Oftersheim. Einstimmig bleibt eine Entscheidung auch dann, wenn alle nur sehr ungern zustimmen – so geschehen am Dienstagabend in der jüngsten Sitzung des Oftersheimer Gemeinderates. Thema war die Festlegung eines einheitlichen Mietpreisniveaus für die zahlreichen Wohngebäude im Besitz der Gemeinde. Und die vielfach artikulierten Magenschmerzen, mit denen die Fraktionen dem zustimmten und – so Bürgermeister Pascal Seidel – mit dem die Verwaltung das Ganze überhaupt zur Abstimmung brachte, kam daher, dass eine solche Veränderung unweigerlich eine Erhöhung der Mieten bedeute.
Seidel betonte in seiner kurzen Vorstellung des Sachverhalts, dass das Kommunalrechtsamt die Verwaltung zwar ausdrücklich dazu ermahnt habe, künftig mehr Einnahmen zu generieren, dass das aber hier nicht im Vordergrund stehe. Die Maßnahme werde Oftersheim rund 60 000 Euro mehr im Jahr einbringen, aber das primäre Ziel bei der Schaffung des Preisniveaus sei es, strukturelle Unterschiede auszugleichen.
„Auf eine pauschale Mieterhöhung zur Erzielung von Mehrerträgen wird derzeit verzichtet“, heißt es dementsprechend in der Sitzungsvorlage – eine solche gab es zuletzt zum 1. April 2017. Aber es solle für gleichwertigen Wohnraum gleiche Mietpreise geben.
Mietpreise gemeindeeigener Wohnungen in Oftersheim unter dem Durchschnitt
Deshalb hatte das Bauamt die betroffenen Immobilien im Vorfeld in sechs Kategorien eingeteilt, je nach Zustand und Sanierungsbedarf der Wohneinheiten. Das Rechnungsamt hatte anschließend die neuen Quadratmeterpreise festgelegt, die nun ab 1. Juli gelten werden. Seidel betonte, dass die Mieten in den gemeindeeigenen Wohnungen auch nach der Anpassung „weiterhin auf einem sozialverträglichen Niveau“ seien. Als Beleg zog er heran, dass man auf dem freien Mietmarkt in Oftersheim derzeit Quadratmeterpreise zwischen 10 und 14 Euro finde und verwies auch darauf, dass der Durchschnitt in Eppelheim bei 13,03 und in Sandhausen bei 12,28 Euro liege. Zum Vergleich: Der höchste Wert, den die Verwaltung ab Juli aufrufen will, liegt bei 7,90 Euro.
Bevor die Fraktionen schließlich durch die Bank zustimmten, äußerten sich einige von ihnen zum Sachverhalt. Annette Dietl-Faude (CDU) betonte in ihrer Stellungnahme, dass sich letztlich keine großen Gewinne für die Gemeinde aus der Maßnahme ergeben würden. „Die Mehrerträge werden in die Ertüchtigung des Bestands fließen“, sagte sie. Da die Vorarbeit von Bau- und Rechnungsamt eine klare Basis für den Beschluss schaffe, der eine Gleichbehandlung der Mieter gewährleiste, begrüße die CDU den Vorschlag.
Oftersheimer Grüne: Planung klingt fair
„Die Planung klingt so weit fair“, sagte Patrick Alberti für die Grünen-Fraktion. „Aber es wird auch alles teurer.“ Das beziehe sich nicht nur auf die Mieten, sondern auch aus Sicht der Gemeinde auf die Unterhaltung der Gebäude. „Doch im extremsten Fall steigen die Mieten mit dieser Änderung um 20 Prozent und das ist für manche viel Geld“, gab Alberti zu bedenken.
Die Fraktion sehe die Notwendigkeit, befinde sich aber dennoch in einer schweren Lage. „Eine solche Erhöhung spricht man heutzutage nicht gerne aus“, fügte das Gemeinderatsmitglied hinzu und bat die Gemeinde im Namen der Fraktion darum, soziale Härten zu vermeiden und im Ernstfall Betroffenen bei der Suche nach Unterstützung zu helfen. Außerdem würden die gemeindeeigenen Wohnungen zwar an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vergeben, danach erfolge aber keine Überprüfung zum Einkommen der Mieter mehr. „Es wohnen also nicht unbedingt nur Menschen, die am freien Markt nichts finden könnten, in den Wohnungen“, warf Alberti ein.
Fehlbelegungsabgabe auch in Oftersheim nicht möglich
Darauf nahm anschließend auch Jens Rüttinger (SPD) Bezug. Vor vielen Jahren hätte die Fraktion eine Fehlbelegungsabgabe für Oftersheim angeregt. Das hätte bedeutet, dass Mieter einer Gemeindewohnung regelmäßig eine bestimmte Summe zahlen, wenn sich ihre finanzielle Situation so weit verbessert habe, dass ihnen die Wohnung eigentlich nicht mehr zustehe. Seit 2008 ist das in Baden-Württemberg allerdings gesetzlich ohnehin nicht mehr möglich.
„Die jetzige Anpassung tragen wir mit, da sie sozialen Ausgleich schafft“, so Rüttinger. „Aber wir tun es schweren Herzens.“ Er betonte zudem, dass die SPD in Oftersheim seit Jahrzehnten für den Erhalt der gemeindeeigenen Wohnungen kämpfe, der „Gott sei Dank gelungen ist und auch weiter an oberster Stelle steht.“ Die SPD sprach sich außerdem analog zur Stellungnahme von Patrick Alberti dafür aus, dass die Gemeinde in Ernstfällen den Mietern helfen solle, Unterstützung zu finden. Bürgermeister Seidel versprach, dass die Verwaltung sich dessen annehmen würde, wenn es notwendig sei, und betonte abschließend auch aus Sicht der Gemeinde noch einmal: „Eine solche Erhöhung beschließt niemand gerne.“
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