Brühl. „Wir waren wirklich überrascht, als wir zum ersten Mal über die Kleindenkmale in Brühl und Rohrhof gesprochen haben“, verrät Dr. Volker Kronemayer, Vorsitzender des Brühler Vereins für Heimat- und Brauchtumspflege. Viele Zeugnisse der Vergangenheit waren bislang schlichtweg übersehen worden – insbesondere die größten Gruppe der Kleindenkmale, die Grenzsteine.
Im Gespräch der Mitglieder des Vereins wurde plötzlich bewusst, wo überall solche Landmarken auf Brühler Gemarkung zu finden sind. Um Streitigkeiten zu vermeiden, wurden sie seit dem 15. Jahrhundert gesetzt und lösten die bis dahin üblichen ungenauen Grenzen entlang von natürlichen Geländemarken – wie in Brühl der Leimbachverlauf – ab.
Kleindenkmale in Brühl fallen kaum auf
Außerhalb der Ortschaften markieren diese Steine den Grenzverlauf zwischen Hoheitsgebieten der früheren Landesherren. Auch in Brühl gibt es solche Steine, die manchmal sogar an die einstige Grenze zwischen der Kurpfalz und dem Bistum Speyer erinnern. Zahlreiche Kleindenkmale fristen schlichtweg ein Schattendasein. Sie sind vorhanden und eigentlich selbstverständlich da, werden aber wahrscheinlich gerade deshalb kaum zur Kenntnis genommen.
Mit einer Wanderausstellung im Rathaus, die seit Freitag dort Station macht, möchte der Rhein-Neckar-Kreis den Blick auf solche historischen Zeugnisse schärfen. „Hand aufs Herz: Wer kennt denn schon den Meilenstein in der Mannheimer Landstraße von 1843 oder den Grenzstein am Rande des Baugebiets Bäumelweg-Nord von 1776?“, fragt Kronemayer, „oder den einzigen Stein, der seit 1817 die Gemarkungsgrenzen zwischen Brühl und Rohrhof markiert und derzeit in einem Privatgarten steht?“. Insgesamt hat der Heimatverein aktuell fast 70 Objekte in der Hufeisengemeinde dokumentiert. „Diese Kleindenkmale werden wir zum Teil bei unserer Mitgliederversammlung und dann im Spätjahr bei einer speziellen Brühler Ausstellung der Öffentlichkeit präsentieren.“
Kleindenkmale in Brühl dem Wetter ausgesetzt
Weil sie eher unauffällig sind, seien Kleindenkmale im Grunde genommen immer gefährdet und dies nicht nur durch Alterungsprozesse infolge von Wind und Wetter. Beschädigungen und Verluste bei Bauarbeiten sind laut Kronemeyer ebenso Gefährdungsursachen wie das Abhandenkommen durch Diebstahl.
Hin und wieder komme es nämlich vor, dass Kleindenkmale bei Nacht und Nebel verschwinden. Viele von ihnen geraten zudem in Vergessenheit, weil sie heute keinem Zweck mehr dienen. Auch ist hin und wieder ein schadhafter Zustand der Anlass für die Entfernung des Kleindenkmals, weil eine sachgerechte Renovierung zu teuer oder zu schwierig scheint.
Grundlage für eine Bewusstseinsänderung der Öffentlichkeit und einen wirkungsvollen Schutz sei eine möglichst genaue Kenntnis der Objekte, deshalb müsse man diese Zeugnisse aus dem Abseits ins Bewusstsein holen. Genau das macht die Ausstellung im Rathaus. Ein darin präsentiertes Brühler Kleindenkmal ist die alte Steinbrücke über den Leimbach, die tagtäglich von vielen Menschen – insbesondere von Schülern der Realschule – genutzt, aber kaum beachtet wird.
Erfassen und dokumentieren in Brühl
In diesem Fall ist es wohl nicht die zu geringe Größe, die dafür sorgt, dass die geschichtliche Bedeutung der Brücke leicht übersehen wird. „Sie ist einfach zu selbstverständlich da“, meint der Vorsitzende des Heimatvereins. Und das ist sie immerhin seit 1775 – damals war es gerade wenige Jahrzehnte her, dass Speyer zugunsten des Kurfürsten Carl Philipp, des Erbauers von Mannheim, auf die weltlichen Rechte an Brühl verzichtete.
Brühler Heimatverein als Unterstützer
„Es gilt, diese kleinen und vielfach gefährdeten Denkmale zu erfassen, zu erforschen und für die Zukunft zu bewahren“, unterstreicht Kronemayer noch einmal mit Nachdruck. Seit über 20 Jahren werden die Kleindenkmale in Baden-Württemberg deshalb systematisch erfasst. Seit 2022 wird das Projekt als Kooperation des Kreisarchivs mit dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart und unter Schirmherrschaft von Landrat Stefan Dallinger auch im Rhein-Neckar-Kreis durchgeführt. Über 100 ehrenamtliche Mitarbeiter sind seitdem kreisweit unterwegs um die Kleindenkmale zu dokumentieren – in Brühl hat der Heimatverein diese Aufgabe übernommen.
Die Wanderausstellung „Kleindenkmale in unserer Region erfassen und erhalten“ wirft ein Schlaglicht auf diese Arbeit und stellt eine Auswahl der bereits dokumentierten Kleindenkmalen im Rhein-Neckar-Kreis vor. Im Brühler Rathaus ist sie bis Freitag, 5. April, während der üblichen Öffnungszeiten zu sehen.
Info: Die Öffnungszeiten des Rathauses sind wochentags von 8.30 bis 12 Uhr, zudem dienstags und donnerstags von 15 bis 17.30 Uhr.
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