Oftersheim. Rund 7000 Pkw sind in Oftersheim zugelassen – die meisten davon Verbrenner. Doch so bleiben soll und – wenn es nach Klimaschutzmanager Martin Hirning geht – kann das nicht. Anlässlich der Entscheidung des Gemeinderats darüber, dass die Verwaltung vier neue Ladestandorte für Elektrofahrzeuge in Oftersheim schaffen will, hielt er einen Vortrag über die aktuelle Situation und gab einen Ausblick, wie er die Entwicklung und den Bedarf für die Gemeinde prognostiziert. So oder so: Das Gremium nahm den Beschluss einstimmig an, künftig soll es neue Ladesäulen an öffentlichen Stellplätzen an der Kurpfalzhalle, am Lessingplatz, am Alten Messplatz und in der Heidelberger Straße geben. Insgesamt soll die Maßnahme die Gemeinde etwa 13 000 bis 15 000 Euro für Netzanschluss und Fundamentarbeiten kosten, die Säulen selbst werden gemeinhin vom Ladepunktanbieter bezahlt.
Doch es war Hirnings einigermaßen zahlenlastiger Vortrag, der schon vor der Abstimmung aufzeigte, dass in dieser Hinsicht noch weitaus größere Aufgaben auf Oftersheim zukommen. Langfristig bräuchte die Gemeinde seinen Worten zufolge etwa 200 öffentliche Ladepunkte. Das wären 100 Säulen, für die es Standorte, Betreiber und Netzinfrastruktur braucht. An sich klingt das schon nach einer schwer umsetzbaren Zielsetzung, doch eine Hochrechnung des Klimaschutzmanagers zeigte gleich noch einen anderen Bedarf auf.
Auf privates der Oftersheimer Engagement hoffen
Anhand der Zahl der zugelassenen Fahrzeuge in Oftersheim, Schwetzingen und Plankstadt – rund 25 000 – sowie Daten zu Leistungen einer Zapf- und einer E-Ladesäule kam Hirning auf das Ergebnis, dass sich bei 200 öffentlichen Ladepunkten nur im Oftersheimer Gemeindegebiet 35 Fahrzeuge einen davon teilen müssten. Die Voraussetzung wäre, dass jeder Verbrenner durch ein E-Fahrzeug ersetzt würde. Das Problem: Mit der durchschnittlichen Entfernung, die ein E-Auto im Jahr zurücklegen würde und der dafür notwendigen Energie wäre jeder öffentliche Ladepunkt elf Stunden am Tag belegt. „Da würden sich die Menschen ja denken, dass sowieso immer besetzt ist und niemand steht nachts um eins auf, bringt sein Auto zur Ladesäule und holt es um zwei wieder ab“, kommentiert Hirning. Sein Fazit: Es braucht mittel- bis langfristig zusätzlich private Ladeinfrastruktur und die öffentliche müsse die Menschen auffangen, die im privaten Raum nicht laden könnten.
Nach diesen Ausführungen zeigte sich auch Bürgermeister Pascal Seidel einigermaßen ernüchtert, aber schloss sich dem Klimaschutzmanager inhaltlich an: „Da wird eine Kraftanstrengung von uns nötig sein, aber es ist auch an jedem Bürger, dabei mitzuhelfen. Das wird natürlich schwer im alten Ortskern mit den dortigen engen Straßen, aber das zeigt uns, dass wir es mit einem Thema zu tun haben, bei dem wir pragmatische Lösungen finden müssen.“
Aus dem Gremium ergaben sich trotz Einigkeit in der Sache einige weitere Fragen. Auf Anfrage von Gemeinderat Patrick Alberti (Grüne) erklärte Seidel, dass Netze BW auch bereits mit Edeka Embach wegen der möglichen Schaffung von Schnellladesäulen auf dem dortigen Parkplatz im Gespräch sei. Dr. Martin Schmitt (Freie Wähler) erkundigte sich, wie überwacht werden solle, dass die Plätze mit den Säulen ausschließlich zum Laden und nicht nur zum Parken benutzt würden. „Wir werden das natürlich beschildern und bei Überschreiten der Ladezeit wird eine Strafgebühr fällig“, erläuterte der Bürgermeister.
Peter Pristl (FDP) verwies darauf, dass die Kommune auch nicht das Tanken für Verbrenner mitbezahle und wollte – sozusagen fürs Protokoll – noch einmal festhalten, wieso die Gemeinde für Ladeinfrastruktur sorgt. „Wir müssen da jetzt einen Anschub machen, auch um einschlägige Firmen zu motivieren, hier weiterführend Lademöglichkeiten zu schaffen“, lautete Pascal Seidels Antwort – mit implizitem Hinblick darauf, dass die Mobilitätswende unabdingbarer Teil der Klimaneutralität in Oftersheim sein werde.
Laden an Tankstellen ist ein Sonderfall
Tillmann Hettinger (CDU) wollte eine Prognose von Martin Hirning dazu, wie sich die Infrastruktur für E-Autos an bereits existenten Tankstellen für Verbrenner entwickeln könnte. Denn die Zahl derer im Gebiet von Oftersheim, Schwetzingen und Plankstadt war ebenfalls Grundlage der Berechnungen des Klimaschutzmanangers. Viel dazu sagen konnte dieser allerdings nicht. „Das entscheiden letztlich die Mineralölkonzerne“, gab Hirning zu bedenken. „Bei Angeboten an einer Tankstelle müsste es sich außerdem um Schnellladesäulen handeln und für die bräuchte es erst mal ein fettes Kabel, das dorthin verläuft. Denn da reden wir nicht mehr von Leistungen wie 22 Kilowatt.“ Das ist der Wert, den die neuen Säulen in Oftersheim haben werden und den auch die Bestandsinfrastruktur am Parkplatz in der Eichendorffstraße hat.
Kerstin Schnabel (Freie Wähler) sagte im Namen ihrer Fraktion, dass sie sich freue, dem Beschluss zustimmen zu können. „Das stellt den Anfang einer langen Aufgabe dar, auch wenn es sich um ein Problem handelt, das Oftersheim nicht alleine lösen kann.“ Des Weiteren verwies sie darauf, dass nicht alle Bürger die Möglichkeit haben, private Ladestellen zu schaffen. Jens Rüttinger (SPD) nannte die Entscheidung des Gemeinderats von 2020, mit der Schaffung von Ladepunkten zu beginnen, richtungsweisend.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Mobilitätswende in Oftersheim: Es geht nur mit allen