Donauradweg

Abenteuer in Schwetzingen: Rentner Claus Polzer meistert 1.458 km auf Dreirad

Der 88-jährige Claus Polzer hat eine abenteuerliche Reise mit seinem elektrischen Dreirad von Budapest zurück in die Kurpfalz unternommen, bei der er mit Herausforderungen konfrontiert war.

Von 
Noah Eschwey
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Claus Polzer auf dem elektrischen Dreirad am Ufer der Donau. Insgesamt 1 458 Kilometer in 22 Tagen legte der Rentner mit dem akkubetriebenen Dreirad zurück, © polzer

Schwetzingen. „Ach herrje, das war so eine Sache“, mit einem gequälten Lachen beginnt Claus Polzer aus Schwetzingen zu erzählen, wie das elektrische Dreirad aus dem ungarischen Budapest zurück in die Kurpfalz kam. „Ich dachte, wenn ich den Donauradweg geschafft habe, dann gibt es vier Möglichkeiten, das Dreirad heimzubekommen. Geklappt hat keine davon. Da war ich wohl etwas blauäugig“, gibt der 88-Jährige zu.

Das Wichtigste zuerst: Claus Polzer hat es geschafft. Insgesamt 1 458 Kilometer in 22 Tagen legte der Rentner mit dem akkubetriebenen Dreirad zurück, dabei passierte er drei Hauptstädte und war in vier verschiedenen Ländern unterwegs. Er sei froh und dankbar, die Reise trotz seines Oberschenkelbruchs und der vorangegangenen Krebserkrankung angetreten zu sein, wenn auch mit dem Dreirad statt dem E-Bike – beim nächsten Mal, das zweifellos folgen wird, möchte er aber einiges anders machen.

Eine der Engstellen, durch die Claus Polzer mit dem Dreirad musste. © Eschwey

„Bei unserem letzten Telefonat war ich ja gerade kurz hinter Bratis-lava in der Slowakei“, erinnert sich der Abenteurer. Besonders die Infrastruktur in dem osteuropäischen Land habe es ihm angetan: „Dort zu fahren, war ein Traum. Die Radwege waren super ausgebaut. Das einzige, was meine Laune schmälerte, war, dass ich kein Frühstück im Hotel bekam. Deswegen war das dann das Erste, was ich in Ungarn nachholte: frühstücken.“

Herausforderungen auf dem Donauradweg: Infrastruktur und Beschilderung in Ungarn

Die Erfahrungen, die Claus Polzer in der Slowakei machte, waren konträr zu den Erlebnissen in Ungarn. Während er in der Slowakei kein Frühstück, dafür ausgebaute Radwege vorfand, sah sich der Rentner in Ungarn zwar mit gutem Frühstück, aber auch mit mangelhafter Radweg-Infrastruktur konfrontiert. „Fast noch schlimmer als die Wege waren die Beschilderungen. Einmal folgte ich den Schildern zu einer Fähre, die seit drei Jahren außer Betrieb ist. Das ging mir auch mit Hotels so. In den Reiseführern und vor Ort werden da Übernachtungsmöglichkeiten angepriesen, die seit Jahren geschlossen sind.“

Es sei Absicht gewesen, vorher keine Übernachtungsmöglichkeiten zu reservieren: „So wollte ich mich besser nach der Akkuleistung des Dreirads richten. Durchschnittlich hat es 60 Kilometer geschafft. Das höchste der Gefühle waren 82 Kilometer an einem Tag.“ Doch gerade, wenn er eine Möglichkeit suchte, um Rast zu machen und die Akkus aufzuladen, saß er nicht selten in der Zwickmühle. „Dann hatte ich nur noch wenige Kilometer und traf auf ein Hotel, das zu war. Das war nicht einfach für mich. Auch, weil ich mich sehr oft verfahren habe, wegen der schlechten Beschilderung“, begründet der Großvater eines erwachsenen Enkels.

Unterstützung durch die Familie: Tochter hilft per App

Immer dann, wenn Claus Polzer vor der einschüchternden Erkenntnis stand, sich verfahren zu haben, klingelte sein Telefon: „Das war dann immer meine Tochter Susanne. Sie hatte nämlich meinen Standort und konnte den über eine App verfolgen. ‘Papa, wo fährst du denn schon wieder rum‘, hat sie mich dann gefragt, bevor sie mich zurückleitete“, schildert Polzer, der nun – mit etwas zeitlichem Abstand – über seine Such-misere lachen kann.

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Ebenfalls konträr nahm der Senior die jeweiligen Hauptstädte Bratislava (Slowakei) und Budapest (Ungarn) wahr: „In Bratislava war ich sehr beeindruckt. Die Architektur, die das Alte mit dem Neuen verbindet, war wunderschön. Und die Stadt ist hochmodern.“

Ungewöhnliche Übernachtungen und freundliche Begegnungen

Budapest hingegen sei ihm eher wegen der alten und verfallenen Gebäude im Gedächtnis geblieben: „Das waren wirklich Bruchbuden. Sogar in den Kellerräumen der ruinenartigen Häuser lebten Menschen.“ Doch nicht nur das, auch auf den Straßen sei einiges los gewesen: „Zu jeder Tages- und Nachtzeit war unheimlich viel Verkehr. Alle Busse fuhren kreuz und quer. Aber immerhin habe ich keinen einzigen Unfall gesehen.“

Ein Selfie mit dem Dreirad. © Polzer

„Einmal habe ich in einem Gartenhäuschen eines Campingplatzes übernachtet. Ein anderes Mal in einem ausrangiertem Zugwaggon. Mit etwas Anpassungsfähigkeit übersteht man das schon“, glaubt Polzer. Nur, dass er vom angesprochenen Campingplatz aus 28 Kilometer in die falsche Richtung fuhr, habe ihn dann schon etwas aus der Fassung gebracht: „Da bin musste ich dann durch Korridore, die so eng waren, dass ich meine Spiegel einklappte. Aber irgendwann habe ich es ja Gott sei Dank gemerkt.“ Die Menschen, die der 88-Jährige auf der Reise traf, habe er freundlich und hilfsbereit wahrgenommen: „Niemand hat sich darüber beschwert, dass ich mit meinem Gefährt die Radwege nutze. Alle Autos haben gewartet, bis ich über der Straße war. Das war echt schön.“

Ältere Menschen ansprechen und zu Bewegung motivieren

Im Kopf geblieben sind dem Rentner besonders zwei geschichtliche Aspekte, auf die er in der Reisezeit gestoßen ist: „Das war einmal bei Höchststädt, dank einer Gedenktafel habe ich herausgefunden, dass dort die Schlacht von Blindheim stattfand. Während des spanischen Eroberungskrieg, Anfang des 18. Jahrhunderts, haben sich da nämlich die Franzosen verschanzt. Insgesamt sind dort 25 000 Soldaten gestorben. Diese katastrophale Zahl ging mir lange nicht aus dem Kopf.“

Seine zweite, tiefgreifende Erfahrung sei die Besichtigung der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Mauthausen gewesen. „Diese Erfahrung war unwahrscheinlich beeindruckend und vor allem erschütternd“, findet der 88-Jährige.

Rücktransport des Dreirads: Schwierigkeiten und Lösungen

Und wie ist das Dreirad nun heimgekommen? „Die vier Möglichkeiten, an die ich dachte, waren erstens: ein Passagierschiff, zweitens: ein LKW, drittens: ein Frachtschiff oder viertens: die Bahn.“ Tatsächlich hätte ihn ein Frachtschiff mitgenommen, erzählt Polzer: „Das ist aber leider erst mal in die falsche Richtung gefahren. Wäre ich mit, hätte ich zwölf Tage länger gebraucht.“

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Die LKW-Fahrer, die Polzer ansprach, hätten immer sofort abgewunken. „Also habe ich es wieder mal bei der Bahn versucht. Beim Reisezentrum habe ich tatsächlich ein Ticket bekommen. Da ist mir ein riesen Stein vom Herzen gefallen.“ Das Problem: Als es an die eigentliche Fahrt ging, weigerten sich die Mitarbeiter, ihn und sein Dreirad mit der Hebebühne an Bord zu hieven. „Ich habe ewig diskutiert. Trotz Ticket für die erste Klasse und einem Behindertenausweis, nahmen die mich nicht mit.“ Genervt habe der Rentner sein Gefährt in einer Tiefgarage abgestellt und sei ohne das Dreirad zurück nach Donaueschingen gefahren. „Dort habe ich mir ein Hotel gebucht und da übernachtet. Am nächsten Tag bin ich mit dem Auto losgefahren, um mein Dreirad abzuholen.“ Auf dem Rückweg habe ihn dann der große Regen eingeholt.

Zukünftige Reisepläne: Jacobsweg und Mitstreiter gesucht

Das Fazit des Abenteurers fällt grundsätzlich positiv aus: „Ich würde es noch mal machen.“ Trotzdem wolle er für zukünftige Reisen seine Übernachtungen und Etappen im Vorhinein besser durchplanen. Und eine zukünftige Reise ist schon in greifbarer Nähe: „Ich bin mit 85 Jahren auf dem Jacobsweg unterwegs gewesen. Da könnte ich mir gut vorstellen, den in anderer Variante zu bezwingen.“ Für diese Reise möchte Polzer, der sich selbst als unruhigen Geist bezeichnet, Mitstreiter finden: „Ich war schon recht oft einsam. Sich am Abend oder in den Pausen auszutauschen und das Gesehene gemeinsam zu verarbeiten, fehlte mir.“

Er sei überzeugt davon, dass seine Reise keine besondere Leistung sei, sagt Polzer: „Es ist vielleicht etwas Besonderes, weil ich das mit meinem Dreirad gemacht habe und weil ich alt bin.“ Und genau das sei die Botschaft, die er den Lesern dieser Zeitung mitgeben möchte: „Mein Bestreben ist es, ältere Menschen anzusprechen und dazu zu motivieren, nicht im Fernsehsessel zu versauern. Mit nahezu jedem Schicksal kann man noch etwas aus seinem Leben machen.“

Volontariat Noah Eschwey ist Volontär in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung.

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