Inklusion

Barrierefrei muss auch in den Schwetzinger Höfen bezahlbar sein

Der Beirat Runder Tisch Inklusion in Schwetzingen diskutierte das Thema Wohnbau und Barrierefreiheit. Die "Schwetzinger Höfe" seien hierfür ein Musterbeispiel. Jedoch gäbe es einen Knackpunkt.

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Stefan Kern
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Schwetzinger Höfe: Diese Grafik zeigt den Shared Space Raum © City Super Graphics GmbH

Schwetzingen. Die jüngste Sitzung des Runden Tisches Inklusion (RIS) in Schwetzingen in den Räumen der Volkshochschule stand im Zeichen der Barrierefreiheit - und zwar am Beispiel des Wohngebiets „Schwetzinger Höfe“.

Auf dem ehemaligen, rund 6,7 Hektar umfassenden Pfaudler-Areal sollen bis zu 2000 Menschen ein neues Zuhause finden. Dabei, und da waren sich am RIS alle einig, sei in Sachen Barrierefreiheit hier einiges erreicht worden. Ja, so die beiden kommunalen Behindertenbeauftragten aus Schwetzingen und Brühl, Martin Köhl und Rudi Bamberger, die Barrierefreiheit sei hier vorbildhaft umgesetzt. Problematisch seien die Kosten. Viele Menschen mit Behinderung gehören aus ökonomischer Sicht nicht zur Spitzengruppe: „Viele, die es nötig haben, können sich die Barrierefreiheit hier nicht leisten.“

Historie und Sachstand des Großprojekts „Schwetzinger Höfe“

Bevor die RIS-Teilnehmer in diese Diskussion gerieten, skizzierten Matthias Ohlheise und Dr. Thomas Grimann von den beiden Projektentwickler-Unternehmen Epple und Conceptaplan kurz Historie und Sachstand dieses Großprojekts. Für Ohlheise ist es nicht weniger als eines der „größten innerstädtischen Revitalisierungsprojekte“. Dabei zeigten sich die Verantwortlichen sichtlich stolz. Für sie setzt es Maßstäbe und das nicht nur in Bezug auf Barrierefreiheit. Letzteres stand hier natürlich im Zentrum.

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Das ganze Areal sei dank seiner Topografie geradezu ideal für das Unterwegssein mit Rollstuhl. Die ehemalige Industriefläche, so Ohlheise, weise Höhenunterschiede über die ganze Fläche hinweg von weniger als einem Meter auf. Gesorgt sei zudem für die medizinische Nahversorgung, natürlich rollstuhlgerecht. In den kleinen Wohnungen, das versicherte Grimann, könne problemlos der R-Standard verwirklicht werden.

R-Standard: Uneingeschränkt rollstuhlgerechte Wohnungen

Dieser Standard geht über die Barrierefreiheit hinaus und beschreibt eine Wohnung als uneingeschränkt rollstuhlgerecht. Da geht es um Dinge wie Schiebetüren oder noch mehr Freifläche zum Manövrieren auch mit größeren Rollstühlen. Auf die Frage, ob das nicht gleich umgesetzt werden könne, erklärte Grimann, dass das oft nicht gewünscht werde. Ebenfalls nicht einfach umsetzbar sei dieser R-Standard in größeren Wohnungen. Da stünden die Kosten vor.

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Und genau hier fand sich dann ein Knackpunkt der ganzen Diskussion. Bamberger sieht zwischen den Quadratmeterpreisen und der Kaufkraft vieler Menschen mit Behinderung eine eklatante Lücke. „Viele können sich diese barrierefreien Wohnungen schlicht nicht leisten.“ Ein Problem, auf das die Projektentwickler nicht wirklich Antworten hatten.

Fördermodelle und politische Fragen in Schwetzingen

Bauen sei in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden und als Entwickler müsse man die Kosten weitergeben. Es gebe aber Fördermodelle. Beim Schwetzinger Fördermodell erhalten sie als anspruchsberechtigter Käufer einen Eigenkapitalzuschuss von 400 Euro pro Quadratmeter. Berechtigt sind Singles mit einem maximal jährlichen Haushaltseinkommen von 60 000 Euro. Bei Paaren sind 97 500 Euro und Familien mit Kindern 117 650 Euro.

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Darüber hinaus könnten Anleger Wohnungen kaufen, die sich dann auf 20 Jahre verpflichten, eine mittlere Mietforderung zu stellen. Die Stadt könne von Epple subventionierte Wohnungen kaufen und sie dann verbilligt auf dem Wohnungsmarkt anbieten. Natürlich, das wussten die beiden, könne man damit nicht alle sozialen Unwuchten auffangen, aber es seien Bausteine, die für manche Menschen Lösungen böten. Am Ende sei das vor allem eine politische Frage.

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Trotzdem wurden das gemeinsame Engagement und der intensive Austausch allseits gelobt. Gerhard Rummel, der Vorsitzende des Runden Tisches Inklusion Schwetzingen, sieht in den „Schwetzinger Höfe“ eine mustergültige Vorlage für sämtliche Bauvorhaben der Zukunft. Die Zeiten, in denen Barrierefreiheit ein „Nice-to-have“ war, seien vorbei. Die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung müssen von Anfang an mitgedacht werden. Und für diesen Anspruch stellten die „Schwetzinger Höfe“ einen durchaus beachtlichen Aufschlag dar.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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