Schwetzingen. Auf dem T-Shirt ist ein brüllender Löwe zu sehen, der ein Megafon in der riesigen Pranke hält. Das mächtige Raubtier ist auch auf den Visitenkarten, die die Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) gegen Tiefengeothermie Schwetzingen zusammen mit den Flyern verteilte. Bei der Informationsveranstaltung am Samstagvormittag an der Ecke Mannheimer Straße zur Dreikönigstraße herrschte die ganze Zeit ein Kommen und Gehen.
BI-Sprecher Volker Engelfried und seine Mitstreiter freuten sich über den Andrang von Schwetzinger Bürgern, die sich zum Thema Tiefengeothermie im Allgemeinen informieren, aber auch mit Menschen sprechen wollten, deren Häuser und Wohnungen durch die seismischen Messungen bereits beschädigt worden sind.
Professor Dr. Lothar Nadler und seine Frau Karin haben keine Schäden an ihrem Haus im Schälzig, kamen aber dennoch zu der Protestaktion. Der Betriebswirtschaftler an der Hochschule Heilbronn hatte schon in einem Leserbrief an unsere Zeitung auf die umstrittene Geothermie hingewiesen. Beispielsweise sei noch völlig ungeklärt, wie mit der höchst giftigen Flüssigkeit zu verfahren sei, die an die Erdoberfläche befördert werde.
CDU bestärkt das Nein zur Tiefengeothermie
Der CDU-Landtagsabgeordnete Andreas Sturm und der Vorsitzende der CDU Schwetzingen, Nils Melkus, waren ebenso vor Ort beim ersten Infostand der BI mit ihrem deutlichen Nein zur Tiefengeothermie in Schwetzingen. Der Einsatz in einem wissenschaftlich bestätigten tektonischen Erdbebengebiet könnte künstliche Beben bedeuten und zur Verunreinigung des kostbaren Trinkwassers führen. Die Schadensregulierung sei völlig unklar, viele der unverschuldet Geschädigten erhielten nichts. Eine private Gebäudeversicherung, die nur Elementarschäden abdeckt, zahle auch nicht.
Uwe und Beate Heid wohnen im Mittelgewann. Sie hatten Schäden gemeldet, seien aber „abgeschmettert worden“. Am Samstag verteilten sie mit ihren Söhnen Steven und Kevin fleißig Handzettel. Rund 8000 Flyer hat die BI bereits rausgegeben, so Engelfried. Der Protest geht weiter. Vor allem „weil unter dem Deckmantel Wärmeerzeugung in Wahrheit die Förderung des ‚weißen Goldes‘ Lithium steckt“. Sachschäden, Existenzängste und gesundheitliche Risiken für Mensch und Natur würden „aus rein kommerziellen Gründen billigend in Kauf genommen“.
Rainer Hüngerle von der Bürgerinitiative gegen die tiefe Geothermie in Brühl und Ketsch informierte an Stelltafeln über das Vorgehen bei der 3-D-Seismik. Erdbebenschäden, Risse, Absenkungen, Hebungen, Verschiebungen der Erdoberfläche, Umweltbelastungen und Gefährdung des Grundwassers - mit der Tiefengeothermie im Oberrheingraben müsse endlich Schluss sein. Für ein Gelingen der Energiewende gebe es Windräder, Solaranlagen, Biomasse, Wasserkraft, Luftwärmepumpen und einiges mehr, meinte Hüngerle: „Es gibt viele vernünftige Lösungen.“
Es sei auch kein geschlossener Kreislauf, wie immer behauptet werde: „Tiefenwasser ist eine Giftbrühe.“ Es dürfe in keinem Fall zur Vermischung mit Grundwasser kommen, sonst gelangten Salz, Arsen und Schwermetalle ins Trinkwasser. Landau, Staufen im Breisgau, Vendenheim bei Straßburg und Insheim seien die betroffenen Orte, in denen Bohrungen und Betrieb von Geothermie-Anlagen für böse Überraschungen gesorgt hätten.
Geschockt war auch Gerti Miehle aus dem Schälzigweg. In ihrer Wohnung seien mehrere Risse und Putzschäden dokumentiert worden (wir berichteten): „In allen Räumen auf zwei Stockwerken des Vierfamilienhauses gab es Schäden.“ Auch Außenwände hätten Risse bekommen. Das rechnet die Seniorin den Vibrationsfahrzeugen von Geohardt zu, deshalb sei sie an diesem Samstag auch bei der BI-Protestaktion dabei.
Gisela Siegel berichtete ebenso von „Rissen etwa hundert Meter entfernt von den Rüttelfahrzeugen“. Hans Moser aus Brühl kam ebenfalls gerne zu der BI nach Schwetzingen. Er ist gegen Geothermie, seit den Bohrungen im Süden der Hufeisengemeinde. Silke Seidemann war aus Oftersheim gekommen. Die FW-Gemeinderätin sieht die Geothermie skeptisch: „Man muss zunächst mal alles hinterfragen.“
Bürgerinitiative Tiefengeothermie: Es gibt Alternativen
Samstags ist Markttag. Viele Menschen erledigen ihre Wochenendeinkäufe. Unzählige Passanten nahmen sich aber die Zeit, am Informationsstand haltzumachen, um sich die Argumente anzuhören. Die BI möchte aufzeigen, dass Tiefengeothermie „nachweislich keine alternativlose und risikolose Energiequelle ist“. Die Förderung gehe nur auf Kosten der Bürger, erklärte Engelfried und gab sich wie die anderen im Team kämpferisch wie ein Löwe. Anstelle einer fairen Schadensregulierung hätten die meisten Geschädigten die bittere Erfahrung machen müssen, dass sie entweder komplett leerausgehen werden oder eine geringe Einmalzahlung angeboten bekommen würden.
Nicht die letzte Veranstaltung im Raum Schwetzingen
Der erfolgreichen Veranstaltung vom Samstag sollen weitere Infostände folgen. Die BI möchte keine Ruhe mehr geben. Ihre Ziele sind eindeutig formuliert auf der Homepage: „Sofortige Einstellung aller Tiefengeothermie- und Lithiumabbauprojekte. Vollständige Schadensregulierung, insbesondere Ersatzforderungen. Die politisch Verantwortlichen sollen den berechtigten Sorgen und Ängsten der Bürgerinnen und Bürger endlich Gehör schenken und bestmöglich unterstützen. Ausbau und optimale Nutzung der schon heute zahlreich bekannten, aber leider noch immer völlig unzureichend genutzten alternativen und sicheren Energiequellen in unserer Region.“
Kontakt zur BI per E-Mail an: info@bi-tiefengeothermie-schwetzingen.de. Weitere Infos zur Bürgerinitiative Tiefengeothermie gibt es hier.
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