschef und überreichte ein Kuvert mit den Anliegen an die Staatssekretärin. Deshalb seien die archäologische Denkmalpflege des Landes und die Behörden des Denkmalschutzes gleichsam mit gefordert, hoffte Weisbrod: „Vielleicht gelingt es heute, im Verlauf der Denkmalreise der Landesregierung, den Gordischen Knoten zu durchschlagen.“

Staatssekretärin Lindlohr lobt die Vielfalt des Ehrenamts

Lindlohr lobte die Vielfalt des Ehrenamts in der Denkmalpflege. Sie freue sich, in dieser Woche mit vielen Ehrenamtlichen ins Gespräch zu kommen: „Viele Dinge blieben verschollen, wenn Sie sich nicht ehrenamtlich engagieren würden.“ Aus dem Ehrenamt könne so zur wissenschaftlichen Erkundung beigetragen werden, dankte sie dem Arbeitskreis Burg Wersau der Freunde Reilinger Geschichte und den Archäologen der Universität Heidelberg für die gelungene Kooperation.

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Seit einiger Zeit liegt ein Konzept für einen Archäologiepark Burg Wersau vor, das die Universität Heidelberg für die Gemeinde Reilingen erarbeitet hat. Lindlohr würdigte das „außerordentliche ehrenamtliche und netzwerkende Engagement“ aller Beteiligten. Die Wünsche der Gemeinde kämen nun „in einen Arbeitsprozess“, ob der Antrag auf Förderung von Erfolg gekrönt sein wird, könne sie aber noch nicht sagen. Es sind eben zahlreiche Projekte, die im Land auf finanzielle Unterstützung hoffen. Am Vormittag war die Staatssekretärin beim Verein „Fördergemeinschaft Ehemalige Synagoge Neidenstein“ zu Gast gewesen. Nachmittags stand noch die wiederentdeckte Goll-Orgel von 1860 aus einer alten Pfarrscheune in Langenalb auf dem Programm.

Erste schriftliche Erwähnung der Burg Wersau in Reilingen im Jahr 1286

Weisbrod überreichte ein flüssiges Präsent an das Ehepaar Helga und Günter Petermann für das unermüdliche Kümmern um die Wersau-Anlage. Die fleißigen Helfer seien bei den Vorbereitungen ordentlich ins Schwitzen gekommen, dankte Weisbrod im Namen des Gemeinderats. Lindlohr hörte viel Wissenswertes über die Burg Wersau und deren erstmalige schriftliche Erwähnung im Jahr 1286, als Pfalzgraf Ludwig II. die Niederungsburg vom Speyerer Bischof erwarb. 1386 empfing der Kurfürst hier die päpstliche Bulle mit der Genehmigung zur Einrichtung der Universität Heidelberg.

Die Staatssekretärin im Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen informiert sich im Verlauf einer viertägigen Denkmalreise über ausgewählte Kulturdenkmale und den Denkmalschutz im Land. © Dorothea Lenhardt

Engagierte Bürger setzen sich gemeinsam mit der Denkmalpflege für den Erhalt ihres kulturellen Erbes ein und sind an der wissenschaftlichen Untersuchung dieses Erbes aktiv beteiligt. Mit der fachlichen Betreuung durch die Universität Heidelberg, der Begleitung durch die Denkmalpflege und der Mitarbeit der Ehrenamtlichen soll die ehemalige Burg weiter archäologisch erforscht werden. Ziel des Projektes ist es, dieses verschwundene Denkmal wieder erlebbar zu machen.

Professor Dr. Claus Wolf vom Landesamt für Denkmalpflege sprach von der „Aufgabe, das archäologische Wissen zu mehren“. Das Kooperationsprojekt mit der Universität Heidelberg sei komplexer als bei anderen Kulturdenkmalen. Die Arbeiten an der „Burg unter der Grasnarbe“ seien „ein spannendes Beispiel, wie man mit archäologischen Grabungen umgeht“.

Areal der Burg Wersau in Reilingen wurde digitalisiert

Dr. Folke Damminger berichtete, wie die Grabungen durch Archäologen des Regierungspräsidiums Karlsruhe und der Universität Heidelberg sowie den Freiwilligen des Arbeitskreises Wersau vor Jahren begonnen hatten. Auch in der Kommunalpolitik hätten damals „noch ein paar Bretter gebohrt werden müssen“. Dr. Roland Prien beschrieb den Gästen die Planungen für einen Archäologie-Park. Das Areal mit den Fundamenten sei digitalisiert worden und soll durch Navigieren und Zoomen auf dem Tablet in einer Wersau-App als 3D-Modell erlebbar gemacht werden. Andrea Lindlohr war begeistert von der frisch programmierten Visualisierung und der modernen Dokumentation.

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Es blieb noch kurz Zeit für einen informativen Rundgang, während dem die Gäste die Ausgrabungen der Vorburg in Augenschein nehmen konnten. Der stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, Robert Klapdohr, zeigte ihnen das Gelände, auf dem regelmäßig samstags bis einschließlich 30. September Führungen und ein Grabungstreff des Arbeitskreises stattfinden.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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