Oftersheim. In Sachen billige Pointen ist die Digitalisierung in Deutschland ja gerne mal Zielscheibe zahlreicher Komiker. Ob das berechtigt oder fehlgeleitet ist, sollte jeder selbst entscheiden. Dass das Leben – auch in Schulen – zunehmend digitaler wird, lässt sich allerdings auch in Oftersheim nicht von der Hand weisen. Und deshalb hat sich Annette Hörstel, Leiterin der Gemeindebücherei, gemeinsam mit ihrem Team dazu entschieden, ein Angebot von Brockhaus an die Nutzer weiterzugeben.
Konkret geht es um den Online-Lernkurs „Smart im Netz – Medienwissen für Eltern (und Großeltern)“. Ziel des Ganzen ist laut Hörstel, Eltern das Handwerkszeug zu geben, um Kindern eine sichere, digitale Lernerfahrung gewährleisten zu können. Für Oftersheimer, die einen Büchereiausweis besitzen – und somit auch Zugangsdaten für das Online-Portal der Einrichtung – ist die Nutzung des Angebots kostenlos. Die Bücherei hat bei Brockhaus die Lizenz für den Kurs erworben.
Großes Repertoire an digitaler Bildung
„Da gibt es noch viel mehr, aber das hat uns am meisten angesprochen“, erläutert Annette Hörstel im Gespräch mit dieser Zeitung. „Da die Lizenz aber natürlich Geld kostet, geht da nicht alles auf einmal. Wir können uns aber vorstellen, vielleicht im kommenden Jahr, eins der anderen Angebote zu erwerben.“Bei der Entscheidung, was genau aus dem Repertoire von Brockhaus künftig für die Oftersheimer zugänglich sein soll, will das Büchereiteam auch auf die eigene Erfahrung setzen und auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagieren. „Feedback ist natürlich auch immer gut“, richtet sich Hörstel an die Nutzer. Unter anderem bietet Brockhaus auch Tipps zu digitalisierten Referaten oder Recherche im Internet.
Beim Kurs, der den Nutzern der Bücherei bereits jetzt zur Verfügung steht, geht es – knapp zusammengefasst – darum, Eltern die Möglichkeit zu geben, mit ihren Kindern im Gespräch zu bleiben, wenn diese sich, wie es in der Natur der Sache liegt, immer mehr im digitalen Raum bewegen und das auch schon im sehr jungen Alter. Unterteilt ist das Kursprogramm in eine Einführung und fünf Kapitel: Kinder und Jugendliche schützen, Urheber- und Persönlichkeitsrechte im Internet, Digitale Ethik, Gaming und Digitale Geräte kindersicher machen.
„Da ist einiges dabei, was man als Laie so sicher nicht auf dem Schirm hat“, findet Annette Hörstel, die das Angebot natürlich auch selbst getestet hat. Grundsätzlich sei das Ganze eher praktisch orientiert, beim Thema Kindersicherheit gibt es beispielsweise verschiedene Anleitungen, je nachdem welches Endgerät eingerichtet werden soll.
Cybermobbing als Negativbeispiel
Abseits der technischen Details und Begrifflichkeiten geht es aber auch sehr um den Umgang mit dem Digitalen an sich. „Man kann die Medien konstruktiv, aber auch destruktiv nutzen“, findet die Büchereileiterin. Als Beispiel nennt sie Opfer von Cybermobbing. „Da gibt es unheimlich dramatische Geschichten.“
Der zeitliche Umfang des Brockhaus-Kurses beträgt etwa vier Stunden in seiner Gesamtheit. „Man kann aber auch mehr oder weniger investieren“, erklärt Annette Hörstel. So könnten sich die Eltern oder Großeltern entweder genau die Kapitel herauspicken, die sie besonders interessieren beziehungsweise ihnen nützen oder weiterführenden Links folgen, die Brockhaus zu den Themen zur Verfügung stellt. „Man kann das Lernen individuell gestalten, auch, was die Tiefe angeht.“
Oftersheimer Gemeindebücherei: Medienkompetenz ist notwendig
Man sieht: Annette Hörstel ist überzeugt von dem Angebot – und auch von seiner Notwendigkeit. „Medienkompetenz für Eltern ist mehr als nur zu wissen, dass es Netflix gibt“, findet sie. „Gerade im digitalen Bereich denke ich, dass nicht alles selbsterklärend ist. Man muss sich da sein eigenes Bild machen können. Nachdem ich den Kurs ausprobiert habe, habe ich zum Beispiel auch die Datenschutzeinstellungen an meinem eigenen Handy überprüft. Da habe ich wirklich etwas dazugelernt.“
Die Leiterin sieht es als zentrale Aufgabe der Büchereien, allen den Zugang zu Wissen zu ermöglichen. „Und wenn sich dieses Wissen immer mehr ins Digitale verlagert – auch das schulische Lernen – müssen wir uns dieser Kultur als Einrichtungen auch anpassen“, findet sie. „Die Welt wird komplexer werden und Lernen ist nicht mehr nur mit Büchern möglich. Stattdessen gibt es viele verschiedene Möglichkeiten und wir möchten unseren Nutzern davon so viele zur Verfügung stellen, wie wir können.“ Dabei spiele schließlich auch Teilhabe eine Rolle: „Wenn ich etwas nutzen möchte, sollte ich erst mal wissen, wie es geht und sehen, was es mir bringt.“
Die Frage der Büchereigröße in Oftersheim
Natürlich hat das auch etwas mit Finanzen zu tun. „Klar, alles ist natürlich immer eine Frage des Geldes“, gibt Hörstel zu. „Aber der Mix macht’s. Neben Büchern haben wir ja schon lange auch andere Medien. Wir müssen das vorrätig haben, was interessiert und zum richtigen Zeitpunkt Zugang zu dem bieten, was nötig ist.“ So wie auch jetzt mit dem Onlinekurs.
Das ist allerdings eine zeitintensive Aufgabe. „Wenn man mal wegen Krankheit ausfällt, ist man schnell mal weg vom Fenster“, sagt die Büchereileiterin scherzhaft. „Wir müssen für aktuelle Veröffentlichungen den Buchmarkt im Blick behalten und das immer im Hinblick darauf, was für unsere Einrichtungsgröße in Frage kommt. Damit muss man sich sehr intensiv beschäftigen, das ist eine Daueraufgabe. Aber genau das ist auch der Anspruch, den die Bürger an uns haben dürfen.“
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