Schwetzingen / Wiesloch. Wenn ich auf die vergangenen Jahre als Dekanin schaue und auch auf meine gesamte berufliche Zeit seit 1992, dann schaue ich vor allem dankbar zurück“, sagt Dekanin Annemarie Steinebrunner, die am Sonntag in einem Gottesdienst feierlich in den Ruhestand verabschiedet wird. Sie erzählt auch von manchen schwierigen und anstrengenden Wegstrecken.
Strategieprozess und Teamwork im evangelischen Kirchenbezirk Südliche Kurpfalz
Insgesamt sei es jedoch eine gute Zeit gewesen, wegen der vielen Menschen, mit denen sie diese Arbeit tun konnte: „Ich habe viel konstruktives Miteinander erlebt in der gemeinsamen Aufgabe, die gute Botschaft Gottes vom Leben weiterzugeben und mich dafür einzusetzen, dass Leben im Miteinander und füreinander da sein gelingt. Es hat mir Freude gemacht, mit anderen gemeinsam unterwegs zu sein“, sagt die scheidende Dekanin.
Gemeinsam unterwegs – das war für die Geistliche nicht nur ein Slogan, sondern tiefe Überzeugung. Sie arbeitete im Team mit der Schuldekanin Christine Wolf und mit insgesamt drei Stellvertretern: Andreas Maier, Wibke Klomp und Katharina Treptow-Garben. Die Dekanin berichtet vom guten Teamwork auch in den Gremien. „Es gibt in der Südlichen Kurpfalz einen großen Schatz von aufgeschlossenen und kompetenten Menschen, die sich kirchlich engagieren. Viele tun das ehrenamtlich und das beeindruckt mich immer wieder, wie Menschen sich einbringen mit ihren Gaben und Kompetenzen. Die Arbeit im Bezirkskirchenrat war immer geprägt von einem sich gegenseitig ergänzenden Miteinander.“
„ekiba 2032“ – Strategieprozess in vollem Gange
Ein guter Zeitpunkt, um die Aufgaben in andere Hände zu geben. Auf die Frage, warum sie jetzt schon aufhöre, antwortet Annemarie Steinebrunner: „Das werde ich oft gefragt. Ich werde erst Ende November 63 und hätte also noch ein paar Jahre zu arbeiten. Ich gehe völlig freiwillig und ungezwungen. Ich habe mir das länger überlegt, dass es jetzt ein guter Zeitpunkt ist. Meine zweite Amtszeit als Dekanin endet zum 31. März 2024 und ich müsste mir überlegen, was ich für die verbleibenden Dienstjahre noch machen will. Da mein Mann schon zwei Jahre zu Hause ist, fiel mir die Überlegung nicht schwer, auch aufzuhören. Mit angesparten Sabbatjahren und Vorruhestandsregelungen ist das alles machbar und ich freue mich auf den neuen Lebensabschnitt mit mehr Freiraum.“
Als weiteren Grund nannte sie den Stand des Strategieprozesses der Landeskirche „ekiba 2032“. Als Dekanin Steinebrunner 2008 hier begann, hatten ihre Vorgänger Achim Zobel aus dem Kirchenbezirk Schwetzingen und Susanne Schneider-Riede aus dem Kirchenbezirk Wiesloch die Fusion der beiden Kirchenbezirke zur Südlichen Kurpfalz bereits vorbereitet und alle Beschlüsse waren gefasst. Sie konnte sich als neue Dekanin mit den anderen Verantwortlichen an die Umsetzung machen und war nicht belastet mit all dem, was davor war.
Im Grunde sei jetzt eine ähnliche Situation eingetreten. „Die großen Entscheidungen für den Strategieprozess sind gefallen. Die Kooperationsräume sind gebildet und es geht jetzt um die Umsetzung, wie in den Kooperationsräumen gearbeitet wird. Aus eigener Erfahrung finde ich es gut, wenn jetzt eine neue Dekansperson die Umsetzung mitgestaltet.“
Feiern als Instrument der Gemeinschaftsbildung im evangelischen Kirchenbezirk Südliche Kurpfalz
Zahlreiche Feste und Begegnungen erwähnt die Dekanin im Gespräch. „Das Bezirksfest 2014 im Landesgarten-schaugelände in Hockenheim oder das Mittelalterfest 2017 im Reformationsjahr in Wiesloch waren großartige Anlässe. Ich denke so gerne daran zurück. Oder auch an die Landesfeste der Diakonie, des Gustav-Adolf-Werkes oder der Evangelischen Jugend in Baden, die wir in den Anfangsjahren des neuen Kirchenbezirks zu uns geholt haben. Gemeinsam solche Feste zu gestalten, das macht aus Kollegen echte Teams, wenn zugepackt wird. Das war sicher ein wichtiger Erfolgsfaktor, um mehr zusammenzuwachsen im Bezirk.
Ich denke auch gerne an die Fahrradsternfahrt zurück. Die Fahrradkarte Südliche Kurpfalz war eine der guten Ideen in der Öffentlichkeitsarbeit, die den Bezirk dargestellt und verbunden hat. Aus allen Gemeinden fuhren Menschen los bei der Sternfahrt mit der neuen Fahrradkarte nach Oftersheim; ein Erlebnis, das einfach gutgetan hat – gemeinsam unterwegs zu sein.“
Die Geistliche nennt viele Veranstaltungsformate, die ihre Arbeit geprägt haben: Intensive Ältestentage zusammen mit der Erwachsenenbildung oder die Visitationen, regelmäßig mit engagierten Kommissionen aus dem Bezirkskirchenrat in den Gemeinden durchgeführt; Bezirkssynoden und Konvente mit eindrücklichen Gästen und auch Themen, der jährliche ökumenische Konvent zusammen mit den katholischen Geschwistern, die ökumenischen religionspädagogischen Tage, oder auch die ökumenisch veranstalteten Podiumsdiskussionen bei zwei Bundestagswahlen.
Die Aufgabe als Dekanin beschreibt sie auf Nachfrage in wenigen Sätzen: „Gemeinsam mit den anderen bezirklichen Verantwortlichen für gute Rahmenbedingungen sorgen, in denen die Gemeinden ihre Arbeit tun können. Das geschieht in enger Abstimmung mit der Landeskirche, dem Verwaltungs- und Serviceamt und natürlich mit den Gemeinden. Es geht dabei oft um Personalfragen, um Finanzen, um Gebäude. Aber auch um die inhaltliche Ausrichtung der Arbeit in den Gemeinden.“
Herausforderungen und Zukunft der Kirchenarbeit
Viele Personalwechsel gab es in den 16 Jahren ihrer Dienstzeit. Immer wieder gelang es, neue Kollegen zu finden. Annemarie Steinebrunner freut sich über die jetzige Mischung. „Wir haben uns sehr verjüngt in den letzten Jahren. Das ist schön, eine gute Mischung aus älteren und jüngeren Kollegen.“ Die Südliche Kurpfalz sei attraktiv, nicht nur von der Lage her. Der Bezirk habe eine Weite, die sie mag. „Da gibt es große Gemeinden, die völlig unterschiedlich, sehr lebendig und engagiert sind.
Da gibt es fröhliche, offene Menschen, die gerne zusammen feiern. Da gibt es auch theologische Weite, Weite im Denken. Das mag ich. Der Bezirk ist groß und damit ist auch Vielfalt da, in der viele Menschen Platz finden.“ Genau diese Weite wünscht sie dem Bezirk auch für die zukünftige Arbeit. „Wir erleben in unserer Gesellschaft derzeit viel Enge, Abgrenzung, erschreckende, menschenverachtende Hetze. Wir erleben viel Verunsicherung, wie es weitergehen kann. Der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft ist gefährdet“, sagt sie.
Da sei die Kirche gefordert, sich mit dem Glauben, dem christlichen Menschenbild, dem Gottvertrauen, der Zuversicht in die Gesellschaft einzubringen: „Uns gemeinsam mit anderen Verantwortungsträgern einzusetzen für das Leben als Geschenk Gottes in aller Vielfalt. Einstehen für Frieden, für eine lebenswerte Zukunft, für Gerechtigkeit, für Gottes Schöpfung, das bleibt dringende Aufgabe“, so Steinebrunner.
Zahlreiche Gottesdienste habe sie erlebt in den letzten Jahren. Sie hält es für eine Kernaufgabe von Kirche, Menschen mit Gottes Wort in Kontakt bringen, zum Glauben einzuladen als Halt und Anker für das Leben. Auch in Zeiten, in denen viele Menschen der Kirche den Rücken zuwenden – aus Enttäuschung oder weil der Glaube keine Relevanz für ihr Leben hat – gelte es zu fragen: Wie erreichen wir die Menschen heute? Annemarie Steinebrunner wünscht sich eine kirchliche Zukunft, in der neue Wege gesucht werden und in der viel Offenheit und Interesse für die Mitmenschen erhalten werde, um zu verstehen, was sie brauchen.
Gottesdienst zum Abschied – Wünsche für die Zukunft
Mit einem Gottesdienst endet die Arbeitszeit von Annemarie Steinebrunner an diesem Sonntag, 24. März, um 16 Uhr in der Stadtkirche in Wiesloch. Landesbischöfin Professor Dr. Heike Springhart wird vor Ort sein. „Das Verfahren zur Wiederbesetzung der Stelle läuft und wir hoffen auf eine baldige Wahlsynode und auf eine Wiederbesetzung der Stelle zum 1. September.
Ich habe bis zum Abschied weiter meine Arbeit gemacht, auch wenn es jetzt viele letzte Male gab. Das stimmte mich manchmal auch etwas wehmütig, weil mir so viele Menschen, mit denen ich durch meinen Beruf zu tun hatte, künftig sicherlich auch fehlen werden. Ich wünsche den Verantwortlichen alles Gute für den weiteren Weg. Ich weiß, dass viele Menschen hier mit weitem Herzen gemeinsam auf einem guten Weg sind – all jenen wünsche ich für alle weiteren Schritte Gottes Segen“, sagt Annemarie Steinebrunner und lächelt – wie so oft.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-abschied-im-kirchenbezirk-suedliche-kurpfalz-dekanin-steinebrunner-auf-neuen-pfaden-_arid,2189114.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen.html