Schwetzingen/Wiesloch. Katharina Treptow-Garben ist seit 1. September Dekanin der evangelischen Kirche im Bezirk Wiesloch/Schwetzingen. Vorher war sie dort Stellvertreterin und zusammen mit der Schuldekanin auch schon in der Leitungsverantwortung. Und ihr Engagement als Pfarrerin von Neulußheim wollte sie ja auch zu einem guten Ende bringen. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, wie sie im neuen Amt angekommen ist.
Sie haben ja schon so ein bisschen gewusst, was auf Sie zukommt?
Katharina Treptow-Garben: Ja – aber das Amt als Dekanin ist total anders als das einer Pfarrerin. Die Gemeindearbeit ist geprägt von Schule, Konfirmanden-Vorbereitung, Beerdigungen und Gottesdiensten. Wenn ich mir jetzt im Dekanat die Woche angucke, geht es einen ganzen Tag lang vor allem um Personalangelegenheiten. Da wollen sich Mitarbeiter verändern, ihre Stelle an neue Lebensumstände anpassen oder überlegen, ob sie auf einer Stelle bleiben sollen oder etwas anderes machen wollen.
Klingt nach mehr Verwaltung und weniger Seelsorge?
Treptow-Garben: Ja, es ist mehr Dienstvorgesetzte zu sein in solchen Personalfragen. Und dann ist es halt auch Netzwerken, Öffentlichkeitsarbeit, Menschen kennenlernen, besuchen. Aber doch auch Gottesdienste vorbereiten, die nächsten Einführungen vorbereiten und die Feiertage. Es ist schön, dass man da jetzt mal etwas länger an was sitzen kann als im Gemeindealltag, wenn es doch sehr auf den nächsten Termin ausgerichtet ist. Und dann muss ich mich natürlich auch intern vernetzen, mich in die Tools einarbeiten, die ich jetzt brauche.
Wie machen Sie das mit den Pfarrern. Gibt es da eine regelmäßige Runden?
Treptow-Garben: Alle zusammen treffen wir uns fünfmal im Jahr zum Bezirkskonvent, da sind dann auch die Diakoninnen und Diakone dabei und es geht um ein bestimmtes Thema. Dann arbeiten wir zusammen und feiern einen Gottesdienst. Die Pfarrer treffen sich ja zudem öfter in ihren Dienstgruppen in den vier Kooperationseinheiten. Die Kolleginnen und Kollegen laden mich auch in ihre Regionalbesprechungen ein oder sie kommen ins Dekanat, wenn es Anliegen zu besprechen gibt. Gerne auch virtuell per Teams.
Das Geld wird weniger, weil weniger Menschen Mitglieder einer Kirche sind, der Veränderungsprozess in Sachen Gebäude läuft, auch beim Personal wird man schauen müssen, wie das weitergeht. Wie weit ist da das Dekanat hier und wo sind Ihre nächsten Baustellen?
Treptow-Garben: Die großen Entscheidungen sind getroffen. Also es ist bis 2032 klar, wo Stellen wegfallen. Das ist bei uns meistens durch Ruhestand möglich. Und auch die Frage, welche Gebäude weiterfinanziert werden durch die Landeskirche und welche Gebäude nicht, ist geregelt. Aber es geht jetzt natürlich an die Umsetzung. Die wird einfach sehr herausfordernd, weil an Gebäuden hängen eben Emotionen und Geschichten, Erfahrungen und Erinnerungen. Und je enger die Zusammenarbeit wird, desto stärker wird auch das Beharrungsvermögen. Denn man zieht seine Identität als Kirchengemeinde oft aus den Gebäuden, die man hat. Immer wieder zu sagen, Kirche ist mehr als ein Gebäude, weltweit und auch in der südlichen Kurpfalz, ist wichtig. Wir sollten immer nachdenken, wie kann man evangelisch sein hier in der Region, wie kann man sein Profil zeigen, auch wenn man sich von Räumen verabschieden muss. Es braucht einen guten Plan, wie wir die Gebäude, die mit grün beampelt sind, zukunftsfähig machen. Das heißt, wie werden sie CO2-neutral, barrierefrei und ressourcenschonend. Da wird viel Energie und Geld reinfließen müssen. Und bei den anderen Gebäuden muss man schauen, gibt es ein anderes Nutzungskonzept, kann man sich zum Teil von den Liegenschaften trennen?
Es gibt ja auch solche Gebäude, die besser nutzbar sind, wenn man sie hergibt, und welche, die nicht so gut nutzbar sind – wenn da eine Kirche steht mit einem Kirchturm ist es eher schwieriger. In Schottland habe ich Supermärkte in Kirchen gesehen. Was macht man mit so einer Kirche, wenn man sie nicht mehr braucht?
Treptow-Garben: Also ich sehe jetzt hier in der südlichen Kurpfalz nicht, dass eine Kirche zu einem Kino oder einem Architekturmuseum wird. Ich glaube aber, dass wir ganz viele Kirchen als Kirchen weiternutzen, auch wenn wir sie vielleicht nicht weiterentwickeln können. Wir können sie ja instand halten oder nur im Sommer nutzen – auch als sakraler Raum. Selbst wenn eine Kirche von der Gemeinde nicht mehr genutzt wird, strahlt sie dennoch etwas aus. Man könnte also sagen, man lässt solche Kirchen offen und sie werden in den immer heißer werdenden Sommern Orte, an denen man sich abkühlen kann, verweilt und nachdenkt. Ich glaube, da gibt’s schon Möglichkeiten. Aber der Verabschiedungsprozess wird schwierig: Es wird nicht mehr so sein, wie es in den 1990ern war. Für die Menschen ist mit Schmerz verbunden, glaube ich.
Es gibt ja auch Modelle wie hier in Schwetzingen in der Stadtkirche, die man dann auch mal als Ausstellungsraum stärker nutzen kann, als Veranstaltungsraum für bestimmte Dinge. Da muss man dann sicherlich auch schauen, was alles in eine Kirche passt. Aber so wird sie doch zu einem ein Ort der Begegnung. Erhoffen Sie sich dadurch auch, dass wieder mehr Menschen zum Glauben kommen, wenn sie zu einem anderen Zweck wieder mal in der Kirche sind?
Treptow-Garben: Ich glaube, wir müssen immer dorthin gehen, wo die Menschen sind. Wo sie irgendetwas unternehmen, wo sie offen sind für die Fragen nach dem Leben, nach dem Sinn oder nach Gott. Die Frage nach Gott zum Beispiel stellt sich ja den allermeisten Menschen gerade gar nicht zuerst – sondern es stellt sich oft die Frage: Wie bin ich glücklich? Nehmen Sie als Beispiel das Glücksgefühle-Festival – warum boomt das denn so? Weil es doch ganz offensichtlich eine Sehnsucht gibt nach dem Glück.
Also dieses Jahr zum Beispiel der ökumenische Gottesdienst zu Beginn des Schwetzinger Herbstes auf der Bühne am Schlossplatz, bei dem alle Konfessionen zusammen auf der Bühne stehen. Da sind sie dann dort, wo die Menschen sowieso hinkommen?
Treptow-Garben: Ja. Und da haben wir ja in Schwetzingen wirklich auch eine große Bereitschaft von den anderen Playern im Gemeinwesen, dass sie uns da mit dabei haben wollen. Also wenn ich an alle Kerwe-Gottesdienste denke, an die Tauffeste an Seen, an Gottesdienste an anderen Orten wie beim Schwetzinger Herbst und viele andere Beispiele. Da kann Kirche da sein, mitmachen und den Menschen etwas anbieten. Wie die Menschen das dann für sich nutzen, ob die andocken möchten, ob sie einen bestimmten Gedanken mitnehmen oder ob sie vielleicht sagen, ach Mensch da habe ich eine Erfahrung gemacht, die war gut, jetzt bei meinem nächsten Anliegen versuch ich es mal wieder mit der Kirche, das liegt natürlich bei jedem selbst. Ich meine, wir müssen da als Kirche da sein, wach bleiben und hören, was die Menschen suchen. Ich glaube, mit unseren Räumen können wir Begegnungen schaffen zwischen Menschen, die sich sonst nicht mehr so begegnen. Ich erlebe, dass sich die Gesellschaft immer weiter „verbabbelt“, sich jeder in seiner Blase bewegt. Man umgibt sich gern mit Menschen, die die eigene Meinung teilen oder zumindest nicht so stark von ihr abweichen. Aber das schafft Probleme. Kirche ist für mich auch ein Ort, wo sich Menschen aus verschiedenen politischen Überzeugungen, unterschiedlichen Generationen und verschiedenen Milieus begegnen und miteinander diskutieren können.
Eine andere Meinung aushalten zu können und darüber zu diskutieren, ist auch eine gute Aufgabe?
Treptow-Garben: Und sich gegenseitig nicht die Ansichten abzusprechen – auch nicht das Christsein – sondern zu sagen, okay, wie haben hier unterschiedliche Perspektiven aber wir erkennen uns gegenseitig als Menschen an und bleiben miteinander im Gespräch.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen_artikel,-schwetzingen-das-ist-die-neue-dekanin-katharina-treptow-garben-im-bezirk-wieslochschwetzingen-_arid,2252367.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/schwetzingen.html
[2] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/neulussheim.html