Heimatverein

Denkmalschutz in Brühl: Heimatverein kartographiert Kleindenkmale

Der Heimatverein Brühl hat 60 Kleindenkmale kartographiert und eingeordnet, die Einblicke in das frühere Leben und die Denkweise der Menschen in der Gemeinde geben. Mit dabei: das Kriegerdenkmal und Mahnmale für Zwangsarbeiter.

Von 
Ralf Strauch
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Die Brühler Kriegerkapelle ist das größte der rund 60 vom Heimatverein aufgenommenen Kleindenkmale in und um Brühl. © Schwindtner

Brühl. „Man geht so oft achtlos an ihnen vorbei, dabei geben sie enorm viele Informationen zum früheren Leben in Brühl und zur Denkweise der damals lebenden Menschen preis“, sagt der Vorsitzende des Heimatvereins Brühl, Dr. Volker Kronemayer. Er spricht von den Kleindenkmalen in der Gemeinde, die nunmehr durch seinen Verein kartographiert und eingeordnet wurden. Es sind insgesamt 60 Objekte vom kleinen Grenzstein bis zur Kriegerkapelle beim Brühler Friedhof erfasst worden – knapp über 40 auf der Gemarkung der Hufeisengemeinde, die übrigen in den Schwetzinger Wiesen und im Edinger Ried.

Ein besonders markantes Beispiel für diese einstige Denkweise ist aus seiner Sicht das Kriegerdenkmal an der Ecke Schwetzinger und Kirchenstraße. Darauf sind glorifizierend die Namen der Teilnehmer von militärischen Einsätzen von Brühler Soldaten des 19. Jahrhunderts dargestellt.

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Zu den dadurch Geehrten – immerhin war 1907 bei der Einweihung der Großherzog persönlich dabei – gehören auch die Veteranen, die bei der Niederschlagung der badischen Revolution 1849 beteiligt gewesen waren. „Das ist ein Stück Geschichte, das ohne dieses Denkmal in der kleinen Gemeinde sicherlich in Vergessenheit geraten wäre“, meint Kronemayer. Insofern sei auch dieses Denkmal ein Stück weit identitätsstiftend, auch wenn sicherlich niemand wirklich gerne an diesen undemokratischen Moment erinnert werden möchte.

Kleindenkmale als Spiegel von Geschichte und Identität

Gleiches gilt für die Mahnmale der gestorbenen Zwangsarbeiter in der Zeit des Zweiten Weltkriegs oder den Gedenkstein gegenüber dem Rathaus. Er soll an die Familie Rhein erinnern, die wegen ihres jüdischen Glaubens in der Zeit des Nationalsozialismus von angesehen Bürgern zu Menschen außerhalb der sogenannten Volksgemeinschaft vertrieben und schließlich getötet wurden.

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Das älteste aufgenommene Objekt in Brühl ist ein Grenzstein aus der Zeit des Kurfürsten Carl Theodor. Er ist datiert auf das Jahr 1776, also aus dem Jahr, in dem jenseits des Atlantiks die Vereinigten Staaten gegründet wurden. Noch älter ist ein weiterer Grenzstein auf den Schwetzinger Wiesen. „Das gehört zwar gemarkungstechnisch nicht mehr zu Brühl, aber die Schwetzinger Wiesen sind als Naherholungsgebiet so eng mit dem Alltag der Brühler verbunden, dass wir diesen Bereich auch noch übernommen haben“, erklärt Kronemayer.

Engagierte Dokumentation bedrohter Kleindenkmale

Mehrere Monate waren Mitglieder seines Vereins in der Gemeinde und drumherum unterwegs, um solche versteckten Schätze zu entdecken und für die Zukunft zu dokumentieren. Das sei so wichtig, weil Kleindenkmale im Grunde genommen immer gefährdet seien – nicht nur durch Alterungsprozesse infolge Wind und Wetter, erklärt der Vorsitzende des Heimatvereins.

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Beschädigungen und Verluste bei Bauarbeiten seien ebenso Gefährdungsursachen wie das Abhandenkommen durch Diebstahl. Hin und wieder kommt es vor, dass Kleindenkmale verschwinden, und niemandem fällt es auf: Aus den Augen, aus dem Sinn, heißt ein Sprichwort. Viele Kleindenkmale geraten in Vergessenheit, weil sie heute keinem Zweck mehr dienen oder keine Aussagekraft mehr haben. Auch ist hin und wieder ein schadhafter Zustand der Anlass für die Entfernung des Kleindenkmals, weil eine sachgerechte Renovierung zu teuer oder zu schwierig scheint.

Informationsveranstaltung zur Sensibilisierung und Wertschätzung

Ein Beispiel für den Bedeutungsverlust von Kleindenkmalen zeigt Kronemayer in den Kolbengärten auf. Dort stehen drei gemauerte Zaunpfeiler, die jeder Vorbeigehende sieht, die er aber nur mit Fachkenntnis einordnen könne. Sie waren nämlich einst die Begrenzung einer der vielen Brühler Ziegeleien – inzwischen sind sie die letzten Zeugnisse dieses einst wichtigen örtlichen Industriezweiges. „Uns ist es deshalb wichtig, die Kleindenkmale nicht nur für irgendwelche Archive zu dokumentieren, wir wollen sie der Bevölkerung näherbringen“, sagt Kronemayer und lädt zu einer Informationsveranstaltung ein.

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung am Mittwoch, 10. April, findet ab 19.30 Uhr ein öffentlicher Vortrag statt. Eine kleine Auswahl der entdeckten und dokumentierten Kleindenkmale werden vier Mitarbeiter des Vereins dann im TV-Clubhaus für die interessierte Öffentlichkeit vorstellen. Und vielleicht werden damit manche Augen geöffnet für Ortsgeschichte am Wegrand.

Redaktion

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