Eppelheim. Am Ende steht ein Erfolg. Die Monsterwiese ist nun ein Ort der Begegnung. Für Jugendliche, aber auch für Erwachsene, so die beiden Sprecher des Jugendbeirates Melisa Tink und Silas Gundt. Auf Initiative des 18-köpfigen Jugendbeirates gestaltete die Stadt Eppelheim die Monsterwiese für knapp 14 000 Euro in einen Bürgerpark um. Dafür wurden auf der Wiese zwei Tore, zwei Sitzbänke, ein Tischtennistisch und zwei Mülleimer sowie eine solarbetriebene Laterne aufgestellt. Damit könnte alles gut sein – und das ist es natürlich auch. Aber es gibt in dieser Geschichte einen dunklen Fleck, der im Kleinen zeigt, woran die Demokratie in Deutschland, in Europa und den USA krankt.
Eppelheimer Bürgermeisterin erhält unverschämte Briefe und Mails
Es ist ein Punkt, den die Bürgermeisterin Patricia Rebmann umtreibt. Weil er am Ende dazu führen kann, dass sich gerade junge Menschen enttäuscht von der Demokratie abwenden und diese damit ihre Legitimation verliert.
Demokratie lebt davon, dass Menschen einander zuhören, aufeinander zugehen und eine gemeinsame Lösung finden. Und zwar nicht die, die Einzelne verwirklicht sehen wollen, sondern die, die für das Gemeinwohl am nützlichsten ist und in der auch eine Mehrheit Rücksicht auf eine Minderheit nimmt. Alles Faktoren, die in den Augen Rebmanns von den Jugendlichen im Rahmen dieses Bürgerparkprojekts mustergültig gelebt worden seien.
Leider kann sie das über viele Erwachsene, die hier eine Rolle spielten, nicht sagen kann. Im Zuge dieses Projekts bekam die Bürgermeistern Briefe und Mails, die sich nicht einmal mehr in Sichtweite zur Gürtellinie bewegten. Und auch das Treffen vor Ort, bei dem die Mitglieder des Jugendbeirates das Projekt erläutern wollten, geriet in weiten Teilen zu einem alle demokratietheoretischen Fundamente hohnsprechenden Ereignis.
Engagement für Demokratie: Jugendbeirat in Eppelheim gibt nicht auf
Für die Bürgermeisterin sei das erschütternd gewesen. „Ich habe mich für die Stadt noch nie so geschämt.“ Umso stolzer ist sie auf die Jugendlichen. Dass sie bei all dem in großen Teilen beleidigenden Gegenwind durchgehalten haben, sei alles andere als selbstverständlich. „Ich hätte verstanden, wenn sie zu dem Schluss gekommen wären, dass sich Engagement in Demokratien nicht lohne.“ Für die Jugendlichen war das aber anscheinend keine Option. Ja, so Gundt und Tink, mit so viel Widerstand hätten sie nicht gerechnet. Als sie das Projekt im Gemeinderat präsentierten, wurden aus den erwarteten zehn bis 15 Minuten mehr als 90 Minuten. Noch heftiger wurde es beim Vor-Ort-Termin. 60 Leute standen den rund zehn Jugendlichen auf der Monsterwiese gegenüber. Und was folgte, war, wie es Rebmann formulierte, „niederschmetternd“.
Wie anständige Demokratie nicht geht, hätten die Erwachsenen den Jugendlichen hier sehr deutlich gezeigt. Die meisten hätten gar kein Interesse an einem Dialog gehabt. Zuhören war die Ausnahme und der Dialogmodus bestand vor allem in lauten Beschuldigungen. Darunter der Vorwurf, dass die Wiese so doch nur zum großen Drogenumschlagsplatz werde. Man sieht den Jugendlichen heute noch an, dass sie sich damals wie in einem falschen Film fühlten. So viel Abneigung gepaart mit genauso viel Unhöflichkeit haben sie nicht erwartet. Für Sophie fühlte es sich an wie „ein Schlag in die Magengrube“. „Wir“, so auch Lara und Raphael, „haben das einfach nicht kommen sehen“. Dana zeigte sich gegenüber der Schwetzinger Zeitung immer noch empört. „Sie haben uns angeschrien, nicht ausreden lassen, ja, sie haben uns überhaupt nicht zugehört“.
Nächster Auftritt im Eppelheimer Gemeinderat
Krass sei es auch gewesen die Briefe zu lesen. Es soll nichts daraus zitiert werden. Aber im Grunde hätten diese Briefeschreiber mit fast jeder Zeile erklärt, dass die Jugend schlecht sei und ihre Interessen keine Rolle spielten. Eine Behauptung, die übrigens so alt wie die Menschheit sein dürfte – erstmals festgehalten auf einer Tontafel der Summerer, 3000 vor Christus. Einen Höhepunkt erlebte die Jugendkritik im antiken Griechenland. Von Sokrates über Platon bis Plutarch und Aristoteles reichte die Front derer, die die Jugend als faul und verkommen deklarierten. Es sind Einschätzungen, die bis heute anzutreffen sind. Am Ende bleibt hierzu nur der Gedanke, dass das zivilisatorische Heute nicht zu erklären wäre, wenn sie alle recht gehabt hätten.
Das einzig Erfreuliche an dieser ganzen Geschichte, so Rebmann, die Jugendlichen hätten standgehalten und seien stets sachlich geblieben. „Ich hätte das zu meiner Jugendzeit eher nicht geschafft.“ Und so spricht sie, genau wie Kirsten Hübner-Andelfinger, Leitern des Amtes für Stadtentwicklung und Immobilienmanagement, und David Stoiber, Leiter des Amtes für Ordnung, Bildung und Bürgerservice, immer wieder vom „allergrößten Respekt“, der den Jugendlichen gebühre. Am Ende hätten sie doch bewiesen, dass sich Engagement lohne. Eine Sicht, die die Jugendlichen teilten. An Aufgeben, so Tink und Gundt, „haben wir nie wirklich gedacht“. Ein Satz, der Hoffnung für die Zukunft der Demokratie macht. Gespannt sind sie auf ihren nächsten Auftritt im Gemeinderat am 3. Juni. „Wir werden hier für unser nächstes Vorhaben einstehen.“ Und natürlich hoffen sie, dass sie darin ernst genommen werden.
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