Geschichte trifft auf Fantasie

So war das Schloss Schwetzingen noch nie zu sehen

Manfred Bender aus Hockenheim hat eine kunstvolle Zeitreise in einem Buchformat geschaffen, die etwas ganz Besonderes darstellt. Und das Ganze hat etwas mit dem Schloss und dem Schlossgarten Schwetzingen zu tun.

Von 
Katja Bauroth
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Es gibt so viele Details in den Bildern von Manfred Bender zu entdecken, so auch in diesem, in dem er die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges Anfang des 17. Jahrhunderts auf das Schloss Schwetzingen projiziert. „Schwetzingen und sein Schloss werden mal von kaiserlichen Truppen, mal von schwedischer Soldateska ausgeplündert und zerstört.“ © Manfred Bender

Es ist ein wahres Meisterwerk, das Manfred Bender da geschaffen hat. Eines, das Geschichte schreibt. Dies ist wortwörtlich gemeint. Der gelernte Schriftsetzer und Mediengestalter aus Hockenheim nennt es im Gespräch mit dieser Redaktion sogar „sein Lebenswerk“.

Autor Manfred Bender erklärt Redaktionsleiterin Katja Bauroth den Hintergrund zu seinem Buch über das Schloss und den Schlossgarten Schwetzingen. © Khaled Daoud

Seit seiner Jugend interessiert sich Bender für Kunstgeschichte und Heimatkunde. Schloss und Schlossgarten in Schwetzingen gehören dabei zu seinen Leidenschaften und denen wollte er mit einer Publikation seine Ehre erweisen. Nun hat der begeisterte Hobbyfotograf und Modellbauer das Buch „Schwetzingen. Wasserburg, Jagdschloss und Sommerresidenz der Kurfürsten von der Pfalz – Fantastische Impressionen aus einer fernen Zeit“ mit dem Verlag Regionalkultur veröffentlicht und sich damit auch persönlich ein Denkmal gesetzt.

„Eine lange, gedeckte Brücke führt über Leimbach und Schlossgraben hinüber zum Haupttor. Wieder erkennen wir die beiden getrennten Hauptgruppen des Schlosses, die durch die Wehrmauer miteinander verbunden sind.“ Diese Ansicht von Schloss und Mühle von Osten her betrachtet wird in den Kontext Mitte des 16. Jahrhunderts gesetzt. © Manfred Bender

Dieses Buch entführt mit 60 stimmungsvollen Bildern in längst vergangene Zeiten – allesamt am Computer erstellt. Laien können nur schwer nachvollziehen, wie viel Zeit und Aufwand in dieser Arbeit steckt. Profis wissen: Es sind tausende Stunden, es sind Jahre vor dem Bildschirm. Und es ist eine Menge Fingerspitzengefühl gefragt.

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen: Am Computer erschaffen

Vereinfacht erklärt: Bender hat digitale Rekonstruktionen mit Hilfe von Software am Computer erschaffen und diese mit fotorealistischen Details veredelt. Dabei achtete er nicht nur darauf, wie die Umgebung – also die Landschaft, der Ort Schwetzingen, Menschen sowie Tiere – zu der jeweiligen Zeit gewesen sein musste, sondern auch auf perspektivische Blickwinkel sowie Maßstäbe. Man muss sich das wie ein präzises Landschaftsgemälde vorstellen, dass wie ein Puzzle auf mehreren Ebenen zusammengeführt wird, dazu atmosphärisch und chronologisch aufbereitet.

Der Schlossgarten Schwetzingen mit dem Apollotempel. Auch hier hat Manfred Bender viele Details eingearbeitet. © Manfred Bender

Dabei überließ Manfred Bender nichts dem Zufall. „Um die Bausubstanz über die Jahrhunderte möglichst genau wiedergeben zu können, studierte er die Fachliteratur und bezog Fachkundige in seine Gestaltung mit ein“, formuliert Joachim Kresin in einem Geleitwort im Buch. Der Stadtarchivar von Schwetzingen ist nur einer von vielen Unterstützern, mit denen Manfred Bender bei der Erarbeitung seines Werks Kontakt gesucht hat. Kunsthistoriker Wolfgang Schröck-Schmidt, Schloss-Konservator Dr. Ralf Wagner, Schlossverwalterin Sandra Moritz und Partner im Bereich des technischen Designs sowie der Verlagsstruktur trugen zum Gelingen des Buchs bei. „Für die früheste Baugeschichte des Schlosses im 14. und 15. Jahrhundert sind kaum Quellen vorhanden, sodass nur mehr einzelne noch vorhandene Bauteile Auskunft über das mögliche Aussehen des Schlosses geben können. Da man schlichtweg nicht weiß, wie das Schloss in dieser Zeit ausgesehen hat, bleibt die Darstellung immer auch ein Stück Fiktion, was der Autor mit dem Titel der Schrift ausdrückt“, unterstreicht Stadtarchivar Kresin.

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen: Buchtexte mit Schmunzelfaktor

Und diese wunderbare Fantasie hat Manfred Bender nicht nur bei den Bildern einfließen lassen. Herrlich sind seine heiter-besinnlichen Texte, in denen er die Leser auf einen Spaziergang durch die Jahrhunderte einlädt und sie mit der Geschichte des Ortes sowie den zu dieser Zeit handelnden Personen wie eben den Kurfürsten vertraut macht. Hier und da baut er kleine Seitenhiebe mit persönlicher Note ein, die schmunzeln lassen. Auch erfundene Charaktere wie in einem historischen Roman tauchen auf. Bender ist es gelungen, einer Baugestalt, die sich über 700 Jahre kurpfälzischer Geschichte erstreckt, durch vorhandenes Wissen und zugepackte Illusionen Gestalt zu verleihen. Einen solch fundierten Einblick in Bezug auf die Darstellungen gab es für das Schloss und den Schlossgarten Schwetzingen noch nie.

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Dem nicht genug: Das geschickte Zusammenspiel von Bild und Text entführt durch Tages- und Jahreszeiten hindurch in eine Welt, die längst versunken ist und doch rücken die fantastischen Impressionen aus einer fernen Zeit die Geschichte wieder ins Jetzt. Dank Manfred Bender, der sich eben nicht mit nur spärlichen Informationen zufriedengeben wollte, sondern dem ein Gesamtkonstrukt wichtig erschien. Das erklärt er sowohl im Buch, als auch im Gespräch mit der Redaktion: „Unsere kurpfälzischen Vorfahren haben nur spärliche schriftliche Informationen über das Schloss hinterlassen, auch Bilder oder Zeichnungen gibt es keine. Außerdem haben zwei Kriege mit ihren Zerstörungen und den damit einhergehenden Wiederauf- und Umbautätigkeiten das Schloss und seine unmittelbare Umgebung immer wieder entscheidend verändert. Nur umfangreiche Grabungsarbeiten könnten uns hier vielleicht Aufklärung über seine frühere Gestalt geben“, ist er sicher, dass da so manche Überraschung wartet, „aber wer soll das bezahlen?“.

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen: „Buch soll einfach nur verzaubern“

Daher lädt Manfred Bender nun ein, durch die „Fenster“ seines Buches in vergangene Zeiten zu blicken. „Das kleine Buch soll die Atmosphäre längst vergangener Zeiten vermitteln und mit seiner Farbigkeit und Lebendigkeit einfach nur verzaubern“, wünscht er sich.

Dieses Buch zum Schloss Schwetzingen ist außergewöhnlich. © Verlag Regionalkultur
  • Das Buch: „Schwetzingen. Wasserburg, Jagdschloss und Sommerresidenz der Kurfürsten von der Pfalz – Fantastische Impressionen aus einer fernen Zeit“, Manfred Bender, Verlag Regionalkultur, 144 Seiten, 134 Farbabbildungen, mit Grundrissen des Schlosses zu verschiedenen Epochen (fester Einband), 19,90 Euro (ISBN 978-3-95505-431-1). Im lokalen Buchhandel erhältlich.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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