Kommunalwahl

SPD Brühl im Sommerinterview: „Wieder Öl ins Feuer gegossen“

Kinderbetreuung, Haushaltsplanung, Klimaveränderung und die Geothermie in der Gemeinde – wie steht es aktuell um Brühl? In unserer Sommerinterview-Reihe äußern sich die im Gemeinderat vertretenen Fraktionen vor der Kommunalwahl 2024 zu diesen Themen. Diesmal antwortet die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) mit den Ratsmitgliedern Gabriele Rösch, Hans  Hufnagel, Hans Zelt, Kirsten Rempp und Steven Smith.

Von 
Ralf Strauch
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Die SPD-Ratsfraktion bemängelt, dass die Diskussion zum Thema Geothermie rund ums „Brühler Loch“ nicht deshalb geführt wird, um auf die Wärmewende hinzuarbeiten, sondern um Wahlkampf für die anstehende Kommunalwahl zu machen. © strauch

Brühl. Wie steht Brühl aktuell da?

SPD: Diese Frage kann auf mehreren Ebenen – Finanzen, Infrastruktur und weiteren Themen – diskutiert werden. Die finanzielle Situation der Gemeinde ist solide. Die Gemeinde ist zwar nicht mehr schuldenfrei, aber die Bedienung der Darlehen ist gesichert. In das Anlagevermögen der Gemeinde werden seit Jahren jährlich zwei Millionen Euro investiert. Aus der Bevölkerung sind auch keine neuen dringlichen Bedürfnisse beziehungsweise Wünsche zu hören. Verwaltung und Gemeinderat haben unserer Meinung nach ihre Aufgaben im Großen und Ganzen gut gemacht.

Was sind aus Sicht Ihrer Fraktion die dringlichsten Aufgaben der nächsten zwölf Monate?

SPD: Die dringlichste und wichtigste Aufgabe in den kommenden zwölf Monaten wird es aus Sicht der SPD-Fraktion sein, den geplanten Anbau für den Hort an der Schillerschule so umzusetzen, dass dieses Großprojekt sowohl zeitlich als auch finanziell wie geplant verwirklicht werden kann. Mit diesem Vorhaben sind die Voraussetzungen für eine ausreichende Kinderbetreuung in der Gemeinde aus heutiger Sicht für die nächsten Jahre sichergestellt. Finanziell wird dies aber für die Gemeindefinanzen ein Kraftakt werden. Dies nicht nur wegen der hohen Investitionskosten, sondern auch wegen der zwangsläufig anfallenden zusätzlichen Personal- beziehungsweise Betriebskosten. Desweiteren sind aus der im kommenden Jahr vorliegenden kommunalen Wärmeplanung die richtigen Schlüsse zu ziehen, um der Bevölkerung eine fundierte Planungsgrundlage für eigene Entscheidungen hinsichtlich der Heizungsart zu geben. Als SPD-Fraktion hoffen wir weiter darauf, dass das neue Mehrfamilienhaus in der Albert-Einstein-Straße bis Ende 2024 fertig gestellt werden kann, um neuen bezahlbaren Wohnraum in der Hand der Gemeinde zu haben.

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Was kann auf der Einnahmenseite gemacht werden, um die Finanzsituation der Gemeinde dauerhaft zu sichern?

SPD: Das ist eine schwierige Frage. Einerseits kommen auf die Gemeinde höhere Ausgaben zu, andererseits können die Verwaltung und der Gemeinderat die eigenen Steuern und Gebühren nicht beliebig erhöhen. Dies ist auch vor dem Hintergrund der höheren Lebenshaltungskosten zu beachten, welche die Bevölkerung belasten. Hier ist es aus Sicht der SPD-Fraktion wichtig, immer eine sinnvolle Abwägung zu treffen. Im Blickpunkt ist natürlich auch die Grundsteuerreform, die ab 2025 zu neuen Grundsteuern führen wird. Die Frage der neuen Hebesätze wird allerdings erst der nächste Gemeinderat beantworten müssen. Die SPD-Fraktion will bei der Neufestsetzung der Hebesätze die Bürger nicht stärker belasten als zurzeit. Wir sehen die Landesregierung in der Verantwortung die Kommunen zu entlasten und nicht weiter mit neuen Vorschriften zu belasten, die wiederum Geld kosten.

Wo sollte die Gemeinde in naher Zukunft Geld einsparen? Welche Freiwilligkeitsleistungen sollten auf den Prüfstand?

SPD: Es ist das Ziel der SPD-Fraktion die Freiwilligkeitsleistungen auf dem heutigen Niveau zu halten. Verwaltung und Gemeinderat stellen immer wieder heraus, wie sehr ihnen das ehrenamtliche Engagement der Bürger am Herzen liegt. Dann muss auch der Willen des Gemeinderates da sein, dieses Engagement zu erhalten. Das bedeutet aber nicht, dass jeder neue Wunsch erfüllt werden kann.

Wie bewerten Sie die Entscheidungen zur „Grünen Mitte“?

SPD: Die SPD-Fraktion steht weiterhin zu diesem Projekt. Mit der Fertigstellung der Bebauung werden rund 300 Wohneinheiten neu entstehen plus zusätzliche neue Betreuungsplätze unterschiedlichster Art in der Altenpflege. Dadurch werden wieder bezahlbare Wohnungen an anderer Stelle in der Gemeinde frei. Die SPD-Fraktion hat darauf gedrängt, dass die Gemeinde dort auf das Belegungsrecht im sozialen Wohnungsbau verzichtet hat. Damit konnte die Gemeinde ein eigenes Wohngebäude mit zwölf Wohnungen auf den Weg bringen bei dem sie ein zeitlich unbegrenztes eigenes Belegungsrecht hat und auch die Mieten selbst festlegen kann. Wenn wir auch den Marketingbegriff „Grüne Mitte“ nicht als gelungen sehen, so wird das Quartier nachhaltig ohne fossile Brennstoffe beheizt werden und der Autoverkehr wird weitgehend aus dem Quartier herausgehalten, da die Höhenunterschiede im Gelände den Bau großzügiger Tiefgaragen erlauben.

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Wie soll die Gemeinde auf die Klimaveränderungen reagieren?

SPD: Die Gemeinde Brühl hat mit den Förderrichtlinien zum Klima- und Umweltschutz schon relativ früh auf dieses wichtige Thema reagiert. Im Jahr 2017 wurde das Klimaschutzkonzept im Gemeinderat verabschiedet das viele Punkte beziehungsweise Aufgaben enthält, die nun umzusetzen sind. Wichtig ist es klarzustellen, dass Klimaschutz eine Aufgabe nicht nur der politischen Gemeinde ist, sondern eine Aufgabe die alle Bürger angeht. Dies ist mit der Unterstützung der Gemeinde bei der Gründung von Arbeitsgruppen interessierter Bürger zu den Themenkreisen Mobilität, erneuerbarer Energien und Nachhaltigkeit gelungen. Gerade bei den geförderten Balkonanlagen ist dies eine Erfolgsgeschichte. Die SPD-Fraktion hat mit ihren Antrag für das „Brühler Ticket“ die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs in der Gemeinde attraktiver gemacht. Diese Angebote müssen auch genutzt werden, damit sie eine Wirkung haben.

Wie sehen Sie die Situation des Einzelhandels in Brühl? Wo kann die Kommune bei Wirtschaftsthemen unterstützend eingreifen?

SPD: Die Situation im inhabergeführten Einzelhandel ist schwierig. Die Ursachen hierfür sind vielfältig wie beispielsweise verändertes Einkaufsverhalten, fehlendes Personal, keine Nachfolgeregelung und so weiter. Letzteres führte leider zur Schließung der Metzgerei in Rohrhof. Die Kommune kann nur versuchen, die Bevölkerung zu ermuntern am Ort einzukaufen und so den Einzelhandel zu unterstützen. Das Problem ist aber, dass es immer weniger inhabergeführte Läden gibt, die eine Bindung zum Ort haben. Als Beispiel für diese fehlende Bindung kann hier die Schließung der Filiale Rohrhof der Sparkasse angeführt werden, die in Heidelberg beschlossen wurde. Wir als SPD-Fraktion haben mit einer Onlinepetition und Unterschriftensammlung versucht, der Schließung entgegenzuwirken. Ansonsten stellen die ansässigen Discounter die wohnortnahe Versorgung der Bevölkerung sicher.

Wie bewerten Sie die Situation der Kinderbetreuung in Brühl?

SPD: Dies ist eine Aufgabe, die Verwaltung und Gemeinderat seit Jahren beschäftigt. In den Schulen, Horten, Kinderbetreuungseinrichtungen wird ständig investiert und erweitert. In diesem Jahr wurden drei neue Gruppen einer Kindertagesstätte im Bildungszentrum Schillerschule eröffnet. In 2024 wird es verstärkt um den Neubau des dortigen Hortes gehen. Wir als SPD-Fraktion wünschen uns eine weitaus stärkere finanzielle Unterstützung von Bund und Land bei den Personal- und Betriebskosten. Wenn der Bund ein Recht auf die Ganztagesbetreuung eines Kindes beschließt, dann muss er sich verstärkt an den Kosten beteiligen.

Geothermie ist angesichts der Wärmewende wieder ein bundesweit wichtiges Thema – auch für Brühl?

SPD: Es ist richtig, dass zurzeit wöchentlich über mögliche neue Geothermieprojekte bundesweit gesprochen wird. Für Baden-Württemberg gilt, dass die grün-schwarze Landesregierung im Dreieck Mannheim-Heidelberg-Speyer der Firma Geohardt das Recht zur Untersuchung des Untergrundes für drei Geothermiekraftwerke gegeben hat. Ob und wo die Firma Geohardt auf Grund der Untersuchungsergebnisse solche Kraftwerke errichten will, steht noch nicht fest. Insofern ist dies aktuell kein Thema in Brühl. Es ist jedoch schade, dass die Diskussion zum Thema Geothermie nicht deshalb geführt wird, um tatsächlich auf die Wärmewende hinzuarbeiten, sondern um Wahlkampf für die anstehende Kommunalwahl zu machen. Die schlechte Vorbereitung, Durchführung und Klärung möglicher Schäden aus den Bodenuntersuchungen der Firma Geohardt hat hier jedoch wieder Öl ins Feuer gegossen.

Wie beurteilen Sie die angedachte Unterbringung der Flüchtlinge in Wohncontainern?

SPD: Verwaltung und Gemeinderat haben lange eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen im Gemeindegebiet einer zentralen Unterbringung vorgezogen. Mit dem Beginn des Ukrainekrieges war das allerdings nicht mehr möglich. Im ehemaligen Hotel „Brühler Hof“ wurde deshalb eine große Anzahl an ukrainischen Flüchtlingen untergebracht. Nachdem der Gemeinde eine neue große Zahl an Flüchtlingen avisiert wurde, hat der Gemeinderat einer Unterbringung in Containern auf dem Gelände hinter dem Aldi-Markt zugestimmt, da kein anderer Weg möglich ist. Die Containerlösung ist eine Hilfe, wenn sie zeitlich nicht zu lange dauert. Dennoch muss klar sein, eine Unterbringung in Containern ist keine schlechte Lösung, sondern sie hilft den Menschen in akuter Not.

Redaktion

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