Notfallpraxis

Schnelle Versorgung vor Ort: Das spricht für Notfallpraxis in Schwetzingen

Das funktionierende System der Versorgung könnte bei einer Schließung zusammenbrechen – die Ursache liegt laut CDU-Bundestagsmitglied Olav Gutting im Sozialministerium.

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Jürgen Gruler
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Hier im ersten Stock der GRN-Klinik ist die Notfallpraxis Schwetzingen. © Redaktion

Schwetzingen. Bettina Hergemöller arbeitet seit vielen Jahren als Fachschwester für Notfallpflege in der Notfallambulanz der Schwetzinger GRN-Klinik. Im Gespräch mit unserer Zeitung erzählt sie, wie gut die Zusammenarbeit mit dem Ärztlichen Bereitschaftsdienst der KVBW in Schwetzingen funktioniert. Durch die gemeinsame Empfangstheke könne schnell entschieden werden, welcher Notfall wo richtig aufgehoben sei.

Wenn nun am Wochenende der Bereitschaftsdienst wegfallen würde, dann müsse man Menschen wegschicken oder zusätzlich in der Ambulanz behandeln. Und da seien die Wartezeiten heute schon hoch, je nach Dringlichkeit des Falles könne es Stunden dauern, bis jemand drankomme und das verschärft sich dann natürlich noch weiter.

Transporte können lange Wartezeiten mit sich bringen

Gerade bei älteren, vielleicht auch dementen Patienten müsse zunehmend lange auf Transporte gewartet werden. „Da wir die Patienten nicht ins Krankenhaus aufnehmen dürfen, liegen sie auf Tragen im Flur. Das macht die Situation dann zunehmend schwieriger. Bettina Hergemöller fordert deshalb alle Bürgerinnen und Bürger dazu auf, mit ihrer Unterschrift für den Erhalt der Notfallpraxis in Schwetzingen zu votieren und die Politiker, für den Weiterbetrieb zu kämpfen. „Wir haben doch hier genau das, was KVBW und Land haben wollen, eine funktionierende Kooperation in der Klinik. Und wir müssen jetzt schon die Patienten hier zusätzlich betreuen, die aus dem bereits geschlossenen Standort in Waghäusel zu uns kommen“, so die langjährige Mitarbeiterin, die den Betrieb gut kennt.

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In einem Brief an die Kassenärztliche Vereinigung (KVBW) bringt Dr. Andre Baumann, Landtagsabgeordneter der Grünen, seine Sorge um die Schließung der Notfallpraxis in Schwetzingen zum Ausdruck. „Die Notfallpraxis ist ein wesentlicher Baustein der medizinischen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger in Schwetzingen und zahlreicher umliegender Gemeinden. Der Standort bedeutet für die Menschen in meinem Wahlkreis und weit darüber hinaus eine zuverlässige und vor allem wohnortnahe medizinische Versorgung außerhalb der Öffnungszeiten der Arztpraxen“, heißt es in dem Brief, den Baumann auch an seinen Parteifreund, Gesundheitsminister „Manne“ Lucha geschickt hat. Das baden-württembergische Gesundheitsministerium übt in dieser Angelegenheit die Rechtsaufsicht aus.

Klare Bekenntnis zur Notfallpraxis in Schwetzingen

Baumann macht aber auch darauf aufmerksam: „Rechtsaufsicht bedeutet im Gegensatz zur Fachaufsicht, dass das Ministerium nur die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung prüft, aber keine Weisung erteilen kann.“ Bereits am Montag hatte Baumann zusammen mit dem CDU-Landtagsabgeordneten Andreas Sturm ein klares Bekenntnis zur Notfallpraxis in Schwetzingen abgegeben. Darum ist Hauptadressat Baumanns die Kassenärztliche Vereinigung.

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Eine Übernahme der bisherigen Versorgung durch die Standorte in Mannheim und Heidelberg sei wegen der langen Anfahrtswege und der hohen Fallzahlen in Schwetzingen nicht praktikabel, betont Baumann. Zusätzlich stellt er heraus, dass sich insbesondere die vorbildhafte Kooperation mit dem Kreiskrankenhaus bewährt habe, die dabei helfe, Wartezeiten zu reduzieren, Ressourcen zu schonen und Menschen rasch und gezielt zu helfen. „Die mehr als 150 000 Bürger im südlichen Rhein-Neckar-Kreis haben ein Recht auf schnelle medizinische Versorgung. Ich widerspreche darum Ihren Plänen zur Schließung des Standorts Schwetzingen vehement und fordere, dass der Standort auch in Zukunft für die Menschen im Wahlkreis und darüber hinaus erhalten wird“, schreibt Baumann.

Gutting sieht die Gründe im Bund

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Olav Gutting sieht in den geplanten Schließungen von 17 Notfallpraxen in Baden-Württemberg nur eine Auswirkung, die die KVBW eigentlich nicht zu verantworten habe. Er macht im Gespräch mit unserer Zeitung auf die Gründe der jetzigen Maßnahmen aufmerksam: „Bei der aktuellen Debatte über die mögliche Schließung der Notfallpraxis in Schwetzingen kommt meines Erachtens zu kurz, dass die Ursache zumindest zum Teil in Berlin liegt. Ich habe bereits im Dezember 2023 auf die Folgen eines Urteils des Bundessozialgerichts aus Oktober 2023 für sogenannte Poolärzte und Notfallpraxen hingewiesen. Das Urteil hat zur Folge, dass Poolärzte im Bereitschaftsdienst sozialversicherungspflichtig sind. Das hat dann in vielen Fällen dazu geführt, dass bereits pensionierte ehemalige Hausärzte und Ärzte in Ausbildung nicht mehr zur Verfügung standen, weil die Rechtslage in Sachen Scheinselbstständigkeit und drohender hoher Sozialversicherungszahlungen zur Verunsicherung geführt habe, sagt Gutting.

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Jürgen Gruler und Andreas Lin
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Unserer Zeitung liegt ein Brief des CDU-Abgeordneten an Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) vor, in dem der eine Prüfung der Sache ankündigt. Gutting sagt: „Hubertus Heil hat es nicht für nötig befunden, für den ambulanten Bereitschaftsdienst eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht (§23c SGB IV) analog einer Regelung für Notärzte im öffentlichen Rettungsdienst zu schaffen. Ich habe die Minister Heil und Lauterbach bereits vor Monaten auf die Folgen für unsere Notfallpraxen vor Ort hingewiesen. Das Argument für das bisherige Nichtstun in der Ampel lautete: ,Das Thema ist komplex und man prüft noch“, kritisiert der Politiker. Olav Gutting spricht in der Sache auch direkt den SPD-Landtagsabgeordneten Daniel Born an: „Vielleicht könnte ja Daniel Born mit seiner Unterschriftenaktion auch seine SPD- Minister in Berlin dazu bewegen, hier doch noch tätig zu werden und die notwendige Regelung für die Beibehaltung der Befreiung von der Sozialversicherungspflicht der Poolärzte zu schaffen.“

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Inzwischen laufen das ganze Wochenende über die Unterschriftenaktionen weiter. Inzwischen liegen in allen Gemeinden Listen aus und SPD-Mitglieder sind auf Straßen und Plätzen unterwegs, um Unterschriften zu sammeln. Auch Borns Abgeordnetenbüro ist am Samstag und Sonntag geöffnet. Und beispielsweise in Oftersheim hat jetzt außer den Rathaus auch die Mozart-Apotheke Unterschriftenlisten bereitgelegt. Über die Aktion der baden-württembergischen Landräte gegen die Schließungsabsichten hatten wir ja schon in der Freitagsausgabe auf der Südwest-Seite berichtet. Offensichtlich hatte die Kassenärztliche Vereinigung nicht nur sich selbst sondern auch den Ärzten, die über sie abgerechnet werden, einen Maulkorb verpasst. Sie will sich erst am Montag bei einer Pressekonferenz erklären. Am Ort des Geschehens in Stuttgart wird es unseren Informationen zufolge Demonstrationen zum Erhalt der Notfallpraxen geben.

Marburger Bund fordert Gipfel

Übrigens hat sich eine andere Ärzteorganisation gegen die geplanten Schließungen ausgesprochen. In einem Brief wird Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) dazu aufgefordert die Schließungen zu verhindern. Die Ärzte fordern darin außerdem, dass die langfristige Ausgestaltung der Notfallpraxen mit allen beteiligten Akteuren diskutiert werden müsse – und zwar auf einem Gipfel.

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Diese Diskussion sei notwendig zum Wohle einer guten Versorgung der Patienten. Andernfalls befürchtet der Marburger Bund eine Verschlechterung der aktuell angespannten Lage in den Notfallaufnahmen der Krankenhäuser. Angesichts der öffentlich gewordenen Pläne der kassenärztlichen Vereinigung sprechen die Ärzte von „einem nie dagewesenen Einschnitt“.

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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