Von Dr. Janine Ak
Mit Sonnenhüten, Klappstühlen und Picknickdecken ausgerüstet haben etwa 250 Menschen am Sonntagnachmittag das gut einstündige Wandelkonzert von Studierenden der Hochschule für Musik Saar genossen. „Musik im Garten“ war es überschrieben, Kompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart und Igor Strawinsky standen auf dem Programm. Unter der künstlerischen Leitung von Manuel Nawri sowie der musikalischen Leitung von Christian Schüller und Joss Reinicke musizierten elf Bläser und 15 Streicher in wechselnden Besetzungen. Ort des Geschehens: drei Standorte in der Quincunx-Anlage im nördlichen Boskett des weitläufigen Schlossparks.
Die Atmosphäre hätte lauschiger kaum sein können: Bei sommerlichen 26 Grad Celsius unter dem sonnendurchwirkten Blätterdach hatten es sich viele Besucher schon vor Beginn des Konzerts gemütlich gemacht und gepicknickt. „Das ist mal etwas ganz anderes“, zeigte sich Ruth aus der Pfalz begeistert, die zum letzten Mal vor zehn Jahren den Schwetzinger Schlosspark besucht hatte und nun als Geburtstagsgast ihrer Schwester aus Mannheim die Atmosphäre stilvoll im Sommerkleid mit Strohhut genoss. Dann ging es los mit Mozarts Divertimento F-Dur KV 138: ein heiterer, leichter Beginn, vorgetragen durch ein Streichensemble unter Dirigent Joss Reinicke. Das Werk gehört zur Trias der sogenannten Salzburger Sinfonien, die der 16-jährige Mozart auf seinen drei erfolgreichen Italienreisen ab 1769 und während der Reisepausen zu Hause in Salzburg komponierte. Sie sollten später während der dritten Italienreise am Mailänder Hof aufgeführt werden.
Nur ein paar Schritte brauchte das Publikum zu gehen, um in Position für den zweiten Standort des Wandelkonzerts zu sein. Und die Zuhörer auf den hintersten Picknickdecken fanden sich plötzlich mit einer 180-Grad-Drehung auf den besten Plätzen wieder. Am neuen Standort wurde es im kühlen Schatten der alten Bäume vor allem rhythmisch anspruchsvoll: mit Igor Strawinskys Oktett für Blasinstrumente. „Trocken, kühl, klar und spritzig wie Sekt“ solle sein Werk klingen, meinte der Komponist. Den Parisern des Jahres 1923 schmeckte bei der Uraufführung dieses herb-perlende Stück überhaupt nicht, das heute zu den Meilensteinen der Moderne gerechnet wird. Skandalös neu war damals die Besetzung: eine Kombination aus zwei Blechbläserpaaren – Trompeten in C und A, Posaune und Bassposaune – mit Flöte, Klarinette und zwei Fagotten. Die Bläser der Musikhochschule Saar meisterten unter Joss Reinicke das rhythmisch schwierige Zusammenspiel im schnellen ersten und dritten Satz exzellent. Im „Andantino“ des zweiten Satzes arbeiteten sie das durchaus Melodische schön heraus, die Solostellen allesamt sauber geblasen. Das konzentriert lauschende Publikum hörte sogar einen Walzer heraus, zu dessen Klängen Schmetterlinge durch das sommerliche Grün zu tanzen schienen.
Anschließend übernahm Dirigent Christian Schüller mit einem weiteren Werk aus der Trias von Mozarts Salzburger Sinfonien: dem Divertimento B-Dur KV 137. Hier dreht Mozart die übliche Satzfolge um und stellt das Andante an den Anfang statt in die Mitte. Reizvoll ist das Wechselspiel von laut und leise. Hier und auch beim italienisch-lebendigen Finale war dem Streichensemble und seinem Dirigenten der Spaß am gemeinsamen Musizieren deutlich anzumerken und steckte das Publikum mit seiner Spielfreude an.
Mit Vogelgezwitscher
Gut gelaunt ging es – teils mit Wanderstöcken – zum vierten und letzten Programmpunkt eine Anhöhe hinauf, wo sich mit Seeblick Strawinskys Concerto Es-Dur „Dumbarton Oaks“ genießen ließ. Das Werk entstand über den Winter 1937/38 als Auftragswerk für den amerikanischen Diplomaten und Kunstmäzen Robert Bliss und seine Frau Mildred zu ihrem 30. Hochzeitstag am 8. Mai 1938. Dumbarton Oaks war der Name ihres Landsitzes nahe Washington, D.C. mit einem vier Hektar großen Garten, der heute noch öffentlich zugänglich ist. Diese musikalische Reminiszenz an den Garten passte wirklich perfekt zum Schauplatz des Schwetzinger Schlossgartens – auch wenn der mit mehr als 72 Hektar dann doch noch ein Stück größer ist.
Im zweiten Satz ist in der 84 Jahre alten Musik Vogelgezwitscher zu hören, das in der Gegenwart durch einen Schwetzinger Vogel beantwortet wurde. Nach einem flotten und militärischen Beginn erzeugt der langsame dritte Satz eine bedrohlich-ruhige Stimmung wie vor einem aufziehenden Gewitter, in das sich am Sonntagnachmittag die Stimmen aufgeregter Wasservögel mischten.
Von einem Wolkenbruch war aber in der Realität weit und breit keine Spur. Nach dem Schlussapplaus wurden die Klappstühle und Picknickdecken eingepackt und gegen Bierbänke eingetauscht: Der Nachmittag klang bei guten Gesprächen an der langen Kaffeetafel der Schlossgastronomie aus.
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