Schwetzingen. Einem ganz besonderen Aspekt des höfischen Lebens zu Zeiten von Carl Theodor galt am Sonntagmittag dem „Kurfürstlichen Kaffeesalon“, einer kleinen Stadtführung mit Birgit Hefner-Konietzko in der Rolle als Bürgersfrau des 18. Jahrhunderts. Treffpunkt war die Touristinformation Schwetzingen in der Dreikönigsstraße gegenüber der Pankratius-Kirche und es war eine ansehnliche Anzahl an Teilnehmenden– trotz unbeständigen Wetters – gekommen.
Zu Carl Theodors Zeiten gehörte dieser Standort zur Mitte des Dorfes, und dort wohnten auch die „besseren Leute“, während die Ärmeren im Oberdorf jenseits des Schlossplatzes ihre Behausungen hatten. Gegenüber der Kirche befindet sich das Hotel „Adler Post“ – dies war die erste Station und wurde zum Pferdewechseln bei Kutschen, die nach langer holpriger Fahrt aus Mannheim kamen, verwendet. Holprig und mit Schlaglöchern waren die Wege auf alle Fälle, stand Schwetzingen doch damals auf Pfählen – ähnlich wie Venedig, denn das Gebiet war sumpfig.
Bei einem kleinen Spaziergang von der St. Pankratius-Kirche durch die Zeyherstraße zum Amtsgericht kommt man an lachsfarbenen Gebäuden vorbei, die zu Carl Theodors Zeiten schon da waren: Sie dienten zum Großteil der Verwaltung. So war das heutige Finanzamt früher schon mit Geldgeschäften beauftragt, hieß aber Obristenamt für Jagd und Unterhaltung. Die zu entrichtenden Steuern wurden durch einen Taxierer ermittelt, der ins Haus der Bürger kam, um deren Besitztümer zu ermitteln.
Zeyherstraße in Schwetzingen ist geschichtsträchtiger Ort
Sichtbare Äußerlichkeiten spielten auch eine Rolle in Gasthäusern, hier wurden die Leute nach dem geschätzten Wert ihrer Kleider bedient und die Rechnung war entsprechend. Ärmliche Kleider galten als unschicklich, daher bemühte man sich, möglichst gut gekleidet in ein Lokal zu gehen. Selbst Adlige, die möglicherweise inkognito unterwegs waren, vermieden schlechte Kleidung. Von Casanova, der einst Schwetzingen bereiste, weiß man, dass er ein erfundenes adliges Wappen auf seine Kutsche malte, dann einkehrte, um fürstlich speisen zu können, aber wieder verschwand, ohne je seine Zeche zu bezahlen.
In der heutigen Zeyherstraße befindet sich das Amtsgericht. Daneben war früher das Speyerer Tor, das man passierte, wenn man aus der Domstadt kam – und man musste zuweilen Zoll bezahlen. Das Gebäude des heutigen Amtsgerichts wurde 1725 erbaut und diente zunächst zur Unterbringung von Angehörigen der kurfürstlichen Familie, die im Schloss keinen Platz mehr fanden, sowie für ausländische Besucher oder Gesandte. In dieser Zeit trug es den Namen „Prinzenhaus“, ab der Mitte des 18. Jahrhunderts gab man ihm die Bezeichnung „Gesandtenhaus“. Über die Zeyherstraße, wo auch noch das Wasserwerk bis heute zu sehen ist, gibt es viele Geschichten zu erzählen.
Der Stadtrundgang endete im „Kurfürstenstübchen“, dem schönen kleinen historischen Café am Eingang zum Schlossgarten. Hier waren die Teilnehmenden der Stadtführung zu einer Tasse Kaffee und einem Stückchen Kuchen eingeladen. „Kaffeeklatsch gab es nicht“, sagte Stadtführerin Birgit Hefner-Konietzko gleich zu Beginn. Man trank aus einem Ein-Personen-Kaffeeservice und auch nicht zum Frühstück, da gab für die feinen Damen Schokolade, jedoch ohne Milch, aus einer Trembleuse, einer Zittertasse, nicht immer mit Henkel, aber immer mit Untertasse, damit auch eine zittrige Hand das Luxusgetränk nicht verschüttete. Man genoss den Kaffee trotzdem, denn er war im 18. Jahrhundert ein teures und edles Getränk, das von Wohlbetuchten getrunken wurde.
Birgit Hefner-Konietzko ist eine echte Kaffeeliebhaberin, denn sie hatte viel zu berichten und mehrere antike Gegenstände zum Kaffeetrinken mitgebracht. Zum Beispiel zeigte sie eine Kaffeekanne, deren Schnaupe nach oben gebogen war. Eine besondere Variante besaß eine lange Schnaupe, womit der Kaffee lang gezogen in die Tasse gegossen wird, damit sich die Aromen des schwarzen Getränks besser entwickelten.
Bei Stadtführung in Schwetzingen: Tipps für Kaffee-Zubereitung
Bei einer Teekanne sei die Schnaube nach unten gebogen wegen der Teeblätter, erklärte sie. Sie zeigte auch eine antike Zuckerzange und hatte ein Gefäß dabei mit Kaffeelöffeln an den Rändern. Der älteste Kuchen sei übrigens die Linzer Torte, denn sie sei lange haltbar und müsse nicht gekühlt werden, erwähnte sie fast beiläufig. Um die Rösterei des wertvollen Getränks zu kontrollieren, hatte der König von Preußen Kaffeeschnüffler losgeschickt, die feststellten, ob der Röster über eine rechtmäßige Konzession verfüge. Wenn nicht, wurde der Kaffee einfach eingezogen – sehr zur Freude des Hofes, der immer genügend Kaffee hatte, ohne ihn zu kaufen zu müssen.
Sie beließ ihre Ausführungen nicht bei historischen Fakten, sondern gab Hinweise auf Kaffeegewohnheiten der aktuellen Zeit. Kaffee kaufe man am besten als ganze Bohnen, klärte sie auf, denn angeschredderte Bohnen neigen zu Schimmelbildung. Von Pulverkaffee riet sie ab, denn dieser werde meistens aus angeschredderten Bohnen hergestellt. Sie riet zum „schwallartigen Aufkochen“, wobei der Kaffeefilter – bitte in Porzellan – mit frisch gemahlenem Kaffee vollgemacht werden sollte, dann kochendes Wasser aufgießen und den Kaffee abfließen lassen, dann wieder aufgießen und abfließen lassen – dies führe zum besten Ergebnis – und so wurde das Getränk auch im 18. Jahrhundert zubereitet. Als gut vertretbare moderne Varianten der Kaffeezubereitung nannte sie die French Press und den Perkolator.
Schließlich machte sie noch ein paar statistische Angaben zum Kaffee. Im Jahre 2022 seien zehn Millionen Tonnen Rohkaffee geerntet worden, wobei 25 Millionen Familien vom Kaffeeanbau lebten. Das Problem beim Anbau bestehe darin, dass Kaffeepflanzen unter Bäumen gut wachsen, diese aber immer mehr gerodet werden. Diesen Mangel mache man durch Chemikalien wett.
Weiter informierte sie darüber, dass Deutschland der fünftgrößte Kaffeeimporteur der Welt sei, wobei der Import meistens über die Schweiz komme. Man solle wissen, dass für eine Tasse Kaffee 140 Liter Wasser für den Anbau benötigt werden. Trotz mancher Einwände schmeckten Kaffee sowie Kuchen und viele werden bestimmt ihre Kaffeegewohnheiten zu Hause überdenken.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-stadtfuehrung-in-schwetzingen-kaffeekultur-zu-zeiten-von-kurfuerst-carl-theodor-_arid,2263245.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen.html