Hockenheim. Der Einstieg ist filmreif – oder besser: filmisch. Der dreieinhalbminütige Imageclip unter dem Motto „Mehr als nur die Rennstadt“ reiht zu dramatischer Musik die Sonnenseiten der Stadt aneinander, wirft Schlaglichter auf Ring, HÖP, Gartenschaupark, Zehntscheune und Skateanlage, zeigt Straßenfeste und Nacht der Musik, Rennen und andere Events, die die Erlebnismöglichkeiten Hockenheims abbilden. Am Stand auf der Bundesgartenschau sei der Film gut angekommen, demnächst soll er auch auf der Stadt-Homepage abrufbar sein.
Investorenpartnerschaft am Hockenheimringring
Als Einstiegsthema seines rund einstündigen Vortrags wählt Marcus Zeitler, der wie beim Auftritt 2019 ohne Manuskript spricht und eine Powerpoint-Präsentation mit Bildern und Grafiken zeigt, den Hockenheimring. Im Wahlkampf ein zentrales Thema, sorgte unter anderem Corona dafür, dass es zur geplanten Bürgerversammlung über die Zukunft der Rennstrecke nicht gekommen ist. Doch die Entwicklung ist positiv, erklärt der OB: Die Verschuldung sei von 26,7 auf 21,2 Millionen Euro reduziert worden. In Instandhaltungen fließen dieses Jahr 3,8 statt 2,1 Millionen Euro 2019 und das Eigenkapital habe sich von 5,8 auf 10,5 Millionen Euro fast verdoppelt. Das Team am Ring habe tolle Arbeit geleistet, kümmere sich intensiv auch um neue Marktfelder.
Die Vorbereitungen für 2024 laufen gut, an Problemen bei der An- und Abfahrt arbeiteten Stadt und Ring GmbH: „Wir wissen, dass es Nachbesserungsbedarf gibt und dass es auch Fehler bei uns gab, wir nicht alles optimal betreut haben.“ Mit einer „nachhaltigen Investorenpartnerschaft“ soll der Ring zukunftsfähig gemacht werden. Dazu werde ein tragfähiges Konzept mit Gemeinderat und Gesellschafterversammlung erarbeitet und in einer Bürgerversammlung vorgestellt.
Investitionen in die Hockenheimer Infrastruktur
40 bis 50 Millionen habe die Stadt in den vergangenen vier Jahren in ihre Infrastruktur investiert. Bei der Digitalisierung sei sie von der Kreisliga in die Champions League aufgestiegen. Den Corona-konformen Bürgersaal für Gemeinderatssitzungen nannte Zeitler ebenso wie Verbesserungen in Schulen, Bürgerservice und mit Signaturtablets im Bauhof. Die Freiwillige Feuerwehr funkt ebenfalls digital, ein neues Fahrzeug wurde in Dienst gestellt. Nächstes Projekt sei die Neubeschaffung der Drehleiter für 1,1 bis 1,3 Millionen Euro.
Die Beseitigung des Schandflecks Obdachlosenunterkunft im Hofweg und die Eröffnung der betreuten Einrichtung im DRK-Quartier Auchtergrund sei ein wichtiger Schritt nach vorn im sozialen Sektor. Gleiches gelte für die Grundstücksvergabe für den sozialen Wohnungsbau an der Ecke Hubäckerring/Max-Planck-Straße. Beratungsangebote wurden ausgebaut und sollen verstärkt genutzt werden.
Dringendem Sanierungsbedarf unter anderem in Gasleitungen und Kanal hat die Stadt in Oberer Hauptstraße, Oftersheimer- und Bürgermeister-Hund-Straße abgeholfen. Geld fließe auch weiter in barrierefreie Bushaltestellen – durchschnittlich 50 000 Euro je Anlage.
In die Schulen steckt die Verwaltung jedes Jahr eine siebenstellige Summe, um den hohen Standard zu halten. Woher die 50 Millionen Euro kommen sollen, die in den notwendigen Neubau der Theodor-Heuss-Realschule fließen sollen, kann der OB noch nicht sagen.
Kulturangebot in Hockenheim auf neuer Basis
Einen neuen Weg sei die Stadt bei der Kultur gegangen, indem die Regie über die beiden Veranstaltungsorte Stadthalle und Pumpwerk in eine Hand gelegt wurde. Mit ihren Veranstaltungskalendern seien beide Einrichtungen inklusive des Restaurants „Rondeau“ hervorragend aufgestellt, sagte Zeitler.
Das Team des Bauhofs sei der Teil der Verwaltung, den die Bürger am häufigsten in der Stadt zu sehen bekommen. Neustrukturierungen gleich nach seinem Dienstantritt hätten sich bewährt, sagte der OB. Nun werde der Wandel auch baulich fortgesetzt. Das Bestandsgebäude aus den 1960er Jahren wird modernisiert, ein Anbau entsteht seit Juli 2022, der auch Teile der Bauverwaltung aufnimmt. Neue Hochregale und eine zusätzliche Halle ermöglichen eine effizientere Aufbewahrung der Ausrüstung, die zunehmend umweltfreundlich elektrifiziert werde. Viele Pflegemaßnahmen bleiben inzwischen im Haus und werden nach Neueinstellungen nicht mehr fremdvergeben.
Suche nach Neubaumöglichkeiten in Hockenheim
Unter „Aktuelles“ kündigte Marcus Zeitler die Sanierung von Otto- und Rathausstraße an. Das Stauraumvolumen im Abwasserbereich werde mit der Erweiterung des Regenüberlaufbeckens für 2,2 Millionen Euro erhöht. Für die Umsetzung des Gewerbegebiets Mörscher Weg sei ein Schutzkonzept für die Haubenlerche in Auftrag gegeben worden, das im Frühjahr 2024 vorliegen und helfen soll, die Bedürfnisse von Betrieben einerseits und Natur- und Artenschutz andererseits unter eine Haube zu bekommen.
Neben Gewerbegrundstücken fehlen der Stadt auch massiv Wohnungen. Daher müsse jedes Grundstück auf seine Bebauungsmöglichkeit geprüft werden. Die 88 in Hockenheim bekannten Areale werden dafür kaum ausreichen. Unterbringung: Zelte statt Hallen
Klare Ansage des OB in Sachen Unterbringung Geflüchteter: „Ich werde keine Schulsport- oder Stadthalle als Unterkunft belegen.“ Eher werde eine Zeltstadt errichtet oder leer stehenden Wohnungen belegt, von denen etwa 30 im Stadtgebiet bekannt seien. Das Gebäude Rathausstraße 8 könne nach einem Gerichtsurteil erst nach Umzug des Altenheims St. Elisabeth in seinen Neubau genutzt werden. Die Stadt müsse dieses Jahr noch 110 bis 120 Menschen unterbringen, im kommenden Jahr weitere 100 bis 150. Die Stadt komme ans Limit, was die Kapazitäten für Unterbringung und Integration angehe – der Gesetzgeber sei hier gefordert.
Ich werde keine Schulsport- oder Stadthalle als Unterkunft belegen.
Keine Hoffnung auf eine baldige Lösung vermittelte der Oberbürgermeister zum Herrenteichgelände. Sämtliche Vermarktungsversuche der Stadt seien in den vergangenen zwölf Monaten ins Leere gelaufen, allein die Entsorgungskosten werden auf 2,2 Millionen Euro geschätzt, unterirdischer Sanierungsbedarf sei noch nicht ermittelt. Von 30 Interessenten seien noch zwei übrig – mit geringen Aussichten. „Ich weiß langsam nicht mehr, was ich damit machen soll“, gestand Zeitler.
Einschränkungen am Hockenheimer Aquadrom?
Dass der Verlust des Aquadrom-Betriebs von bis zu 3,7 Millionen Euro den gesamten Gewinn der Stadtwerke als Badbesitzer auffrisst, sei nicht dauerhaft hinzunehmen – das Geld fehle für Investitionen in die Infrastruktur. Dass die Hockenheimer nur 28 Prozent der Besucher stellen, ebenso wenig. Die Verantwortlichen machten sich „ernste Gedanken“ über Abhilfe. Wenn die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit erreicht sind, müssten bestimmte Instandhaltungen ausgesetzt oder Bereiche geschlossen werden, beschrieb Zeitler den Ernst der Lage.
Beim Ausblick zeigte der OB in der Präsentation sein Bild vom Schwarzen Loch: Prognosen zur Finanzlage seien schwierig, Anhebung der Kreisumlage, sinkende Finanzausgleichseinnahmen Personalzuwachs für die Kindertagesstätten, Tarif- und Kostensteigerungen belasten die Liquidität. Zeitlers „Riesenbitte: Gehen Sie nächstes Jahr wählen.“ Demokratie lebe vom Mitmachen. Die Herausforderungen nach seiner Meinung in drei Worten: Rezession, Inflation, Migration.
Hatten die Hockenheimer bei Zeitlers erster Bürger-Infoveranstaltung 2019, die etwas besser besucht gewesen war, noch keine Fragen, so entwickelte sich am Dienstagabend nach kurzer Anlaufzeit ein munterer knapp 40-minütiger Dialog, in dem auch Kritik an der Arbeit der Verwaltung geäußert wurde.
Warten auf Antworten aus dem Hockenheimer Rathaus
Eine Anwohnerin des Siegelhains verwies auf die Schadstoffe auf dem Herrenteich, gegen die nichts unternommen werde. Die Stadt hätte bei rechtzeitigem Handeln die Verursacherfirma in Regress nehmen können. Marcus Zeitler räumte ein, in der Vergangenheit sei einiges schiefgelaufen. Akute Gefahr für die Anwohner bestehe aber nicht.
Einfacher abzuhelfen ist die Bitte einer Bürgerin, die beim Ausgang der Hartmann-Baumann-Schule zur Verkehrssicherung ein Hinweisschild „Vorsicht, Kinder“ anregte.
Über abgelehnte Grünschnitt-Anlieferungen bei der Hoba, weil die Zweige angeblich zu dick waren, um sich maschinell zu zerkleinern, berichtete ein Anwohner der Schwetzinger Straße, der sich auch darüber wunderte, dass die Stadt nichts gegen einen Lkw unternommen habe, der Stellplätze am Baggersee bei der Nordeinfahrt blockierte, sondern ein Parkplatzschild aufstellte. Und keine Antwort schickte.
Auf eine Antwort aus dem Rathaus wartet auch seit 5. August ein Bürger, der dort über Verkehrsprobleme zwischen Fußgängern und Radfahrern berichtet habe. Mehr Schattenplätze im Aquadrom wünschte sich ein Familienvater, der die neuen Freibadkarten lobte. Die Stadtwerke sollten ihre digitalen Anmeldemöglichkeiten verbessern.
Eine Schnelllademöglichkeit für E-Autos vermisste ein Bürger aus dem Altwingertweg. Zeitler sicherte einen weiteren Ausbau zu, wenn dieser auch langsam und schrittweise vorangehe. Ein Besucher berichtete von acht Schnellladesäulen, die auf dem Globus-Parkplatz vorbereitet seien und von der EnBW demnächst betrieben werden sollen.
Zum Stand der Dinge bei der Wärmeplanung erkundigte sich ein Bewohner der Straße In der Clamm. Das Konzept der Stadt solle Ende des Jahres vorliegen, hoffte der OB. Man habe indes viele Konzepte – doch für deren Umsetzung fehle der Spielraum, finanziell und personell. Der Gesetzgeber mache es sich da zu leicht.
Eine Frage betraf die Güterbahnstrecke Karlsruhe-Mannheim: Noch sei nichts entschieden, es seien noch sechs oder sieben Entwürfe in der Diskussion, antwortete der OB und bot einen Informationsabend der Fachleute der Bürgerinitiative Stille Schiene an. Die Stadt fordere aber von der Bahn noch den Schallschutz ein, den sie 1981 versprochen habe.
Parkchaos rund um DTM am Hockenheimring aufarbeiten
Auf die Verkehrsprobleme bei der DTM kam ein Anwohner der Contistraße zurück. Er fragte, ob die Rennbesucher alle Freiheiten hätten, während Anwohner Strafzettel bekämen. Er habe den Eindruck, es sei nichts unternommen worden. „Es war ein absolutes Chaos“, räumte der OB ein und kündigte Gespräche mit allen Beteiligten an. Das genügte einem Anwohner der Birkenallee nicht: Die Stadt sehe die Schwachstelle, biete aber keine Lösung an: „Wir wollen eine professionelle Organisation.“ Die Situation gehe oft auf menschliches Versagen zurück, etwa wenn Ordner ihre Posten verlassen, so der OB. Ein Mann aus der Continentalstraße meinte, bei drei Chaoswochenenden von 52 im Jahr müsse man ein Auge zudrücken.
Es war ein absolutes Chaos.
An der Grundsteuerreform wolle sich die Stadt nicht bereichern. Die Hebesätze würden so gestaltet, dass die Einnahmen für die Stadt auf dem bisherigen Niveau bleiben, sagte Zeitler unter Applaus. Ausnahme: Unbebaute Grundstücke, die Besitzer brachliegen lassen. Das Gebäude der Schule am Kraichbach wird abgerissen – aber erst 2025.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar DTM auf dem Hockenheimring: War das Chaos mit Ansage?