Brühl. Der Startschuss fiel im Januar 2014 – damals nahmen die neu gegründeten Gemeindewerke Brühl ihre Geschäftstätigkeit auf. Bürgermeister Dr. Ralf Göck und der damalige Leiter des EnBW-Beteiligungsmanagements, Dr. Nikolaus Scheirle, hatten dies wenige Wochen zuvor – vor rund zehn Jahren – durch die Unterzeichnung des Konsortialvertrages ratifiziert. Seit diesem Zeitpunkt ist die damals neue Gesellschaft in der Gemeinde zuständig für den Betrieb des Stromnetzes, also die Leitungen, die die jeweiligen Stromerzeuger und alle -nutzer verbinden. Hinsichtlich des Stromlieferanten änderte sich dadurch für die Bürger jedoch nichts.
Bisher einziger Geschäftszweck der Gemeindewerke ist demnach die Verpachtung des Stromnetzes an einen Netzbetreiber – derzeit ist das der Miteigentümer der Gemeindewerke, die Netze BW, eine Tochter des Energieunternehmens EnBW. Die Kommune hält aktuell 74,9 Prozent der Gemeindewerke, das Tochterunternehmen des Energieerzeugers 25,1 Prozent der Anteile.
Die Zusammenarbeit funktioniert
In einer kleinen Feierstunde wurde dieses Datums nun im Rathaus gedacht. Es seien damals drei Gründe gewesen, die zur Idee der Gemeindewerke geführt hätten, erklärte Göck, der aus gesundheitlichen Gründen per Video in den Sitzungssaal zugeschaltet war. Er sieht es übrigens als positiven Aspekt, dass die Gemeindewerke Brühl in der Öffentlichkeit kaum bekannt seien, denn „dass zeigt, das die Arbeit funktioniert“.
Insgesamt bescheinigte er dem Unternehmen eine erfolgreiche Geschichte. „In den vergangenen zehn Jahren haben die Gemeindewerke eine gute Entwicklung erlebt“, so der Bürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende des Jubilars. Dadurch sei für die Kommune mehr Bewegungsfreiheit entstanden, man habe als Besitzer des Leitungsnetzes mehr Einfluss auf die Energieversorgung nehmen können, war sich Göck sicher. Ein wichtiger Begriff war ihm dabei, dass Brühl autark vom übrigen Netz umliegender Gemeinden geworden sei. „Sollte es aus irgendwelchen Gründen in den umliegenden Städten und Gemeinden womöglich zu Versorgungsproblemen kommen, könnten wir einen Schalter umlegen und uns über andere Stellen mit Strom beliefern lassen – das ist ein Stück Sicherheit für unsere Bürger“, erklärte Göck. Zwar sei man noch nicht wirklich autark, denn man erzeuge ja nicht selbst im notwendigen Maße eigene Energie, aber man könne künftige Entwicklungen auf jeden Fall besser nutzen, so der Bürgermeister.
Gleichwohl sei es eine gute Entscheidung gewesen, nicht auch die Versorgung mit Energie zu übernehmen, sondern da auf die Partnerschaft mit dem großen Energieversorger EnBW zu setzen, der durch seine Größe viele Vorteile mitbringe. „Deshalb planen wir auch nicht, diese Aufgabe in Zukunft in unseren Gemeindewerken zu übernehmen – das soll bei der EnBW verbleiben.“
Und so nutze die Schaffung der Gemeindewerke bislang den kommunalen Kassen in finanzieller Weise ganz eindeutig. „Sie ist eine erfolgreiche Geldanlage“, versicherte Göck. Zwar könne man durch die Gemeindewerke keine Reichtümer ansammeln, aber man verzeichne über die Jahre einen gewissen positiven Trend. „Wir arbeiten rentabel“, so Göck als Aufsichtsratsvorsitzender.
Zudem könne man als Gemeinde Einfluss auf die Leitungsinfrastruktur ausüben. „Da geht es nicht nur um die Abschaffung der Oberleitungen und Dachreiter auf den Häusern in den vergangenen Jahren“, betonte Göck, „auch unter der Erde wurde viel modernisiert – und das soll so auch weitergehen“, wagte Göck den Blick in die Zukunft. Neben dem Anschluss von Neubaugebieten im Ort in den vergangenen Jahren sei die Planung der Zukunft vorangetrieben worden – „es wurden wichtige Impulse gesetzt.“
Stets Impulse gegeben
In diesem Zusammenhang verwies der Rathauschef auf die Installation von sogenannten selbstregulierenden Transformatoren, die quartiersscharf die jeweils notwendigen Strommengen steuern könnten. Diese intelligente Stromsteuerung soll nach und nach flächendeckend in Brühl entstehen. Das sei ein enormer Vorteil für die Bürger, denn dann könnten die Anlagen für die Energiewende, für die Einspeisung von Photovoltaikanlagen oder die Nutzung von Wallboxen für die E-Mobilität oder Wärmepumpen zielgenau im Stromnetz integriert werden, so Göck
„Wir geben immer wieder Impulse, noch ein wenig mehr zu tun – und das bringt die Gemeindewerke voran“, lautete das Fazit des Bürgermeisters nach einem Jahrzehnt Gemeindewerke. Man habe zwar nicht alles erreicht, aber das, was machbar war ohne zu große Risiken einzugehen, so Göck.
Dem stimmte Matthias Stephan für die EnBW kommunale Beteiligungen uneingeschränkt zu. Die Gemeindewerke hätten in der Zusammenarbeit beider Partner in konstruktiver und vertrauensvoller Zusammenarbeit einiges für die Menschen im Ort erreicht. Es stünden zwar noch einige Herausforderungen an, doch werden man sicher gut vorankommen.
Gemeindekämmerer und kaufmännischer Geschäftsführer Andreas Willemsen wies in einer Präsentation noch einmal darauf hin, dass das autarke Stromnetz weniger anfällig sei auf größere Störungssituation. Als erreichte Ziele der vergangenen zehn Jahre nannte er den Abschluss beim Rückbau der Dachständer und Turmtrafostationen, die Errichtung von Kompakttrafostationen und eine Machbarkeitsstudie zur Erschließung neuer Geschäftsfelder. Insgesamt seien in diesem Jahrzehnt fast 2,5 Millionen Euro investiert worden – der Reingewinn liege bei fast 285 000 Euro.
Mehmet Yilmaz, technischer Geschäftsführer der Gemeindewerke, bilanziert, dass die Gemeinde vor zehn Jahren das Stromnetz für 3,3 Millionen Euro gekauft und noch einmal 2,5 investiert habe – 1,9 stehen noch in Zukunft an – doch man habe in Brühl nun ein modernes Stromnetz, das letztlich Rendite abgeworfen habe. Das ist ein Grund zur Freude, waren sich alle Gäste der Feierstunde am Mittwochnachmittag einig.
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