Rückblick

Das Jahr 2022 in Reilingen: Container, Jubiläen, Jugendgemeinderat

In Reilingen neigt sich das Jahr dem Ende zu. 2022 kehrte ein Stück Normalität ein: Feste wurden gefeiert, Jubiläen zelebriert. Die Flüchtlingsunterkunft wurde derweil zum Zankapfel.

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Andreas Wühler
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Ministerin Marion Gentges trägt sich ins Goldene Buch der Gemeinde ein. Bürgermeister Stefan Weisbrod (v.l.), mit einem Reilinger Käskuche in der Hand, forderte anschließend Landrat Stefan Dallinger auf, es ihr gleichzutun – seine Signatur fehlt noch in dem Buch. Der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm sowie die Erdbeer- und Spargelprinzessin Kim I. sehen es mit Freude. © LENHARDT

Reilingen. Rückkehr zur Normalität hätte man das sich dem Ende zuneigende Jahr nennen können. Oder Aufatmen. Das Coronavirus hatte man im Griff und so begann das öffentliche Leben aufzublühen, standen traditionelle Feste wie die Kerwe oder das Straßenfest wieder im Veranstaltungskalender, konnten sich Menschen wieder sorglos begegnen, feiern und fröhlich sein. Doch die Saat des Bösen, die der russische Diktator im Februar mit seinem Überfall auf die Ukraine gesät hatte, ging auf, sorgte in der Gemeinde in der zweiten Jahreshälfte für heftige Turbulenzen.

Natürlich hat der Krieg in der Ukraine dem gesamten Jahr seinen Stempel aufgedrückt. Als im März die ersten Flüchtlinge aus dem Land nach Deutschland kamen, damals meist noch mit privater Hilfe oder mit der Unterstützung durch Hilfsorganisationen, gründete sich spontan die Reilinger Flüchtlingshilfe, gingen die Menschen für Frieden auf die Straße, wurde für die Flüchtlinge gesammelt und wurde für Wohnraum gesorgt. Rund 100 Menschen fanden so ein Zuhause in der Gemeinde und wurden herzlich aufgenommen. Die Reilinger Willkommenskultur zeigte sich von ihrer besten Seite, kaum ein Fest, kaum eine Veranstaltung, bei der nicht für die Ukraine, für die Flüchtlinge gesammelt wurde.

Jahresrücklbick

Das Jahr in Bildern: Reilingen 2022

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In dieses Klima des Zusammenrückens, des Kennenlernens und der Hilfe platzte im Sommer die Nachricht, dass der Kreis im Gewerbegebiet eine Aufnahmeeinrichtung in Betrieb nehmen möchte. Zeitnah wurden die Pläne um die Reaktivierung der ehemaligen Unterkunft auf dem alten Penny-Gelände erweitert. Die dort befindliche Corona-Teststation hatte ausgedient, wird nicht mehr benötigt.

Jahresrückblick Reilingen 2022: Für Menschenwürde eingesetzt

Mehrere hundert Menschen auf engstem Raum mitten im Gewerbegebiet – nicht nur bei den Firmeninhabern, sondern auch im Gemeinderat stießen die Pläne auf Ablehnung. Zumal die Baurechtsbehörde diese forcierte, sich am juristisch Machbaren vorbei hangelte. Was Bürgermeister Stefan Weisbrod zu seine Stopschild-Aktion veranlasste, die bei nicht wenigen Stellen in den falschen Hals geriet, die letztlich für ministerialen Besuch in der Gemeinde sorgte.

Die Containerunterkunft auf dem Gewerbegrundstück ist schon kräftig gewachsen. Aktuell werden keine weiteren Bauelemente mehr angeliefert, da ihr Aufbau das aus einer früheren Genehmigung stammende Baufenster überschreiten würde. © Gemeinde

Die Visite von Justizministerin Marion Gentges und Landrat Stefan Dallinger nutze der Bürgermeister nicht nur dazu, zwei neue Unterschriften im Goldenen Buch der Gemeinde zu besitzen, sondern auch, um die Sicht der Gemeinde klarzustellen. Ihm und dem Gemeinderat geht es darum, für eine menschenwürdige Unterbringung zu sorgen, die Flüchtlinge nicht sich selbst zu überlassen, sondern ihnen Hilfe an die Seite zu stellen. Und mit Blick nach Stuttgart und Berlin forderte Weisbrod auch dazu auf, die örtlichen Sozialsysteme nicht zu überfordern. Schnell sei man ohne Hilfe mit den Kapazitäten in Kindergärten und Schulen an der Grenze. Ein Sachverhalt, der mit den Stopschildern zum Ausdruck gebracht werden sollte, die sich eben nicht gegen die Flüchtlinge, die Menschen richteten.

Dass Kreis und Land selbst unter Zugzwang stehen, Räume für Flüchtlinge schaffen müssen, wurde in der Gemeinde nicht bezweifelt, doch die zentrale Containeranlage scheint vielen der falsche Weg. Mittlerweile steht die Containeranlage, wird sich zeigen müssen, wie sie sich im kommenden Jahr in der Praxis bewährt. Letztlich wird es wohl so kommen, wie es Gemeinderätin Sabine Petzold einmal auf den Punkt brachte: Man werde die Flüchtlinge, bei allem Disput um die Containeranlage, wie gewohnt mit der hiesigen Willkommenskultur begrüßen und willkommen heißen, schließlich seien sie die Opfer.

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Auch wenn der Krieg mit seinen Folgen das Jahr überschattete, war es dennoch eine Rückkehr zur Normalität der Vor-Corona-Zeit. Worüber sich nicht zuletzt die Feuerwehr freuen durfte. Sie hatte unter dem Virus gleich doppelt gelitten. Übungsabende konnten nicht stattfinden, dennoch musste die Wehr mit Masken und ständigen Corona-Tests einsatzbereit bleiben. Auch am Einsatzort galten die Abstandsregeln, was die Arbeit der Feuerwehrleute nicht unbedingt erleichterte. Gleichzeitig stand die bange Frage im Raum, ob die Freiwillige Feuerwehr ihren 125. Geburtstags gebührend und mit Gästen würde feiern können.

Jahresrückblick Reilingen 2022: Jubiläen gefeiert

Sie konnte. Vom Osterausmarsch über den Feuerwehrrock bis hin zum Großen Zapfenstreich spannte sich ein Bogen durchs Jubiläumsjahr, an dem die Bevölkerung großen Anteil nahm. So ist die große Geburtstagsparty mit Blasmusik und Rock, mit Fahrzeugausstellung und Spieleparcours für die Kinder noch heute ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Auch der Gemeinderat erwies dem Geburtstagskind seine Referenz und legte ihm ein neues Löschfahrzeug auf den Geschenketisch. Eine Gabe, die allen nutzt, wird sie doch mit dafür sorgen, dass sich die Menschen weiterhin beruhigt und im Vertrauen auf die Wehr zurücklehnen können.

Partystimmung auf dem Reilinger Dorffest 2022: Im Hof der Freiwilligen Feuerwehr wird es am Abend eng, hier spielen Dougie and the Blind Brothers, es gibt Cocktails und mehr. © Sabine Zeuner

Nicht nur die Wehr hatte in diesem Jahr ein Jubiläum zu feiern. Der Sängerbund feierte gleichfalls sein 125-jähriges Bestehen. Zunächst im kleinen Kreis im Rathaus, dann im Herbst mit einem Festakt und im November mit einem fulminanten Konzert in der katholischen Kirche. Jubiläumsfeierlichkeiten auch beim evangelischen Kirchenchor, der zuvor seinen 145. Geburtstag schon Corona-bedingt hatte verschieben müssen, der ihn nun mit der Aufführung der „Deutschen Messe“ nachholte.

Stichwort feiern: Auch die Best Ager, die Weisbrodschen Silberperlen durften wieder zusammenkommen. Sei es zum Weißwurstfrühstück, sei es zum Seniorenausflug oder zum weihnachtlichen Seniorenkaffee – auch hier kehrte ein Stück Normalität zurück.

Jahresrückblick Reilingen 2022: zweite Trinkwasserleitung fertiggestellt

Doch es war nicht nur ein Jahr der Jubiläen, auch einige Bauwerke gaben Gelegenheit zu einem kurzen Innehalten. So wurde mit Ablauf des Jahres die zweite Trinkwasserleitung fertiggestellt. Sie verbindet das Wasserwerk mit den Brunnen im Kirrlacher Wald und sorgte dafür, dass die Versorgungssicherheit erhöht wurde.

Tops und Flops 2022

Tops

  • Die Gemeinde hat sich auf den Weg in Jahr 2035 gemacht, will mit den Bürgern den Entwicklungsprozess bis dahin diskutieren.
  • Einmal mehr hat es mit dem Storchennachwuchs geklappt, die Population in der Gemeinde scheint gefestigt.
  • Pünktlich zum Jahresende wurden an der Schillerschule die neuen Technikräume in Betrieb genommen, womit der Umbau zur Gemeinschaftsschule abgeschlossen ist.
  • Fertiggestellt wurden die Arbeiten zur Verlegung des Glasfasernetzes. Nun müssen noch die Leitungen freigeschaltet werden, damit im Frühjahr das schnelle Internet Einzug in der Gemeinde halten kann.
  • Der Rathausumbau ist abgeschlossen und damit der Zugang zur Verwaltung barrierefrei möglich.

Flops

  • Im Frühjahr hat das Eiscafé Bianchi in der Hauptstraße geschlossen und damit eine deutliche und schmerzliche Lücke hinterlassen.

Top & Flop

  • Begonnen haben die Untersuchungen des Grundwasserschadens nach dem Brand vor fast 15 Jahren. Gut für die Umwelt, schlecht für die Gemeinde, wenn sie die Kosten alleine tragen muss.

Gefeiert werden konnte der Anbau an den Oberlin-Kindergarten, immerhin gut 1,5 Millionen Euro teuer. Fertiggestellt schon im September 2021 nutzte die Verwaltung die Gelegenheit der gefallenen Corona-Beschränkungen, um ein Jahr später die Einweihungsfeier nachzuholen. Auch der Rathausumbau wurde mit dem neuen Foyer samt funktionalem Bürgerbüro zu einem glücklichen Abschluss gebracht und entsprechend gefeiert.

Feiern lassen durfte sich in diesem Jahr die Jugend – erstmals wurde in der Gemeinde eine politische Vertretung für den Nachwuchs gewählt. Und der Jugendgemeinderat seinerseits durfte sein erstes Projekt feiern – den Jugendplatz bei der Schillerschule, der zum Grillen und Chillen genutzt werden kann.

Die Freude bei Bürgermeister Weisbrod (l.) und dem Gemeinderat war groß: Erstmals wurde in der Kommune ein Jugendgemeinde-rat gewählt. Sein erstes Projekt – der neue Jugendplatz. © Lenhardt

Und ansonsten? Die Jumelage fand wieder statt, der Ostermarkt lockte in die Mannherz-Hallen, Zunftbaum- und Straßenfest wurden zu Publikumsmagneten und zum Jahresabschluss war der Adventsmarkt am Rathausbrunnen ein Treffpunkt für die ganze Gemeinde. Und viele Menschen aus der Region, denn, dass die Reilinger feiern können, das ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Und auch in der Corona-Zeit haben die Menschen im Ort hiervon nichts verlernt.

Redaktion Zuständig für die Verwaltungsgemeinschaf

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