Mannheimer Sommer

Konzert in Schwetzingen: Mozart und Tanz vereint

Unsere Reporterin erlebt eine spannende Probe von „Mozart Dance Explosion“ im Jagdsaal mit und beschreibt es als „ein herrliches Erlebnis, fantastisch und kreativ“. Kein Wunder: Denn hier saß niemand auf Stühlen...

Von 
Rita Weis
Lesedauer: 
Aktion im Jagdsaal: Musik atmen und genießen – dazu lädt Zeremonienmeister Daniel Cremer ein. © Rita Weis

Schwetzingen. Kann man auf Mozarts Musik tanzen? Man kann. Unter der Leitung des Tanzregisseurs, Performancekünstlers und Körperforschers Daniel Cremer entstand in Zusammenarbeit mit Julia Warnemünde eine etwa 80-minütige „Tanzbare Konzertshow“ mit dem Titel „Mozart Dance Explosion“, die Bestandteil des Kulturevents Mannheimer Sommer ist und im Jagdsaal des Schlosses Schwetzingen aufgeführt wird. Wir waren mit einem Gastpublikum, deren Reaktionen die Macher erleben wollten, bei der Generalprobe am Montag vor Ort.

Es war ein Konzertbesuch mal ganz anders: Man saß nicht wie gewohnt ruhig und andächtig aufmerksam auf Stühlen, sondern Bewegung und Tanz waren gefragt. Die Musik dazu lieferte das Mumuvitch Disko Orkestar, ein zehnköpfiges Ensemble mit diversen Blasinstrumenten, einem Kontrabass, einer Violine, einem Akkordeon, Percussion und Keyboard. Mit Balkandisco, Pop, Reggae, Jazz und Zirkusmusik schlugen sie eine rhythmische, emotionale Brücke zu Wolfgang Amadeus Mozarts Klassik. Diese ungewöhnlichen, jedoch Lust machenden Arrangements schrieb Thilo Eichhorn, der Percussionist des Ensembles.

Mozart Dance Explosion: Ein neues Konzerterlebnis

Die Festivalscouts Alina Fröhlich, Esther Beisecker und Selina Girschweiler nahmen die Gäste in Empfang und versprachen: „Es wir sportlich und warm“. Und man bekomme gute Laune, fügten sie hinzu. Sie erörterten kurz die heitere Entstehungsgeschichte des Projekts. Demnach tanze sich Cremer jeden Morgen wach. Schmunzeln und Aha waren die Reaktionen der etwa 30 Zuschauer. Als dann ein Klarinettenkonzert von Mozart ertönte und Cremer weitertanzen wollte, sei die Idee geboren - ganz im Sinne von Mozart, der Musik zum Vergnügen geschrieben hatte.

Mehr zum Thema

Veranstaltung

Eröffnung der Fête de la Musique im Marstallhof

Veröffentlicht
Von
Andreas Lin
Mehr erfahren
Schlosspark

Vogelgezwitscher bei "Kleinen Serenaden" in Schwetzingen

Veröffentlicht
Von
Maria Herlo
Mehr erfahren
Frauen in Schwetzingen

Auf Spuren von berühmten Frauen in Schwetzingen

Veröffentlicht
Von
Pressemitteilung Grüne
Mehr erfahren

Nach dieser kurzen Einleitung öffneten sich die Türen zum Konzertsaal. Da empfing Zeremonienmeister Daniel Cremer die Gäste mit einladenden Gesten: „Schön, dass ihr wirklich alle da seid.“ Im unbestuhlten Saal waren die Musizierenden mit ihren Instrumenten verteilt und spielten die zur Ouvertüre zu Mozarts „Le Nozze di Figaro“ in einer neuen, tanzbaren, quasi „recomposed“ Version. Alle Last des Alltags wegschütteln war die erste Aufforderung, zu der Zeremonienmeister Cremer die Ankommenden einlud. Förmliche Distanz überwand er sofort, kündigte an, dass er alle duze.

Tanzbare Ouvertüre: Musik und Bewegung vereint

Er machte die Übung vor und ermunterte alle fröhlich, freimütig und ohne Hemmungen mitzumachen - und tatsächlich waren alle sofort eifrig dabei. Er regte die Fantasie der Teilnehmenden an: „Stell dir vor, die Musik einzuatmen,“ sagte er, „und jede Pore wird offen für die Musik“. Beiläufig erwähnte er, dass die Musik, die gerade gespielt wurde, aus dem Klarinettenquintett, KV 581 stamme. Er schlug vor, mit den Händen, Armen, Hüften und schließlich den Beinen Musik in den Raum zu malen.

Genießen. Jede Bewegung ist ein Genuss. Der zweite Satz des Klarinettenquintetts wurde angespielt, entwickelte sich zu einem langsamen Tango. Man solle sich vorstellen, dass man mit einem Partner tanze, nur vorstellen, und sich im Raum bewegen. „Ich bin ein ekstatisch abgespaltener Persönlichkeitsanteil von Mozart.“ Cremer ist charismatisch, nahbar und seine Anweisungen fühlten sich an wie die unvoreingenommene Aufforderung mitzuspielen.

Gesellschaftstanz-Formationen: Vom Chaos zur Quadrille

Die Festivalscouts hatten eingangs bereits angemerkt, dass es völlig unerheblich sei, ob man Tänze wie Walzer gelernt habe, denn es gebe keinen geregelten Ablauf. Dennoch lernte das Publikum als nächstes die fünf grundlegenden Formationen des Gesellschaftstanzes kennen: Das Chaos, bei dem alle kreuz und quer durch den Raum gehen sollten, jedoch ohne jeweils die anderen zu stören; die Ureinheit, dargestellt in einem großen Kreis; die Trennung, der Contre-Dance oder Anglaise, bei der sich Herr und Dame gegenüberstehen und eine lange Gasse bilden, um dann paarweise durch die Mitte zu tanzen; die Polonaise und schließlich eine einfache Quadrille oder Mühle, wobei sich etwa acht Personen an den Händen hielten und im kleinen Kreis tanzten.

Anmeldung Newsletter "Topthemen am Abend"

Für die Teilnehmenden gab es eine kurze Verschnaufpause und Wasser zu trinken, während Cremer die Despina mit Reifenrock mimte und die Arie „Una donna q quindici anni“ aus „Cosi fan tutte“ sang.

Kreative Tanzformationen und Rollenwechsel

Im weiteren Verlauf waren die Teilnehmenden angehalten, die diversen Formationen - unterlegt mit vielerlei unterschiedlichen Rhythmen - zu tanzen, mal als Gemeinschaft im Kreis, mal als kleine Gruppe mit einer Quadrille, mal als Freestyle-Paartanz, manchmal in unterschiedlichen Rollen als Mann oder Frau („Ja, der Gesellschaftstanz ist nun mal für heterosexuelle Paare“, daher der Wechsel der Geschlechterrolle), dann wieder Partnerwechsel. Verschiedentlich wurden die Rollen des Vortanzenden getauscht. Es war ein herrliches Erlebnis, fantasiereich, kreativ - und man kam sich näher, ungezwungen, verbunden für den Augenblick, man wurde übermütig, ein bisschen verrückt, ein bisschen wie Daniel Cremer, der Zeremonienmeister, der Künstler, der Mozart im magischen Theater zu Schwetzingen.

Mehr zum Thema

Kolumne SWR Festspiele Schwetzingen: Hintergründe der Stücke im Blick

Veröffentlicht
Kommentar von
Jakob Roth
Mehr erfahren
Schloss

Konzertsaison in Schwetzingen: Vorverkauf für Mozartfest beginnt

Veröffentlicht
Von
Volker Widdrat
Mehr erfahren
Festspiele

SWR Orchester mit Fabian Müller verzückt in Schwetzingen

Veröffentlicht
Von
Uwe Rauschelbach
Mehr erfahren

Der Jubel des Publikums war groß, und eine Zugabe wurde gewünscht. Die gab es dann auch: Die Musiker verließen die Bühne mit ihren Instrumenten, spielten und gingen ins Freie, wo sie ununterbrochen weiterspielten, das Publikum folgte ihnen. Erst bei der wasserspeienden Hirschgruppe hörte die Musik auf zu spielen. Die Gruppe löste sich auf. Das Konzert war vorbei.

Karten für die nächste Aufführung erhältlich

„Hat Spaß gemacht“, sagte eine Besucherin, „Leute, die tanzen, sind kommunikativ“. Dem stimmte auch ein älteres Paar zu, das alles bis zum Schluss mitgemacht hatte. Man war sich einig, dass es ein ungewöhnliches Konzerterlebnis gewesen sei, aber die High Heels und die feinen Ausgehkleider seien völlig fehl am Platz, denn die Aufführung und das Mitmachen waren echt schweißtreibend.

Für die Aufführung an diesem Mittwoch, 3. Juli, 20.30 Uhr im Jagdsaal sind noch Karten erhältlich beim SZ-Kundenforum oder unter der Karten-Hotline 0621/16 80 150, die anderen sind ausverkauft.

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung