Plankstadt. Es ist ein Pilotprojekt, das in Plankstadt nun an den Start geht. Das Ziel: In der Gastronomie sollen Einwegbecher und -geschirr verschwinden. Dafür kooperiert die Gemeinde mit dem Unternehmen „Recup“ mit Sitz in München, das ein Mehrwegsystem für die Gastronomie anbietet.
Einzigartig an der Kooperation ist, dass die Gastronomen einen Vertrag mit dem Unternehmen abschließen können und dafür keine Gebühren zahlen müssen. „Diese übernehmen wir“, sagt Bürgermeister Nils Drescher im Zuge der Vorstellung des Mehrwegsystems.
Recup in Plankstadt: Ein Euro Pfand für einen Becher
Das Prinzip des Mehrwegsystems funktioniert wie eine Art Pfandsystem. Wer sich morgens einen Kaffee beim Bäcker holt, kann statt eines Pappbechers auf einen Mehrwegbecher zurückgreifen. „Dafür zahlt der Kunde einen Euro Pfand“, sagt Johannes Weih, Recup-Mitarbeiter und zuständig für den Vertrieb. Er stellte über ein Videotelefonat das Pfandsystem in Plankstadt vor.
Den Becher könne der Kunde wieder bei einer anderen Bäckerei oder einem anderen Betrieb abgeben, die ebenfalls Recup-Partner sind und das Mehrwegsystem anbieten. Welche Gastronomen das sind, könne in einer App eingesehen werden. Nach Angaben des Unternehmens seien es bundesweit rund 21 000 Partner.
Informationen zur Mehrwegpflicht
Eine gewöhnliche Plastikflasche benötigt bis zu 450 Jahre, um sich zu zersetzen. In Deutschland lag der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr 2020 bei 225,8 Kilogramm. Wie das Umweltministerium mitteilte, fielen bundesweit insgesamt 18,8 Millionen Tonnen Verpackungsabfall an.
Wird der Abfall nicht ordnungsgemäß entsorgt, entstehen große Gefahren für die Tierwelt und den Menschen. Weil sich Plastik aufgrund chemischer Eigenschaften nicht restlos zersetzen kann, entsteht Mikroplastik. Dieses kann über die Nahrungskette in den menschlichen Organismus gelangen. Medienberichten zufolge handelt es sich hierbei um eine Menge von fünf Gramm pro Woche, was dem Gewicht einer Kreditkarte entspricht. Experten halten Langzeitfolgen wie Krebs sowie Magen- und Darmentzündungen für möglich.
Eine Stellschraube für die Plastikvermeidung sieht das EU-Parlament in der Gastronomie. Zum 1. Januar 2023 wurde deshalb die Mehrwegpflicht für Gastronomiebetriebe eingeführt. Diese besagt, dass alle Restaurants und Lieferdienste eine Mehrweglösung für die Essensmitnahme anbieten müssen. Geltend ist die Regelung für alle Betriebe mit mehr als fünf Mitarbeitern oder einer Fläche von mindestens 80 Quadratmetern.
Ein weiteres Mittel im Kampf gegen die Plastikverschwendung ist die Planung der erweiterten Pfandpflicht. kr
„Deswegen haben wir uns nicht für ein eigenes System entschieden, sondern auf das Unternehmen Recup gesetzt“, sagt der Bürgermeister. „Wenn man in Plankstadt einen Kaffee kauft, in den Bus einsteigt und in Heidelberg wieder aussteigt, kann man dort den Becher wieder abgeben.“ Werden benutzte Becher und Schalen abgegeben, gelangen sie in den Reinigungsablauf des gastronomischen Betriebs und werden in der Spülmaschine gewaschen. „Danach sind die Becher wieder einsetzbar“, sagt Johannes Weih. Wie viele andere Tupperwaren seien die Behältnisse für die Mikrowelle geeignet.
Entstanden ist die Idee, auch in Plankstadt ein Mehrwegsystem zu nutzen, durch die Grüne Liste Plankstadt (GLP). Erst im März stellte die Fraktion im Gemeinderat einen Antrag, ein eigenes System einzuführen. Nach einigen Überlegungen habe der Rat entschieden, das Angebot von Recup zu nutzen.
„Bei Recup handelt es sich um einen Marktführer, der bekannt ist“, sagt Felix Felbel von der GLP. Gemeinsam mit Vorstandskollege Thomas Burger hat er das Thema Mehrweg in Plankstadt in Angriff genommen. „Natürlich mit der Fraktion im Rücken“, sagt er.
Allerdings ist die Einführung an eine Bedingung geknüpft. „Mit einem Hasenfuß“, so Drescher. „Nämlich, dass in Plankstadt vier Betriebe gefunden werden, die das System anbieten wollen. Dafür hat die GLP persönlich Restaurants, Bäckereien und Cafés in Plankstadt aufgesucht, um die Besitzer vom Pfandsystem zu überzeugen. Die vier teilnehmenden Betriebe sind die Bäckerei Leisinger, das Restaurant „Eviva“, das Restaurant und Café „Amo“ sowie das „Sapori d’ Italia da Maria“.
Gastronomen in Plankstadt: "Nicht alle Speisen passen rein"
Bis zu zehn Betriebe können sich insgesamt der Aktion anschließen. Die Gemeinde Plankstadt übernimmt drei Jahre lang die Gebühren, die normalerweise für die Nutzung der Recup-Produkte entsteht. „Der Gastronom muss nur das Pfand für die Produkte zahlen, bekommt das aber bei der Rückgabe zurück“, erklärt Johannes Weih.
Aktuell biete das Unternehmen eine feste Produktpalette an – etwa drei Größen an Bechern und drei verschiedene Schalen. „Wir wollen nicht mehr anbieten, weil jeder Partner diese Produkte auch wieder zurücknehmen muss.“
Die einzige Krux an der Sache sei, dass nicht alle Speisen in die vorhandenen Behältnisse passen. „Wenn ich Schnitzel, Pommes und Soße ausgebe, wo soll ich die Soße verpacken“, stellt Ingo Stadel vom „Kleiner Plänkschter“ die Frage.
Der Gastronom sei am Überlegen, ob sich das System für seinen Betrieb lohne. „Ich habe mich damit schonmal beschäftigt und ein solches Set auch daheim.“ Allerdings hat er Bedenken bei der Umsetzung. In Rücksprache mit seinem Koch sei deutlich geworden, dass es schwierig ist, die Gerichte allein von der Größe her in die vorgegebenen Behälter zu verstauen. „Da bitten wir darum, dass sich beide Parteien entgegenkommen“, führt dazu Johannes Weih aus. Als Beispiel führt er an, dass ein Stück Fleisch in diesem Fall in zwei Hälften geschnitten und anders angerichtet werden soll.
Das Unternehmen sei auch dabei, die Produktpalette zu erweitern. „Auch speziell für die deutsche Küche.“ Ganz verwirft Gastronom Ingo Stadel den Gedanken nicht, sich das System anzuschaffen. Mit ihm können auch Überbleibsel vom Restaurantbesuch eingepackt werden, wirft Bürgermeister Nils Drescher ein. Die Verpackungen eignen sich auch für die Mikrowelle.
Schulungen für Mitarbeiter der Bäckerei Leisinger in Plankstadt
In der Bäckerei Leisinger in Plankstadt solle das neue Mehrwegangebot so schnell wie möglich umgesetzt werden, sagt Inhaberin Silke Leisinger. Auch die Schulung der Mitarbeiter hält sie für kein Problem. Die Bäckerei hat rund 60 Mitarbeiter an verschiedenen Standorten in der Region. „Aber nicht alle müssen geschult werden, sondern nur das Personal im Verkauf.“
Bei der Anmeldung für das Pfandsystems bekommt sie Unterstützung von der GLP. „Felix Felbel hat versprochen, mir zu helfen“, sagt sie. Eine weitere Herausforderung sei es auch, wie man die Kunden auf den sinnvollen Mehrwegbecher aufmerksam macht. In die Produktpalette aufnehmen würde die Unternehmerin allerdings nur den Becher. „Für die Schalen habe ich keine Verwendung.“ Die Idee rund um das Mehrwegsystem findet Silke Leisinger gut. „Und längst überfällig.“
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