Faktencheck

Tempo 30 in Ortsstraßen: So ist die Lage in Brühl

Wenn es nach der Meinung vieler Verkehrsexperten geht, sollte innerorts durchgängig Tempo 30 gelten – das bringe mehr Sicherheit, weniger Lärm, weniger Schadstoffe. Seit 1957 gilt allerdings in den Städten und Gemeinden die allgemeine Regelgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde. Wir checken, wie sich die aktuelle Lage in der Hufeisengemeinde darstellt und was weiter in diesem Bereich vorgesehen ist.

Von 
Ralf Strauch
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In der Nibelungenstraße hat die Gemeindeverwaltung die zuständigen Gremien überzeugen können, dass eine Maximalgeschwindigkeit von Tempo 30 durchaus sinnvoll ist.

© strauch

Brühl. Aktuell ist es nicht so einfach, innerorts ein niedrigeres Tempolimit als 50 durchzusetzen. Die Straßenverkehrsordnung und das Straßenverkehrsgesetz sind Bundessache und diese müssten geändert werden.

Es gibt allerdings komplizierte Einzelregelungen, die noch aus den 1950er-Jahren stammen und meistens nur für bestimmte Abschnitte, etwa vor Schulen, Altenheimen oder Kitas, genehmigt werden. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung heißt es, dass man den Kommunen bei diesem Thema mehr Entscheidungsspielraum geben wolle, aber einen konkreten Gesetzentwurf gibt es noch nicht. Gleichwohl sind in Brühl die meisten innerörtlichen Straßen im Geschwindigkeitsniveau inzwischen auf 30 nach unten gesetzt. Wie ist das möglich?

Welche Ortsstraßen in Brühl sind noch nicht temporeduziert?

Nicht auf Tempo 30 herabgesetzt sind laut Brühler Ordnungs- und Hauptamtsleiter Jochen Ungerer nur noch sogenannte breite Straßen wie beispielsweise der Schrankenbuckel ab der Einmündung der Römerstraße bis zur Nibelungenstraße. Das Gleiche gelte für die Brühler Straße vom Kreisel Nibelungenstraße bis Falkenstraße – danach werde es enger, auch wegen des dortigen Fahrradweges. Außerdem gilt die Regelgeschwindigkeit 50 Kilometer pro Stunde in der Rheinauer Straße.

Ist das in Brühl in Stein gemeißelt oder könnte sich auch da etwas ändern?

Laut Ungerer ist diese Regelung mit dem Begriff „erst mal“ zu beschreiben. Auch beim Schrankenbuckel sei man seitens der Gemeindeverwaltung dran, das Tempo rauszunehmen. Man sei in Brühl bestrebt, alle innerörtlichen Straßen auf Tempo 30 zu reduzieren. Nun warte man auf die Gesetzesnovelle.

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Wie schaut es mit der Mannheimer Landstraße in Brühl aus, bei der ebenfalls Höchsttempo 50 gilt?

Die ist eine Kreisstraße, für die das Landratsamt zuständig ist. Gleichwohl habe man seitens der Gemeindeverwaltung auch wegen der großen Seniorenheime dort für Tempo 30 gekämpft, erklärt Ungerer. Allerdings habe die zuständige Kreisbehörde festgestellt, dass da keine Änderung vorgenommen wird. Als Grund für diese abschlägige Entscheidung sei angeführt worden, dass es auf den Gehwegen genügend Platz gebe, dass Fußgänger nicht mit dem Autoverkehr in Konflikt geraten, fasst Ungerer zusammen.

Wer entscheidet, ob das Tempo in Brühl reduziert werden soll?

Die Kommune arbeitet für die Gemeindestraße mit einer Verkehrstagefahrt. Diesem Gremium gehören Vertreter des Bauamtes, des Ordnungsamtes, der Freiwilligen Feuerwehr sowie der Polizei aus Mannheim und Brühl an. Dort werden die neuralgischen Punkte angesprochen und die notwendigen Gründe für die Veränderung bewertet. Deshalb könne man auch nicht innerhalb kürzester Zeit eine Ortsstraße von Tempo 50 auf 30 beschränken. Gleichwohl wolle man bei der nächsten Verkehrstagefahrt rund um den nahenden Jahreswechsel noch einmal die letzten Tempo-50-Straßen im Ort auf die Agenda bringen.

Welche Gründe waren das bei den jüngsten Temporeduzierungen?

In der Nibelungenstraße wurde als Argument der erhöhte Busverkehr in dieser Straße angeführt. Dadurch entstehe jeweils eine deutliche Verengung für den übrigen Verkehrsfluss. Damit bestehe eine erhöhte Gefahr für Unfälle. In der Hildastraße wurde das Tempo reduziert, um die dortigen Radfahrer besser zu schützen. Laut einer Studie des Umweltbundesamts benötigen Autofahrende bei Tempo 50 doppelt so lange, um anzuhalten wie bei Tempo 30. Auch Unfälle zwischen Autos und Fußgängern oder Radlern endeten demnach bei Tempo 50 häufiger tödlich.

Warum gilt das dann nicht auch für den Brühler Schrankenbuckel?

Laut Ungerer besteht da das Argumentationsproblem darin, dass diese Straße insgesamt breit ausgebaut sei. Damit gebe es keine rechtlichen Gründe laut Straßenverkehrsordnung, eine Verlangsamung des Verkehrs zu erzwingen. Allerdings verweist Ungerer darauf, dass eine Novellierung des Gesetzes initiiert wurde. Das Ziel sei dabei, auch solche Straßen, die von verstärktem Schülerverkehr betroffen sind, auf Tempo 30 beschränken zu können. Das würde sicherlich auf den Schrankenbuckel zutreffen, aber auch auf die Rheinauer und Brühler Straße. Doch im Moment sei diese gesetzliche Regelung noch nicht beschlossen – man müsse also abwarten.

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Welche Rolle spielt die Lärmbelästigung für Brühler Anwohner bei einer solchen Entscheidung?

Auch sie gilt als wichtiger Grund, weshalb beispielsweise die Wohngebiete durchweg mit Tempo-30-Regelungen versehen worden sind, erklärt der Ordnungs- und Hauptamtsleiter auf Nachfrage unserer Zeitung. Weitere Beispiel sind zudem die Ketscher und Schwetzinger Straße, die vom Land aufgrund der Lärmkartierung von 50 auf 30 gesetzt wurden – das wird ja auch explizit an den Schildern erklärt. Inzwischen liegt eine neue Lärmkartierung vor, die seitens der Gemeinde nun auf ihre lokale Auswirkung überprüft wird. Laut Untersuchungen senkt Tempo 30 innerorts den Verkehrslärm um ein bis drei Dezibel gegenüber Tempo 50.

Wenn fast alle Straßen in Brühl von der Höchstgeschwindigkeit her reduziert werden – warum weist man dann nicht flächendeckend Tempo-30-Zonen wie in Ketsch aus?

Das wolle man in Brühl nicht machen, heißt es aus dem Rathaus. Denn in solchen Bereichen ist automatisch die Rechts-vor-links-Vorfahrtsregel vorgeschrieben. In der Hildastraße war zunächst überlegt worden, eine solche flächendeckende Regelung anzustreben, doch habe man wegen der Einmündung der Erzberger Straße davon Abstand genommen, „denn ansonsten würde da durch die Veränderung der schon ewig bestehenden Vorfahrtsregel sicherlich ein neuer Unfallgefahrenpunkt entstehen“, meint Ungerer. Es gibt dort also keine Zone, sondern nur ein Tempolimit.

Halten sich die Autofahrer mehrheitlich an die Höchstgeschwindigkeiten in Brühls Tempo-30-Straßen?

Das sollen unter anderem die aktuellen Überwachungen der Hilda- und der Nibelungenstraße mit Mess- und Hinweistafeln durch die Ordnungsbehörde zeigen. Als erste grobe Zwischenbilanz stellt Ungerer aber fest, dass bereits eine Verbesserung zu erkennen sei. „Die Autofahrer sehen diese Tafeln und gehen spätestens dann mit der Geschwindigkeit runter.“ Das allgemeine Tempo habe sich augenscheinlich reduziert.

Redaktion

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