Schwetzingen. Es ist immer für alle besonders unangenehm, wenn in Sachen Kinderpornographie verhandelt werden muss. Für die Staatsanwälte, die Richter, den Angeklagten, den Verteidiger und auch für Pressevertreter, die meistens die Öffentlichkeit vertreten. Nun war es wieder so weit.
Das Schöffengericht des Amtsgerichts Schwetzingen verhandelte gegen einen 60-Jährigen wegen des Besitzes und der Verbreitung kinderpornografischer Inhalte. Er soll vor zwei Jahren Bilder, die sexuelle Handlungen von und an Kindern sowie den schweren sexuellen Missbrauch durch Erwachsene zeigen, an mehrere Chatpartner verschickt haben. Insgesamt 175 000 Bilddateien und über 900 Videos mit kinderpornografischen Inhalten hatten die Ermittler auf Speicherkarten, externen Festplatten, Laptop und Computer gefunden. Eine riesige Anzahl also.
"Fast schon eine Sucht geworden"
Dazu waren noch 39 000 Fotos und 370 Videos mit Jugendpornografie sowie rund 250 000 legale Pornobilder entdeckt worden. Die Kriminalpolizei war dem Mann über Ermittlungen des Landeskriminalamts Nordrhein-Westfalen auf die Spur gekommen. Der 60-Jährige räumte den Tatvorwurf mit der „erschreckend hohen Zahl an Dateien“ dann vor Gericht bei der Verhandlung auch ein. Die Vorsitzende Richterin Sarah Neuschl hielt ihm den Bericht der Bewährungs- und Gerichtshilfe vor. Er sei während des laufenden Verfahrens ein „reines Nervenbündel“ gewesen und habe sich immer wieder gefragt, „was mich da geritten hat“.
Er sei nicht aktiv auf der Suche gewesen, habe aber auch nichts abgelehnt, hieß es in diesem Bericht. Während der Coronazeit sei es für ihn fast schon eine Sucht geworden: „Ich habe es nicht geschafft, die Dinge zu löschen“, sagte er aus. Sollte der Prozess glimpflich für ihn ausgehen, wäre er „der glücklichste Mensch der Welt“, meinte er noch. Seine Lebensgefährtin wisse über alles Bescheid.
Angeklagte will sich in Therapie begeben
Der 60-Jährige war bereits in therapeutischer Beratung bei der Behandlungsinitiative Opferschutz (BIOS). Das Angebot ist für Menschen gedacht, die befürchten, eine Sexualstraftat an Kindern zu begehen und die sich nicht in einem Ermittlungsverfahren befinden.
Ein 43-jähriger Kriminalbeamter berichtete von der Wohnungsdurchsuchung. Der Angeklagte habe geholfen, die Vielzahl von Bildern zu finden und auch den Namen der Chat-Plattform genannt: „Er war sehr kooperativ, das ist in solchen Fällen normalerweise nicht so.“ Trotz seiner Aufklärungshilfe habe man die Chatpartner aber nicht ermitteln können.
Erkenntnis vor dem Schwetzinger Amtsgericht ist wichtig
Der Mann ist nicht vorbestraft. Staatsanwältin Schweppe sah die Anklage bestätigt. Unter der hohen Zahl an Dateien seien viele Missbrauchsbilder gewesen, deshalb forderte sie auch zwei Jahre Haft auf Bewährung und eine Geldstrafe von 5000 Euro. Verteidiger Klein dankte der Polizei für die Ermittlungsarbeit, die vertrauensvolle Vernehmung seines Mandanten sei mit psychologischem Einfühlungsvermögen vonstattengegangen. Er schloss sich dem „milden und angemessenen Antrag“ der Staatsanwaltschaft an.
„Ich bin froh, dass es vorbei ist. Das hätte nie vorkommen dürfen“, sagte der 60-Jährige in seinem Schlusswort. Das Gericht urteilte auf zwei Jahre zur Bewährung. Man habe selten jemanden auf der Anklagebank, der sich im Vorfeld des Verfahrens so verhalte. Dadurch habe er beim Schöffengericht Pluspunkte gesammelt.
Er sei gut beraten gewesen, sich psychologische Hilfe zu holen und sein Problem nicht der Familie zu verschweigen. In anderen Fällen habe es für solche Taten keine Bewährung gegeben. Wichtig sei die Erkenntnis, „dass Sie süchtig danach waren“, so die Vorsitzende. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Er wird einem Bewährungshelfer unterstellt und muss regelmäßig psychologische Beratungstermine wahrnehmen. Die Geldstrafe von 5000 Euro kommt dem Verein „Xundlachen – Klinikclowns in Heidelberg“ zugute.
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