Schlossgarten Schwetzingen

Winzige Baby-Erdkröten im Schlossgarten Schwetzingen in Not

Von 
Volker Widdrat
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Winzig und bestens getarnt sind die kleinen Erdkröten im Schlossgarten. © Frei, Widdrat

Schwetzingen. „Achtung, Baby-Froschwanderung hinter dem Schlossgarten“, hieß es am Pfingstsonntag auf einer Facebook-Seite. Weitere Nutzer hatten bereits vor dem Wochenende in den sozialen Medien vor der jährlichen Krötenquerung gewarnt. Doch es war zu spät. Hunderte, wenn nicht tausende der kleinen Amphibien hatten da schon den Tod gefunden, in dem sie von Fußgängern zertreten oder von Autos plattgemacht worden waren.

Karin Franz (l.) von der „Hilfe für Schlossgartentiere“ mit Hündin „Lea“ und Leserin Christine Frei trafen sich zufällig an der Stelle des Schlossgartens, an der die vielen kleinen Kröten zurzeit über den Weg hüpfen. © Volker Widdrat

Christine Frei hatte sich vergangene Woche per E-Mail an unsere Redaktion gewandt. „Gerade sind die Baby-Frösche oder Kröten auf den Kieswegen hinter dem großen Weiher im Schlossgarten anzutreffen. Leider fehlt, wie schon im vergangenen Jahr, ein effizienter Schutz dieser fühlenden Lebewesen vor dem frühen Tod durch Zertreten oder Überfahren werden. Ein unscheinbares Schild an nur einer Position im Abseits ist absolut unzureichend.“

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Bei ihrem Besuch im Schlossgarten seien sogar Traktoren in diesem Bereich hin und her gefahren, monierte die 51-jährige Naturfotografin: „Diese Praxis kostet hunderte, eher tausende von Leben und ist mit dem Schutz von Natur und Leben unvereinbar. Aus ethischen Gründen sind die Wege während der Wanderung der Amphibien zu sperren.“ Die Schwetzingerin hatte bei der Schlossverwaltung, die im Frühling vergangenen Jahres ihre Anregung ignoriert hätte, erneut angefragt.

Bild vor Ort gemacht

Die kleinen Tiere sind Erdkröten, neben dem Grasfrosch das häufigste Amphib, heißt es in einer Pressemitteilung vom Naturschutzbund (Nabu): „In Deutschland ist die Erdkröte flächendeckend vorhanden. In ganz Mittel- und Nordeuropa, sogar bis über den nördlichen Polarkreis, sowie in Nordwestafrika ist dieser ruhige Geselle anzutreffen.“ Den Winter verbringen sie in Erdlöchern, im Frühjahr wandern sie zum Weiher im Schlossgarten. Nach der Paarung suchen sie geeignete Plätze zum Ablaichen. Die von der Quappe zur Minikröte umgewandelten Tierchen verlassen morgens und bei feuchter Witterung die Umgebung des Laichgewässers und versuchen, unbeschadet in Richtung der Äcker zu kommen.

„Achtung Krötenwanderung!“ Die Tafeln, die auf die Amphibien hinweisen, werden kaum beachtet – tragisch für die Tiere. © Volker Widdrat

Am Freitag trafen wir uns mit Christine Frei, um diese „Froschregen“ genannte Wanderung der Winzlinge in der Nähe des Weihers zu beobachten. Joggerinnen und Walkerinnen drehten an diesem Morgen ihre Runden, schnelle Spaziergänger waren auf großer Tour durch den Garten der kurfürstlichen Sommerresidenz. Die meisten Besucher sahen aber die nur etwa einen Zentimeter großen und bestens getarnten Amphibien nicht.

Wege komplett sperren

„Ein, zwei abseitsstehende Schilder sind auch einfach nicht genug“, meinte Karin Franz, die bei ihrem morgendlichen Spaziergang mit Hündin „Lea“ an besagter Stelle vorbeikam. Die Schwetzingerin kümmert sich seit vielen Jahren im Schlossgarten um kranke oder verletzte Tiere (wir berichteten mehrfach) und kennt sich in dem Areal bestens aus. Die betroffenen Wege am Weiher sollten gesperrt werden, meinte sie.

© Christine Frei

„Spaziergänger erzählten, es sei ein Slalomlauf, um nicht auf die Amphibien zu treten. Die meisten achteten nicht auf den Boden, weil sie zum Beispiel im Gespräch waren“, berichtete Christine Frei von den Erlebnissen im vergangenen Frühjahr: „Jetzt besteht wieder Handlungsbedarf. Eine Sperrung des Weges ist erforderlich, erst recht auch für Fahrzeuge.“ Auch abends seien noch jede Menge Baby-Kröten unterwegs. Und im Mai sei der Weg „dunkel vor lauter kleiner Kröten gewesen“. „Ich verstehe nicht, warum es so schwerfällt, diesen Bereich während der Wanderung der Amphibien zu sperren, für die Tiere geht es schließlich um ihr Leben“, so die 51-jährige Naturschützerin empört.

Nur kurzzeitige Wanderung

Schlossverwaltungsleiterin Sandra Moritz antwortete auf Nachfrage unserer Zeitung: „Ja, derzeit sind insbesondere wieder Erdkröten im Schlossgarten und hinter dem großen Weiher auf Wanderschaft. Das beanstandete Schild ist eine Schutzmaßnahme, die aus unserer Sicht grundsätzlich ausreichend ist. Zumal Erdkröten insbesondere in den Abendstunden aktiv sind und im hinteren Bereich des großen Weihers sodann ein geringerer Besucherzustrom gegeben ist. Die Wanderung hat nur kurzzeitig diese immensen Ausmaße, weshalb wir auf eine Absperrung verzichtet und lediglich mit Schild darauf hingewiesen haben. Fahrzeuge sind dort in geringem Maß nur tagsüber unterwegs und damit grundsätzlich außerhalb der Wanderzeiten der Kröten. Daneben wird der Bereich täglich von uns begangen, um zu schauen, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind.“

Noch ein paar Tage müssen die gut getarnten Amphibien diese gefahrvolle Zeit überstehen. Wenn die bräunlich gefärbten Erdkröten nicht von Sportschuhen oder Traktorreifen zerquetscht werden, sind sie dazu noch ihren Fressfeinden wie Vögeln ausgesetzt. Spaziergänger und Wanderer sollten derzeit vielleicht öfters auf den Weg schauen.

Ein Mitarbeiter des Schlossgartens stellte am Freitag im Bereich hinter dem Weiher noch zusätzliche Schilder auf. Für Christine Frei „zwar besser als nichts, doch mit Fahrzeugen oder mit dem Kinderwagen können die Amphibien kaum gemieden werden, da würde nur eine Sperrung etwas nützen“.

Die wissenschaftlich „Bufo bufo“ genannte Erdkröte zählt nach dem Bundesnaturschutzgesetz und der Bundesartenschutzverordnung zu den besonders geschützten Arten. Umso schöner, dass es sie hier im Schlossgarten gibt. Und das hoffentlich noch sehr lange.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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