Schlossgarten

Klimawandel sorgt im Schlossgarten Schwetzingen für Dürreschäden und Baumsterben

Die Auswirkungen des Klimawandels führen zu massiven Schäden im kurfürstlichen Garten, darunter absterbende Bäume und Sicherheitsrisiken durch herabfallende Äste. Trotz intensiver Bemühungen des Teams fehlt es an ausreichend Personal, um den Herausforderungen des sich verändernden Klimas angemessen zu begegnen.

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Stefan Kern
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Das sind die Reste einer Hainbuche, die am Dienstag aus Sicherheitsgründen gekürzt werden musste. © Dorothea Lenhardt

Schwetzingen. Für einen kurzen Moment fühlt man sich im falschen Film. Es regnet seit einigen Monaten nicht zu knapp. Der Dürremonitor des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung signalisiert deutschlandweit Entspannung und doch sprechen Patricia Alberth, Geschäftsführerin der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, die Schlossherrin Sandra Moritz und Professor Dr. Hartmut Troll, Referent für die historischen Gärten bei den Staatlichen Schlösser und Gärten, von einem massiven Schadbild im kurfürstlichen Garten, das klar den Auswirkungen des Klimawandels geschuldet ist.

Immer wieder müssten Teile des kurfürstlichen Gartens aus Sicherheitsgründen abgesperrt werden, weil Bäume zu fallen oder große Äste abzubrechen drohen.

Personalnot im Kampf gegen Klimawandelschäden im Schlossgarten Schwetzingen

Die Entwicklung bereitet den drei sichtlich Sorgen. Vor allem auch, weil man nicht ausreichend eigenes Personal habe, um den Auswirkungen wenigstens einigermaßen auf Augenhöhe begegnen zu können. Von Sisyphos sprach bei einem Vor-Ort-Termin niemand. Doch wenn man dem Gartenmeister Mario Witzgall und dem Baumschulleiter Ludwig Kandzia zuhörte, erschienen die Parallelen offensichtlich. Den Bedürfnissen und Herausforderungen des Gartens im Zeitalter des Klimawandels werden die beiden mit ihrem Team jedenfalls nur noch mit aller größter Mühe gerecht. Dafür brenne es sozusagen einfach gerade an zu vielen Ecken im Garten.

Mario Witzgall (v .l.), Prof. Dr. Hartmut Troll, Patricia Alberth, Ludwig Kandzia und Sandra Moritz informieren über den Zustand der Mäume im Schlossgarten. © Dorothea Lenhardt

Seit dem Jahr 2003, so Troll, zeigten sich systemische Veränderungen, die auf einen grundlegenden Wandel hinweisen. Die Regenzeiten veränderten sich sukzessive. Grob zusammengefasst, mehr Regen im Winter und dafür weniger im Sommer. Es sind Zeiten, die im Widerspruch zu den Bedürfnissen der Bäume stehen.

Systemische Veränderungen und irreversible Baumschäden

Denn die brauchen Wasser im Frühling und Sommer. Gerade hier, wo die eher sandigen Böden kaum wirklich Wasser speichern könnten. Dramatisch waren dann die Jahre 2018 und 2019. Diese heißen und trockenen Sommer hätten vielen Bäumen gerade hier im Schlossgarten enorm zugesetzt. Dabei zeige sich, dass die Auswirkungen sich teils zeitverzögert offenbarten. Natürlich habe man schon damals absterbende Bäume gesehen.

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Doch was sich jetzt ereignet, habe doch eine andere Dimension. Bei einem Gang durch den Schlossgarten genügt ein Blick, um die zahlreichen Baumtorsos zu erkennen und die vielen beschädigten Baumkronen. Und man hört den Verlust sogar. Die Holz-Schredder-Maschinen gehören gerade zur akustischen Kulisse des Gartens. Für Witzgall ein lautes Geräusch. Nicht bezüglich der Lautstärke, sondern weil es ständig daran erinnert, dass hier in wenigen Stunden mehr Holz geschreddert wird, als in einem ganzen Jahr gepflanzt werden könne.

Baumsterben

Schäden durch den Klimawandel im Schlossgarten Schwetzingen

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Der für Troll schlimmste Verlust findet sich übrigens im nördlichen Boskett. Der letzte historische Baum, eine irgendwann um das Jahr 1770 gepflanzte Ulme, ist vor drei Wochen zerbrochen. Ja, sie sei alt gewesen, aber dass es jetzt so schnell ging, sei den extremen Bedingungen der letzten Jahre geschuldet.

Akute Gefahr für das Mikroklima durch Baumverlust

Problematisch ist der Verlust von immer mehr großen Bäumen für das Mikroklima. Ein Wald schafft sich im Prinzip sein eigenes Mikroklima, inklusive Wasserkreislauf. Es liefe ab wie in einer Uhr. Die Zahnrädchen griffen ineinander und am Ende steht ein Biotop im Gleichgewicht. Der Klimawandel scheint nun einige dieser Rädchen aus dem Takt zu bringen, sodass am Ende das ganze System kollabiert. Gut erkennen könne man das rund um den Apollotempel. Und genau das versuchen Troll, Witzgall und Kandzia zu verhindern.

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Neuanpflanzungen, Züchtungen in der eigenen Baumschule und natürlich intensive Pflege und Kontrolle. Nur leider gerate sie dabei zunehmend an Grenzen. Und das nicht nur wegen den immer schneller vonstattengehenden Veränderungen, sondern vor allem aus Mangel an Personal.

Mehr Personal für den Erhalt historischer Gärten notwendig

Am Ende gilt für die drei: Wer den Garten wirklich erhalten will, muss für mehr Personal sorgen. Auch die Geschäftsführerin Alberth stellt sich hinter die Forderung. „Wir brauchen mehr Leute im Garten, die den Garten ständig begleiten und ihn in der Folge auch wirklich kennen.“ So oder so, das betont Troll, sei die heile Welt im Schlossgarten ein Stück weit vorbei.

Hier wurde eine Hainbuche gekürzt. Bei der dunklen Stelle oben handelt es sich um eine Rußkrankheit, bei den rötlichen Stellen handelt es sich um eine Rotpustelkrankheit. © Dorothea Lenhardt

Die Veränderungen in Folge des Klimawandels seien unübersehbar und vor allem, seien sie auch nachhaltig. Wie dramatisch die Sache wird, habe man aber teils in der Hand. Zu einen könne jeder zu etwas weniger CO2 in der Luft beitragen und dann könnten die politisch Verantwortlichen Mittel für mehr eigenes Personal freigeben. Es würde sich lohnen, immerhin sei der kurfürstliche Garten laut Deutschlandfunk im Beliebtheitsranking aller Schlösser und Gärten in Deutschland auf Platz drei.

Freier Autor Stefan Kern ist ein freier Mitarbeiter der Schwetzinger Zeitung.

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