Sommerthemen (3)

Fußgängerzone in der Karlsruher Straße? Die Meinungen der Hockenheimer Fraktionen gehen auseinander

Soll der Verkehr dauerhaft aus der Karlsruher Straße in Hockenheim verbannt werden? Oder würde das den Geschäftsleuten zu sehr schaden? Eine Antwort hat die Kommunalpolitik noch nicht - auch nach dem Projekt „The Städt“.

Von 
Matthias Mühleisen
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Zu einer temporären Fußgängerzone hat das Projekt „The Städt“ die Karlsruher Straße Ende Mai bis Anfang Juni gemacht. Ein klares Signal für einen dauerhaften Beschluss haben die Fraktionen des Gemeinderats daraus nicht erkennen können. © Dorothea Lenhardt

Das Wichtigste in Kürze

Der dritte Teil unserer Sommerthemenreihe ist wohl weniger emotional aufgeladen als die Rathausstraße 8 und nicht so kostspielig wie das Aquadrom, dennoch sind auch zu einer möglichen Fußgängerzone in der Karlsruher Straße die Meinungen unterschiedlich. Keine Fraktion fordert vehement die Schließung, auch wenn die Verkehrsbelastung als zu hoch eingestuft wird. Die weitere Sperrung für die Brückensanierung könnte weiteren Aufschluss bieten.

Hockenheim. Die Karlsruher Straße ist die Straße in Hockenheim, für die bisher wahrscheinlich die meisten Mittel in Form von Gutachten und Wettbewerben ausgegeben wurden, erinnert die FWV-Fraktionsvorsitzende Gabi Horn. Als zentrale Einkaufsstraße müsse sie erlebbar gemacht werden, um als Anziehungspunkt zu fungieren. Die Umwandlung in eine Fußgängerzone stehe wieder einmal zur Diskussion, die Maßnahme des Landes „The Städt“ sollte Ansatzpunkte hierzu aufzeigen. Ob sie tatsächlich neue Aspekte aufgezeigt hat, sei fraglich, meint Gabi Horn.

Freie Wähler favorisieren Sperrung von Freitagnachmittag bis Sonntagnacht

Leider habe die Bürgerbeteiligung bei der Befragung und bei dem anschließenden Workshop zu wünschen übrig gelassen. Einerseits wünschte man sich Belebung in der Innenstadt. Auch die Geschäftsinhaber erwarten hier Unterstützung, wird es doch immer schwieriger, gegen das Online-Geschäft anzukommen. Eine Schließung der Straße wäre aber für viele Inhaber schwierig. Manche Geschäftsleute befürchteten, dass ihre Kunden oder Besucher ohne direkte Park- oder Zufahrtsmöglichkeiten wegbleiben.

Andererseits sei aber von den Anwohnern eine Beruhigung der Straße gewünscht, weil der Verkehr zu laut und die Frequenz der durchfahrenden Fahrzeuge zu hoch ist. Es müsste ein Mittelweg gefunden werden. „Wir Freien Wähler haben uns gefragt, wie dieser aussehen könnte. Eine von uns favorisierte Möglichkeit, die Straße nur von Freitagnachmittag bis Sonntagnacht zu sperren und sie ansonsten offenzulassen. Das wäre auch praktisch umsetzbar mit versenkbaren Pollern“, sagt Gabi Horn.

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Über die Frage, ob dann die gesamte Straße von Fortunakreuzung bis Ecke „Et cetera“ oder nur ein Teil gesperrt werden sollte, kann noch diskutiert werden. Feststehen muss aber auch, dass dann ausschließlich Berechtigte die Möglichkeit zur Zufahrt haben und dies ordnungsrechtlich überwacht wird.

CDU: Versuch hat bewiesen, dass eine Fußgängerzone kein Selbstläufer ist

Aus Sicht der CDU hat die Versuchsphase ein völlig unerwartetes Ergebnis geliefert. „Bei unseren Infoständen waren gefühlt 90 Prozent der Bürger für die Fußgängerzone. Von daher ist die verhaltene Resonanz überraschend, aber insofern positiv, als der Versuch bewiesen hat, dass eine Fußgängerzone kein Selbstläufer ist“, fasst es CDU-Vorsitzender Patrick Stypa zusammen.

„Es war richtig und wichtig, dass nach all den quälend langen Diskussionen endlich mal was gemacht wird. Zu viele Themen werden in Hockenheim zerredet, anstatt dass man es einfach mal ausprobiert“, ergänzt Oskar Stephan, der lange Zeit auf eine Fußgängerzone gehofft hatte. Unterstützt wird er von Thorsten Völlmer: „Wir wünschen uns, dass die öffentliche Bestuhlung, die schöne Bepflanzung sowie die große Anzahl der akkurat aufgestellten Blumenkübel so beibehalten oder wiederhergestellt werden, denn das waren definitiv die Pluspunkte der Versuchsphase“.

Stadträtin Bärbel Hesping verweist auf einen CDU-Antrag, die anstehende Brückensanierung in 2026 erneut als Testphase zu nutzen. „Der obere Teil der Karlsruher Straße muss dann sowieso für den Autoverkehr gesperrt werden. Falls die Anwohner und Gewerbetreibenden mitziehen, dann könnte diese Sperrung als zweite Fußgängerzone-Versuchsphase umgemünzt werden. Sollte auch diese Versuchsphase kein Votum für die Fußgängerzone bringen, dann ist dies für uns eine abschließende Antwort, mit der wir ebenfalls leben können“.

SPD: Strikte Durchsetzung von Regeln würde viele Probleme lösen

Mit dem Projekt „The Städt“ wurden neben Maßnahmen auch Evaluationen durchgeführt, die es im nächsten Schritt zu bewerten gelte, teilt Stadtrat und Ortsvereinsvorsitzender Jakob Breunig mit. Diese wurden in einem öffentlichen Workshop für Bürger erarbeitet und werden dem Gemeinderat noch vorgestellt. Mit diesen Ergebnissen könnten dann nächste Schritte skizziert werden. Wichtig sei für die SPD-Fraktion, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung, die Parkregelungen und die Straßenverkehrsordnung für Autos ebenso wie für Radfahrer, E-Scooter, Roller und Motorräder strikt durchgesetzt werden. Breunig: „Dies würde einen großen Teil der Probleme lösen.“

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Die Neuaufstellung der Blumenkübel war eine positive Maßnahme, die sowohl zu einem schöneren Anblick der Straße als auch zur Verringerung von wildem Parken führte. Daneben stehen zusätzliche Maßnahmen zunächst einmal in Zusammenhang mit den Ergebnissen des Projekts. Außerdem werden Randbedingungen wie eine mögliche zukünftige Sanierung der Brücke eine weitere Sperrung für Fahrzeuge mit sich bringen.

Grüne: Sanierungsgebiet „Stadtmitte“ eventuell doch noch in Angriff nehmen

Mit „The Städt“ gab es einige beachtenswerte Impulse bei Umsetzung einer Fußgängerzone. Eine Erkenntnis sei allerdings auch, dass es nicht reichen werde, die Karlsruher Straße - das „Rückgrat der Stadt“ - einfach zur Fußgängerzone zu erklären und auf Akzeptanz zu hoffen. Fraktionsvorsitzende Elke Dörflinger meint: „Eine zentrale Rolle für eine Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität hat die Steigerung der Einkaufsmöglichkeiten und der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt. Daran muss aktiv gearbeitet werden.“ Gezeigt habe der Versuch sehr konkret, dass noch viele Fragen zu klären seien, wie die Sicherung der Erreichbarkeit von Dienstleistungen und Praxen. Einige Gewerbetreibende waren sehr zufrieden mit der Besucherfrequenz, so Dörflinger, andere wiederum nicht und haben sich erst einmal dagegen ausgesprochen.

Adolf Härdle erinnert sich an viele grundsätzliche Diskussionen in den zurückliegenden 25 Jahren. So sei bereits in 2001 bei einer öffentlichen Veranstaltung der Grünen über das Pro und Contra einer Fußgängerzone diskutiert worden, die Verwaltung und praktisch alle Fraktionen hätten in den Folgejahren das Gespräch mit den Einzelhändlern und den Einwohnern gesucht. Die Voraussetzung für eine Fußgängerzone sei allerdings erst durch den im Zuge des HÖP erfolgten Ausbau der Unteren Mühlstraße und die mögliche Umleitung des Verkehrs gegeben gewesen.

Die Wirtschaftsförderung der Stadt habe sich erfolgreich um das Landesprojekt „The Städt“ beworben. „Das ist für uns ein richtiger Schritt gewesen, um das Thema weiter voranzubringen und einer Entscheidung zuzuführen.“, betont Härdle. Die in Reih‘ und Glied angeordneten Blumenkübel reichten natürlich für eine identitätsschaffende Gestaltung der Innenstadt nicht aus. Damit man sich gerne in der Innenstadt aufhält, gehörten neben Gewerbe grüne Inseln mit Bäumen, Wasser, Bänke, Trinkwasserbrunnen dazu – vor allem auch angesichts der zunehmend wärmer werdenden Sommer.

Frequenzbringer für Pkw, aber nicht für Besucher

„Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Karlsruher Straße ein wesentlicher Frequenzbringer für Pkw, aber nicht für Besucher“, stellt Christian Keller fest. Unsere Zählungen ergaben im Jahr 2024 an Samstagen zwischen 300 und 450 Fahrzeuge, die sich durch die Karlsruher Straße zwängten – in zwei Stunden. Die Brücke am HÖP, die zur Entlastung der Karlsruher Straße vorgesehen wurde, sei im gleichen Zeitraum mit nur circa 40 Fahrzeugen gering frequentiert gewesen. Insofern sollten die derzeitigen Alternativen in der Ludwig-Grein-Straße und Kaiserstraße ausreichen.

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Deshalb ist aus Sicht der Grünen zu prüfen, inwieweit das ursprüngliche Sanierungsgebiet „Stadtmitte“ nicht doch noch in Angriff genommen werden kann. Dazu gehöre auch der von Parkplätzen dominierte und überwiegend der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzte zugepflasterte Zehntscheunenplatz. Eine nachhaltige Innenstadtentwicklung bedeute, Räume zu schaffen, die heute und zukünftigen Generationen eine gesunde und vielfältige Lebensqualität bieten, darin sind sich die Fraktionsmitglieder Adolf Härdle, Christian Keller und Elke Dörflinger einig.

FDP: Lebensqualität verbessern, Verkehr leistungsfähig erhalten

Die Karlsruher Straße ist eine der wichtigsten Verkehrsachsen Hockenheims – für Besucher, Anwohner, Gewerbetreibende und den regionalen Durchgangsverkehr, der die Straße stark belastet. Gleichzeitig ist sie eine zentrale Lebensader unserer Stadt: Sie verbindet Verkehr, Handel und Begegnung. Doch gerade dieser Verkehr bringt auch erhebliche Belastungen mit sich – Lärm, Abgase und Verkehrsgefährdung prägen den Alltag vieler Anwohner. Für uns als FDP ist klar: Wir brauchen eine Lösung, die sowohl die Lebensqualität der Anwohner verbessert als auch die Leistungsfähigkeit des Verkehrsnetzes erhält. Einzelmaßnahmen wie Tempolimits oder punktuelle Umbauten reichen nicht aus, wenn sie nicht in ein durchdachtes Gesamtkonzept eingebettet sind.

Gleichzeitig setzen wir auf die Belebung der Innenstadt: mehr Aufenthaltsqualität, ansprechende Gestaltungselemente, Ruhebereiche und ein vielfältiges Handels- und Gastronomieangebot. Hierfür ist der enge Austausch mit den Einzelhandelsunternehmen und dem Hockenheimer Marketing-Verein entscheidend. Wir wollen bestehende Geschäfte stärken und neue Ansiedlungen gezielt fördern – auch durch Beratung und, wo möglich, kleine finanzielle Anreize.

Wir wissen, dass die Vorstellungen der Bürger zur Zukunft der Karlsruher Straße sehr unterschiedlich sind. Das macht Entscheidungen nicht leichter – umso wichtiger ist ein transparenter Beteiligungsprozess, in dem Argumente gehört und abgewogen werden. Große Bauprojekte müssen in der aktuellen Haushaltslage realistisch bleiben. Ziel ist eine nachhaltige, bezahlbare und von der Bevölkerung mitgetragene Lösung, die Hockenheim verkehrlich fit macht und gleichzeitig die lebendige Innenstadt stärkt.

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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