Ausstellung

Wenn Ahnen auf Teppich gebannt werden

Von 
Katja Bauroth
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Bei dieser Ahnengalerie hätte sich bestimmt auch Carl Theodor ein Schmunzeln nicht verkneifen können: „Odily the Strong“, „Eliza Kelly“ und „Florense of Ridicule“ haben Plätze in der Sommerresidenz des kunstliebhabenden Kurfürsten gefunden und sind Teil einer sehenswerten Werkschau in der Orangerie des Schwetzinger Schlossgartens. Eine schönere Brücke zwischen zeitgenössischer Kunst und Historie des Ausstellungsambientes könnte es nicht geben, formulierte Kunsthistoriker Wolfgang Schröck-Schmidt am Rande der Vernissage am Samstagnachmittag treffend.

Die von Gabriele Bürger geschaffenen dreidimensionalen Bildobjekte bestechen dabei durch imposantes Material und eine spezielle Herstellungstechnik: Fotografien werden per Gel Frottage auf Teppichstücke gebannt. Das Garn wirkt dabei wie eine Haarpracht. Als frühere Friseurin und Make-up-Artistin hat Gabriele Bürger schon immer kreativ mit Köpfen zu tun – nur eben jetzt auf eine besonders abstrakte Art. Ausgediente Regale bearbeitete sie in ähnlicher Manier, so dass daraus kunstvolle Hängeobjekte mit Funktion geworden sind, die beispielsweise zur Präsentation in Schmuckateliers passen oder Akzente in den heimischen vier Wänden setzen.

Schwetzingen

Schwetzingen: Ausstellung "Spiegelungen" in der Orangerie

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Die Künstlerin aus Neusäß ist eine von 20 Ausstellenden in den Bereichen Malerei, Skulpturen und Fotografie, die mit dem Verein Kunst Stuttgart International erstmals nach Schwetzingen gekommen sind. Der Verein mit Sitz in Leonberg wurde 2015 gegründet, hat über 400 Mitglieder in 15 Ländern. Das Thema der Schau ist „Spiegelungen“.

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Wie sowohl die Kunstschaffenden als auch die Gäste diesen Titel in den einzelnen Stücken interpretieren, muss jeder auf seine Art erfahren. Manches ist offensichtlich, wie die Keramikwerke mit eingeschmolzenem Glas aus Flaschen von Eva Specht aus Winnenden. „Port, Ramazzotti Rosato, Cava“ oder „Ramazzotti, Campari, Kerner“ leuchten herrlich grün, blau und gelb. Sie reflektieren das in der Orangerie einfallende Sonnenlicht und wecken ob ihrer Namen Erinnerungen an manch lustige Runde bei einem Glas Portwein, Ramazzotti, Campari oder Wein vom Weingut Kerner aus Winnenden. Eva Specht hat außerdem Köpfe aus Ton mitgebracht. Sie sind androgyn und von rauer Schönheit. An der Stelle der Halsschlagader eines Kopfes sitzt ein Menschlein zusammengekauert. Ein anderer Kopf zieht durch viele Farben die Blicke auf sich. Er wurde während der Pandemie entwickelt und trägt den Namen „Zuversicht auf dem Weg der Zeiten“. Er spiegelt den Gefühlszustand wider, den Kunstschaffende während des Lockdowns ausgesetzt waren, gepaart mit der Hoffnung auf Normalität.

Vollendete Leichtigkeit

Die Realität ihrer Gefühlswelt drückt die 22-jährige Charlotte Kraus aus Augsburg plakativ, wild und mit Neonfarben aus. Sie paart abstrakte Malerei mit grafischen Elementen, die wie eine Verschmelzung von Plakatkunst und Pop-Art wirken. Immer wieder entdeckt der Betrachter neue Elemente, die über soziale Beziehungen Auskunft geben und – auf Corona bezogen – die Autonomie des Einzelnen infrage stellen. Die vermutlich jüngste Ausstellerin in der Orangerie glänzt mit Tiefgründigkeit im Offensichtlichen.

Margareta Leuthardt aus Basel drückt in mehrfacher Hinsicht in ihren Werken die Einzigartigkeit von Kunst aus. Für ihre großformatigen Aquarelle „Frei und mit Leichtigkeit“ verwendete sie hochwertiges französisches Papier (BFK Rivers) und bearbeitete es unter anderem mit Gofun (japanisches Muschelweiß), welches Geishas zum Weißen ihres Gesichts verwenden, sowie Ebenholzpigmenten. Die Leichtigkeit vollendet das im angerosteten Eisenrahmen an Seilen schwebende Kunstwerk. Es ist die Komplexität, die die Arbeiten der Schweizerin hervorstechen lassen. Man spürt, dass Margareta Leuthardt großen Wert darauf legt, bewusst und konzentriert mit exquisiten Materialien zu arbeiten. Ob die klaren und funktionalen Keramikgefäße aus Plattentechnik von Bettina Kohlen, die farbenprächtigen Digital-Art-Blumen von Susanne Freiler-Höllinger oder die Großformate aus Naturfarben mit vielen Rostelementen von Anne Ruffert – die Ausstellung „Spiegelungen“ bietet eine wunderbare Vielfalt von Kunst und zeigt, wie kreativ der Mensch doch sein kann.

Zur Ausstellung

Die Ausstellung „Spiegelungen“ des Vereins Kunst Stuttgart International (kun-st-international.de) gastiert bis 29. August in der Orangerie im Schlossgarten Schwetzingen. Die Werkschau ist Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag sowie Feiertag von 12 bis 19 Uhr geöffnet. Es fällt nur Schlossgarteneintritt an.

Ausstellende bei Skulpturen: Sabine Gleser, Bettina Kohlen, Eva Specht und Peter Wichman.

Ausstellende bei Malerei: Sabine Bitzer, Gabriele Bürger, Sonja Hatzelmann, Klaus Hochgesand, Eva Hoppert, Jarkikh (Jarki) Youri, Charlotte Kraus, Margareta Anna Leuthardt-Schwager, Heidi Reinhardt, Horst Reul, Anne Ruffert, Eva Vogt und Angelika Welter.

Ausstellende bei Fotografie: Susanne Hoellinger, Jörg Kraus und Stefan Mayer.

Thementage für Interessierte: Samstag, 14. August, um 14 Uhr mit Eva Specht (Keramik) und um 16 Uhr mit Sabine Gleser (Rakutechnik) sowie am Samstag, 21. August, ab 12 Uhr mit Stefan Mayer und Jörg Kraus (Fotografie). kaba

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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