Schwetzingen. Schon ein Bild mit kinderpornografischem Inhalt auf dem Smartphone kann eine Freiheitsstrafe von einem Jahr nach sich ziehen. Nach Paragraf 184 b des Strafgesetzbuchs ist der Erwerb, die Verbreitung und der Besitz von „kinderpornografischen Schriften“ strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren geahndet werden. Ein 38-jähriger Mann musste sich jetzt vor dem Schöffengericht des Amtsgerichts wegen sexueller Belästigung und Besitzes kinderpornografischer Inhalte verantworten.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem gebürtigen Schwetzinger vorgeworfen, im August 2020 die damals 14-jährige Tochter seiner Lebensgefährtin gegen deren Willen auf den Mund geküsst zu haben. Im Sommer 2022 soll der ledige Logistikarbeiter eine Bilddatei mit kinderpornografischem Inhalt auf seinem Handy abgespeichert haben. Der 38-Jährige machte Angaben zu seiner Person. Er trinke keinen Alkohol, rauche aber Cannabis.
Verteidiger Manfred Zipper äußerte sich zu den Tatvorwürfen. Er kenne die schwierigen Familienverhältnisse seines Mandanten seit Jahren. Viele Verfahren seien inzwischen eingestellt worden. Die Lebensgefährtin habe die zwei Kinder verwahrlosen lassen. Eines der Mädchen ist die leibliche Tochter des Angeklagten. Sie lebt heute bei Pflegeeltern in Frankreich. Sein Mandant habe das Mädchen gar nicht gegen seinen Willen küssen können, weil er es seit 2018 nicht mehr gesehen hat. Er habe ein gutes, aber kein pädophiles Verhältnis zu dem Mädchen gehabt: „Es war immer nur ein flüchtiger Abschiedskuss auf die Wange.“ An den Screenshot mit kinderpornografischem Inhalt auf seinem Handy könne er sich nicht mehr erinnern. Er habe aber viele Dateien von einem Kontaktportal für homosexuelle Männer im Internet runtergeladen.
Amtsgericht Schwetzingen: Sexueller Missbrauch vermutet
Eine 32-jährige Kriminalbeamtin berichtete von der Auswertung des Smartphones. Bei der Sichtung von Chatverläufen war unter den rund 3000 Bilddateien auch der Screen-shot gefunden worden. Eine 34-jährige Kriminalhauptkommissarin hatte den Laptop des Angeklagten untersucht. Dabei war der Verdacht des sexuellen Missbrauchs an seiner damals sechs Jahre alten leiblichen Tochter aufgekommen.
Auf dem Laptop waren rund 14 000 Bilddateien festgestellt worden. Eine Polizeistreife hatte den 38-Jährigen an seiner Arbeitsstelle abgeholt und sein Handy beschlagnahmt. Es hätten sich aber keine Hinweise auf sexuellen Missbrauch oder pädophile Neigungen ergeben, so die Kripobeamtin. Der Angeklagte habe bei seiner Vernehmung alle Passwörter mitgeteilt.
Zeuginnen erscheinen nicht
Die Lebensgefährtin und ihre Tochter waren als Zeuginnen geladen, erschienen aber nicht. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft verhängte das Gericht gegen die Frau ein Ordnungsgeld von 150 Euro, ersatzweise drei Tage Haft. Das Verfahren wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung wurde eingestellt. Der 38-Jährige hat vier Vorstrafen wegen Beleidigung und Bedrohung sowie wegen Besitzes und Anbau von Betäubungsmitteln, für letztere Tat war er vor Jahren zu einer viermonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wertete den Tatvorwurf des Besitzes von Kinderpornografie als erwiesen. Alles andere sei eine Schutzbehauptung des Angeklagten. Eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten sowie eine Geldauflage von 2500 Euro könnte dem 38-Jährigen als Warnung dienen.
Verteidiger Manfred Zipper sah das anders. Nach seiner Ansicht sei der Tatbestand des Besitzes eines kinderpornografischen Inhalts verfassungswidrig. Das Verfahren müsste ausgesetzt werden, bis das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtliche Prüfung entschieden habe. Zur Erklärung: Das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder hatte mit Wirkung zum 1. Juli 2021 den Strafrahmen für die Verbreitung, den Erwerb und den Besitz von Kinderpornografie verschärft.
Pädophile Dateien hätten bei seinem Mandanten nicht vorgelegen, er habe sich nur über eine Schwulen-Plattform bedient. Der 38-Jährige habe keinen Vorsatz gehabt, ihm sei „nur ein Foto mit einem Kinderkörper unbewusst durchgerutscht“. Das Bild sei nicht zur Befriedigung seiner sexuellen Fantasien auf dem Handy gespeichert gewesen, forderte Zipper einen Freispruch.
Das Schöffengericht urteilte auf ein Jahr zur Bewährung wegen des Besitzes kinderpornografischer Schriften. „Entscheidend ist der Besitz und der Besitzwillen“, führte die Vorsitzende Richterin Sarah Neuschl aus. Der Angeklagte habe die Datei runtergeladen und für sich behalten. Er habe in dem Chat grundsätzlich sehen wollen, was ihm da zugeschickt worden sei. Einen pädophilen Hintergrund der schon länger zurückliegenden Tat habe man nicht feststellen können. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Der Verurteilte muss außerdem eine Geldstrafe von 2500 Euro an die Caritas Schwetzingen zahlen.
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