Schwetzingen. Gleich drei Tagesordnungspunkte der öffentlichen Gemeinderatssitzung drehten sich um die sogenannten „Schwetzinger Höfe“ – dem größten Neubaugebiet in Schwetzingen seit dem Schälzig, wie Bürgermeister Matthias Steffan erläuterte. Alle drei Beschlussanträge – zum dritten städtebaulichen Vertrag, zur formellen Offenlage des Bebauungsplanes und zur Festlegung des Mietpreises in den dortigen städtischen Wohnungen – wurden abgesegnet, wenn auch nicht einstimmig.
„Wir sind auf der Zielgeraden“, sagte Steffan, der diesmal den auf einer Tagung weilenden Oberbürgermeister Dr. René Pöltl vertrat. Im Prinzip bedeuten die Beschlüsse quasi, dass die weiteren Bauabschnitte auf dem Pfaudler-Areal zeitnah in Angriff genommen werden können, nachdem Gebäude des ersten Baufelds schon fertiggestellt und teilweise bezogen worden sind.
Städtebauliche Verträge und Bebauungsplan für Schwetzinger Höfe vorantreiben
Der Entwurf des Bebauungsplans, in den schon die im Zuge der sogenannten frühzeitigen Beteiligung abgegebenen Stellungnahmen bereits eingearbeitet worden seien, wird nun zur Beteiligung der Öffentlichkeit an der Rathauspforte ausgelegt und unter www.schwetzingen.de bekannt gegeben. Die Behörden und Träger öffentlicher Belange werden ebenfalls beteiligt.
Der Gemeinderat stimmte zudem dem Entwurf des dritten städtebaulichen Vertrages zwischen der Stadt und Investor Epple zum Bebauungsplan „Schwetzinger Höfe“ zu und beauftragte die Verwaltung mit der notariellen Beurkundung. In diesem Vertrag geht es unter anderem um Erschließung, Energie-, Mobilitäts- und Parkkonzepte, um die Farbe von Bänken, Straßenbelägen und Mülleimern, die Einrichtung eines Kindergartens oder um die Gestaltung der sogenannten „grünen Mitte“.
„Es ist ein Mammutwerk“, beschrieb Bürgermeister Steffan den aus 47 Anlagen und etwa 1000 Seiten bestehenden Vertrag. Allein das war SPD-Fraktionssprecher Robin Pitsch schon zu viel: Bei dem umfassenden Festsetzungs- und Paragrafenwerk, das man als ehrenamtlicher Gemeinderat ohne juristische Ausbildung nicht gesichert analysieren kann, braucht man dabei Vertrauen in das Projekt und die Akteure. Und das kann ich derzeit so nicht aufbringen“, sagte er in einer persönlichen Erklärung. Außerdem sehe er keinerlei realistische soziale Ambitionen seitens der Stadtverwaltung oder des Investors, begründete er seine Ablehnung. Auch Ex-Linker Werner Zieger (jetzt ISS) stimmte dagegen.
Diskussionen um Mietpreisfestlegung der Schwetzinger Höfe
Mehr Diskussionen gab es, als der Mietpreis für die 20 Wohnungen im ersten Bauabschnitt festgelegt werden sollte, die von der städtischen Wohnbaugesellschaft (SWG) erworben wurden und die voraussichtlich im Juli übergeben werden sollen. Die Geschäftsführung der SWG hatte den Kaltmietpreis auf 14 Euro pro Quadratmeter bei einer zehnjährigen Preisbindung veranschlagt. Hinzu kämen Nebenkosten sowie eventuelle Mieten für den Tiefgaragenplatz, die aktuell noch nicht beziffert werden könnten und nicht an die zehnjährige Mietpreisbindung gebunden seien.
Der reduzierte Mietpreis führe dabei nicht zu einer vollständigen Deckung der Entstehungs- und Betriebskosten der Wohnungen, erklärte Matthias Steffan. Er werde zum einen durch eine einmalige finanzielle Unterstützung der Stadt beim Erwerb ermöglicht, zum anderen durch den finanziellen Ausgleich des entsprechend einkalkulierten Mietminderertrags der SWG.
Schwetzinger Höfe: Höhe der Mietpreise in der Kritik, "aber noch vertretbar"
Auf den ersten Blick erscheine der Mietpreis hoch, sagte Karl Rupp „Freie Wähler), er sei aber noch vertretbar. Er verwies auf die 6,5 Millionen Euro, die die Firma Epple im Zuge der fälligen Wertabschöpfung (wenn wie hier aus einem Industrieareal höherwertiges Bauland werde) an die Stadt gezahlt hat und von denen ein Teil davon verwendet worden sei, um diese Mietwohnungen schon zu subventionieren. Sonst wären die 14 Euro gar nicht möglich gewesen. Und trotzdem bleibe für die SWG noch ein alljährliches Minus von 35 000 Euro für alle Wohnungen übrig. „Einige am Ratstisch haben das Verfahren immer noch nicht verstanden“, hatte er kein Verständnis für die Ablehnungen. Zudem würden ja bei der Vergabe Schwetzinger Bürger bevorzug: „Und dann werden ja andere Wohnungen im Stadtgebiet frei.“
Von den Freiwählern kam deshalb ebenso Zustimmung wie von der CDU und der FDP. „Wir hatten gehofft, dass die Mieten der von der SWG erworbenen Wohnungen günstiger würden, müssen aber nun den Realitäten Rechnung tragen“, bedauerte Rita Erny von den Christdemokraten. Inzwischen seien die Auflagen für den Wohnungsbau enorm gestiegen. Jeder Bauträger kämpfe mit den Auflagen für die Umwelt und der Bürokratie. Wichtig war ihr andererseits auch zu erwähnen, dass die Wohnungen in den „Schwetzinger Höfen“ absolut keine Sozialwohnungen seien und nicht dafür konzipiert wurden.
„Wir wissen, dass die vorgeschlagene Miete nur von Mietern aus dem Segment mit höheren Haushaltseinkommen zu stemmen sein wird. Aber auch solche Mitbürger sollen in Schwetzingen willkommen sein“, betonte sie. Wünschenswert sei eine geringere Miete als 14 Euro. „Andererseits werden durch die subventionierten Wohnungen andere Wohnungen mit einem geringeren Mietzins frei.“
Dr. Christian Lorentz (FDP) fiel es schwer, über einen Mietzins abzustimmen. Er prognostizierte, dass der vorgeschlagene Preis durch die Festschreibung auf zehn Jahre in Zukunft wahrscheinlich deutlich günstiger sein dürfte, als eine Wohnung, die von einem „normalen“ Eigentürmer vermietet wird. „Der tiefere Sinn einer Wohnungsbaugesellschaft, die attraktive Wohnung für Normal- und Gutverdiener knapp unterhalb des Marktpreises anbietet, erschließt sich mir auch weiterhin nicht“, sagte Lorentz, der jetzigen Konstellation konnte aber auch als Liberaler zustimmen.
Soziale Komponente in der Mietpreisgestaltung vermisst
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen lehnte diesen Mietpreis hingegen mehrheitlich ab: Leider habe sich herausgestellt, dass ein von den Grünen gewünschter wirklich gedämpfter Mietpreis nicht umsetzbar ist, erklärte Dr. Michael Rittmann. Die dafür notwendige Quersubventionierung sei von der SWG nicht finanzierbar. Dieser Quadratmeterpreis entspreche dem Durchschnittspreis in guter Lage und bei neueren Gebäuden. „Von einer preisregulierten, gedämpften, billigen Miete, also einem Mietpreis mit sozialer Komponente kann man bei den SWG-Wohnungen nicht sprechen.“
Zwar sei eine Mietpreisbindung von zehn Jahren vorgesehen, sodass die Miete über die Laufzeit sukzessive relativ billiger werde. Aber die 14 Euro pro Quadratmeter seien jetzt zu zahlen: „Preiswertes Wohnen können wir darunter nicht verstehen. Und wie es mit der Miete nach zehn Jahren weitergeht, bleibt ungeklärt.“ Mit einem Mietpreis von „14 Euro plus“ würden nicht diejenigen gefördert, die gefördert werden sollen. Rittmann: „Wir können mit dieser Form der Subvention die Zusage auf preiswertes Wohnen nicht einhalten und keine soziale Durchmischung der Bewohner in den Schwetzinger Höfen erreichen.“
Deshalb halte es die Mehrheit seiner Fraktion für konsequent, die Miete zum Deckungsbetrag anzusetzen. Die eingesparte Quersubventionierung soll dann für die nötige Sanierung im Altbestand der SWG-Wohnungen verwendet werden.
Kritik an der Wohnraumförderung und Preispolitik
Unterschiedlich stimmte die SPD-Fraktion ab. Deren Sprecher Robin Pitsch monierte. dass es beim Thema Wohnraum noch zu viele Versäumnisse gebe: Es existiere nach wie vor kein städtischer Mietspiegel. Für untere Einkommensschichten mit Wohnberechtigungsschein sei bis dato in keiner Form geförderter Wohnraum gebaut worden. Für die Behauptungen der Stadtspitze, diese Leute gebe es in Schwetzingen nicht oder nicht genug, würde Belege fehlen. Pitsch entgegnete da: „Es gibt diese Menschen. Und es gibt sie auch in Schwetzingen.“
Bezüglich der vorgeschlagenen Mietpreise in den „Schwetzinger Höfen“ meinte er: „ Die Kaltmiete von 14 Euro pro Quadratmeter in diesen Wohnungen bedeutet Bezuschussung einer gehobenen Mittelschicht an dieser Stelle in diesen Wohnungen, wohingegen wir im unteren Preissegment eben kein zusätzliches Angebot vorweisen können.“
Kurz fasste sich Werner Zieger zum Thema Mietpreise pro Quadratmeter: „Wenn es zweistellig wird, bin ich raus.“
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