Schwetzingen. Mit fünf Premieren startet das Theater am Puls (TaP) in der Marstallstraße 51 in Schwetzingen in die neue Spielzeit 2023/24. Und gleich zum Auftakt am Samstag, 30. September, 19 Uhr, wartet ein Kracher: „Tod eines Handlungsreisenden“, das bekannteste Drama von Arthur Miller.
Es gehört zu den Stücken, die bei Intendant Joerg Steve Mohr schon lange auf der Liste stehen, die er einmal auf die Bühne bringen möchte. „Mit Uwe von Grumbkow ist mir der perfekte Schauspieler dafür begegnet. Ich kann mir keinen besseren in der Rolle des Willy Loman vorstellen“, erzählt Mohr von drei Jahren vorausgegangener Planung und verdeutlicht, dass es nicht nur deshalb Zeit war, seine „To-do“-Liste an dieser Stelle abzuhaken.
Für ihn ist zum einen wichtig, dass Agierende und Stoff harmonieren, zum anderen, dass die Thematik in die Zeit passt. Auch hier: Volltreffer. Das findet Schwetzingens Oberbürgermeister und Kulturliebhaber Dr. René Pöltl und drückt dies bei einer Saisonpressekonferenz im Theater am Puls aus. In dem Stück aus dem Jahr 1949, in dem es, grob gesagt, um Lebenslügen im Sinne von mehr Schein als Sein und die Kernbotschaft „Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied“ geht, lässt sich hervorragend auf unsere Konsumgesellschaft und den Klimawandel ummünzen – kurzum: Egoismus leben und die Wirklichkeit ignorieren, hat Folgen. Mohr verspricht einen spannenden Trip in die menschliche Psyche.
Und das bleibt nicht der einzige: In „Nichts, was uns passiert!“ – Premiere am Freitag, 20. Oktober, 20 Uhr – wird der nächste. Es geht dabei um Anna und Jonas, die nach einem Treffen und mehreren Bieren im Bett landen. Als das erneut passiert, behauptet Anna, es war Vergewaltigung. Jonas beschwichtigt, es sei alles einvernehmlich gelaufen. Aussage steht gegen Aussage – und damit stehen die beiden jungen Menschen vor einem Labyrinth an Emotionen, Zweifeln und Konsequenzen. Die Romanvorlage stammt von Bettina Wilpert, die dafür 2018 mehrere Auszeichnungen erhielt. 2022 wurde das Buch von der ARD verfilmt.
Kinder und Jugendliche „abholen“ beim Theater am Puls Schwetzingen
Joerg Steve Mohr, der auch als Theaterpädagoge eine besondere Form der Sozialarbeit an den Schwetzinger Schulen leistet, weiß wohl, dass dieses Thema von „Nichts, was uns passiert!“ Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen beschäftigen wird: Alkohol – Absturz – Filmriss. Das kann weitreichende Auswirkungen haben. Genau deshalb wird er mit dem Stück auch an ältere Klassen herantreten und ist dankbar, dass die Stadt Schwetzingen einen Topf für Theaterpädagogik (50 000 Euro insgesamt) hat.
Für Walter Imhof als früherer Schulleiter und Vorsitzender des Freundeskreises des Theaters ist gerade dieser Bereich der Theaterpädagogik wichtiger denn je. Da stimmen Mohr und Pöltl zu. Hier macht Theater einen Erfahrungs- und Austauschraum auf, in dem man sich mit Menschen und Themen auseinandersetzen muss. „Streaming in Echt“, betitelt dies Pöltl treffend. Und für die Kinder und Jugendlichen ist es ein kurzer Weg in „ihr“ Theater, dem sie eben über Theaterpädagogen Mohr in ihrer Schullaufbahn mehrfach begegnen. Die verschiedenen Angebote hierfür wie „Krähe und Bär“ (ab Klasse fünf) oder „Angstmän“ (Klassen eins bis vier) gibt es auch in dieser Saison.
Apropos: Natürlich gehört ein Familienstück in die Produktion. Erich-Kästner-Fans dürfen jubeln, denn „Pünktchen & Anton“ zeigen, wie Freundschaft und Zusammenhalt über gesellschaftliche Unterschiede hinweg siegen. Ein Stück für Kinder ab acht Jahren, das aber keine Altersgrenze nach oben kennen sollte. Mohr freut sich auf die Premiere am Freitag, 10. November, 20 Uhr, nicht nur als Regisseur, sondern auch als Onkel: Seine Nichte Emma spielt nämlich mit. Sie steht mit bekannten TaP-Gesichter auf der Bühne.
Premieren und Karten fürs Theater am Puls
- „Tod eines Handlungsreisenden“, Samstag, 30. September, 19 Uhr (Tickets Kategorie A).
- „Nichts, was uns passiert!“, Freitag, 20. Oktober, 20 Uhr (B).
- „Pünktchen & Anton“, Freitag, 10. November, 20 Uhr (A).
- „Misery“, Samstag, 17. Februar (noch keine Uhrzeit).
- „Panikherz“, Samstag, 6. April (noch keine Uhrzeit).
- Das Programm gibt es in gedruckter Form im Theater, im öffentlichen Raum und in unserem Kundenforum sowie unter www.theater-am-puls.de,
- Karten gibt es in der Kategorie A für 24 Euro (18 Euro ermäßigt, 12 Euro für Kinder bis 12 Jahre), in der Kategorie B für 16 Euro (12 Euro ermäßigt) und Kategorie C für 6 Euro. Tipp: Theatersparcard – in vier Vorstellungen gehen und nur drei bezahlen (72 Euro).
- Tickets gibt es im Kundenforum der Schwetzinger Zeitung, Carl-Theodor-Straße 2 in Schwetzingen sowie beim Theater am Puls, Telefon 06202/9 26 99 96 und unter www.theater-am-puls.de.
Das Theater am Puls in Schwetzingen: Kleines Haus – große Namen
Das ist das Schöne an dem kleinen Schwetzinger Schauspielhaus: Hier geht es familiär zu und doch genauso professionell wie an Nationaltheatern. Fantastische Bühnenakteure halten Mohr daher seit Jahren die Treue und wissen, was sie an ihm haben: Seine Inszenierungen sind von ganz großem Format. Er macht qualitativ hochwertiges, facettenreiches Theater und hängt sich nicht an seichten Mainstream.
So ist es kein Wunder, dass Akteure wie Till Weinheimer den Weg nach Schwetzingen gefunden haben. Weinheimer spielte lange Zeit am Nationaltheater Mannheim, war in Frankfurt und Gast des Berliner Ensembles. Jetzt agiert, liest, schwitzt und lebt er Benjamin von Stuckrad-Barres gleichnamigen Seelentrip in „Panikherz“ aus, garniert mit Musik von Udo Lindenberg, die Stefan Ebert arrangiert. Premiere: 6. April.
Die Nummer fünf, die neu im Programm steht, heißt „Misery“ und ist dem Gruselschocker von Stephen King nachempfunden. Die Vorfreude auf den 17. Februar wächst allein schon beim Lesen der Besetzung: Der grandiose Michael Hecht spielt den Autor Paul Sheldon, der mit dem Auto verunglückt und so in die „Obhut“ seiner größten Bewunderin Annie Wilkes (Irina Maier) gerät.
Kein Wunder, dass in Anbetracht dieser „Happen“ OB Pöltl das Theater am Puls einen „großen dicken Baustein im Kulturleben der Stadt“ nennt, der da nicht wegzudenken ist. Und: „Wir freuen uns aufs Theater!“
Das hält in dieser Saison noch an beliebten Publikumsrennern fest, zu denen „Die Wunderübung“ sowie die Komödien „Extrawurst“ und „Brigitte Bordeaux“ genauso gehören wie die Hommage „Iwwa die Brick“ mit Musik von Joy Fleming. Die Klassiker „Mephisto“ und „Die Leiden des Jungen Werther“ bleiben im Programm, „Der Steppenwolf“ wird mit zwei Vorstellungen (6. Oktober, 26. November) langsam verabschiedet. Es gibt das Improtheater mit „Männerschnupfen“ (11. November), den Georg-Keisler-Abend „Büro, Büro“ (1. Dezember), Jürgen Ferber setzt musikalisch auf „Schönferberei“ (15. Oktober) und Kindern können sich auf „Ein Schaf fürs Leben“ (8. Oktober) und die Märchenzeit „Es war einmal“ für ganz Kleine mit Samiya Bilgin (10. Dezember) freuen. Zum Jahresstart wartet mit „Schwetzchen“ auch noch eine Talkshow von und mit Dragqueen Audrey Naline (27. Januar).
Theater am Puls Schwetzingen – Walter Imhof gibt Vorsitz ab
Es gibt jedoch auch Abschiede – einmal von Produktionen wie „Der kleine Vampir“, der „Goldne Topf“ und „Fettes Schwein“ sowie von Walter Imhof. Er kündigt seinen Rückzug als Vorsitzender des Freundeskreises an. „Nach zehn Jahren möchte ich Platz machen für Jüngere“, sagt der in vier Wochen 80 Jahre alt werdende „Motor und Motivator“ (Zitat Pöltl). Sein Engagement, daran ließen Mohr und Pöltl keine Zweifel, sei für das Theater immens wichtig gewesen. Das drücken nicht nur die durch ihn gewonnenen Sponsoren an der Tafel im Foyer aus, sondern auch die mittlerweile 230 Mitglieder im Freundeskreis – 150 mehr als zu Beginn von Imhofs Wirken.
Gerade in der Pandemie hielt man zusammen und fand gemeinsam Wege. Deshalb fällt die Vorjahresbilanz was die Auslastung der Vorstellungen angeht, sehr gut aus: Man kratze am Vor-Pandemie-Niveau. Es gab Stücke, die permanent ausverkauft waren. „Joerg und seinem Ensemble muss man zugutehalten, dass sie immer spielen, selbst, wenn die fast 100 Plätze nicht voll besetzt sind“, macht Imhof deutlich. Für diese Spielzeit sind die Erwartungen bei dem „sehr ambitionierten Programm“ (Pöltl) entsprechend hoch. Und nicht nur den Schwetzingern sei gesagt: Hier wartet ganz großes Theater auf sein Publikum!
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