Interview

SV Sandhausen: Gärtnern wie und für die Profis

Guido Lenz ist "Greenkeeper" und beim Fußball-Drittligisten SV Sandhausen für den Stadionrasen zuständig. Auf was es dabei ankommt, verrät er im Interview mit dieser Zeitung.

Von 
Noah Eschwey
Lesedauer: 
An der Jahnstraße erhält der Rasen des SV Sandhausen perfekte Pflege von einem ganzen Team von „Greenkeepern“. © Kim Rileit/SVS

Sandhausen. Der Frühling erobert die Kurpfalz. Für den engagierten Gartenbesitzer bedeutet das vor allem eins - Arbeit. Umgraben, düngen, einpflanzen. . . Es gibt allerhand zutun. Da spürt der eine oder andere Bürohengst gerne mal nach zwei Tagen den Muskelkater dort, wo er nicht wusste, dass er Muskeln hat. Guido Lenz kann das nicht passieren, er pflegt den Rasen über alle Jahreszeiten hinweg. Als Leiter des Bereichs „Greenkeeping“ bei Fußball-Drittligist SV Sandhausen ist er im Stadion an der Jahnstraße für die Rasenpflege verantwortlich.

Doch wie schaffen es die Profis, dass der Rasen das ganze Jahr tadellos grün ist? Wie kann der Rasen trotz regnerischem Wetter wie derzeit bespielbar bleiben und warum darf ein Sportplatz nicht mit Straßenschuhen betreten werden?

Das und vieles mehr erklärt Guido Lenz im Interview.

Herr Lenz, was genau sind die Aufgaben eines „Greenkeepers?“

Guido Lenz. © Christoph Göckel/SVS

Guido Lenz: In erster Linie sind wir im „Greenkeeping“-Team für das Erhalten der sogenannten sportfunktionellen Eigenschaften der Trainings- und Spielstätten beim SV Sandhausen verantwortlich. Je nach geforderten und realisierbaren Niveau ist das Aufgabengebiet sehr weit gefächert. Grundsätzlich startet unser Tag damit, dass wir uns jeden Morgen einen Überblick verschaffen, einen Plan für den Tag erstellen und wir diesen abarbeiten. Es gibt gewisse Grundstrukturen, die wir nutzen, um die Aufgaben zu erledigen, wobei Witterungsverhältnisse und äußere Einflüsse das Tagesgeschäft sehr oft beeinflussen.

Wie und warum wurden Sie „Greenkeeper“?

Lenz: Ich begann mit einer landwirtschaftlichen Ausbildung. Nach dieser habe ich zehn Jahre in der Landwirtschaft gearbeitet, davon drei Jahre im Ausland. Als ich zurückkam, habe ich die Betreuung einer großen Sportanlage in Bayern als Hausmeister übernommen. Dabei habe ich gemerkt, dass die Rasenpflege nichts mit dem klassischen Hausmeisterberuf zu tun hat und selbst in den untersten Ligen die Ansprüche an die Rasenpflege sehr hoch sind. Jeder schaut eben, wie der Platz in den Stadien der Bundesliga aussieht und vergleicht ihn mit dem eigenen Sportplatz. Natürlich habe ich, als ich 2015 die Chance bekommen habe, den DFB-Platzwartkurs zu machen, diese auch genutzt. Während des Kurses habe ich tiefe Einblicke ins „Greenkeeping“ bekommen und meine Passion dafür entdeckt. 2018 habe ich dann die Erweiterung zur Ausbildung zur Sportplatzpflege, also „Greenkeeping“, absolviert und nebenher bei einem Drittligisten das erlernte Wissen umgesetzt und gefestigt.

Mehr zum Thema

3. Fußball-LIga

Zwei Standard-Gegentore: SV Sandhausen kassiert Dämpfer

Veröffentlicht
Von
Frederik Schneider
Mehr erfahren
3. Fußball-Liga

Mit einem dreckigen Sieg könnte Jens Keller durchaus leben

Veröffentlicht
Von
Frederik Schneider
Mehr erfahren
3. Fußball-Liga

Keller beweist für SV Sandhausen glückliches Händchen

Veröffentlicht
Von
Nicolai Lehnort
Mehr erfahren

Gibt es weitere Möglichkeiten, „Greenkeeper“ zu werden?

Lenz: Es gibt diverse Möglichkeiten. Meistens ist der goldene Weg eine „grüne“ Ausbildung als Gärtner, Galabauer oder Landwirt, da ist alles möglich. Zunehmend sind auch viele Quereinsteiger zu beobachten, die sich in diesem Bereich etablieren. Ansonsten gibt es noch den Weg, bei einem Golfclub anzufangen, das machen auch viele und arbeiten sich dann hoch. Am Ende des Tages braucht ein Interessent aber auch irgendwann die professionelle Ausbildung zum „Greenkeeper“, die ihn über den Tellerrand hinausschauen lässt. Außerdem ist das auch eine gute Möglichkeit, Kontakte in alle Bereiche zu knüpfen.

Was macht Sie an Ihrem Beruf glücklich?

Lenz: Es ist die Kombination aus vielen Dingen. Ich arbeite wahnsinnig gerne an der frischen Luft und für die Natur. Aber ich möchte hier den Fakt natürlich nicht unterschlagen, dass wir auch manchmal gegen die Natur arbeiten müssen. Außerdem bin ich absolut maschinenaffin. Das war ich schon als Kind, deshalb auch die landwirtschaftliche Ausbildung. Dazu plane ich sehr gerne Maßnahmen in der Zukunft und reagiere gerne auch mal auf kurzfristige Veränderungen. Es kann alles passieren und all das ist unser Alltag, das macht es spannend. Außerdem bin ich gerne Teil des „Teams hinter dem Team“ und als genau das sehen wir uns auch. Zuletzt ist auch der Austausch mit vielen verschiedenen Menschen sehr interessant und, man mag es kaum glauben, wir haben immer genug Themen. Ich bin sehr dankbar, meine Passion gefunden zu haben und nun auch ausführen zu können.

Eine spezielle Besonderheit der Kurpfalz sind die klimatischen Verhältnisse.
Guido Lenz, Greenkeeper beim SV Sandhausen

Gibt es Besonderheiten am Rasen in Sandhausen?

Lenz: Ich würde behaupten, dass jeder Rasen seine Besonderheiten und Tücken hat. Wo wäre sonst auch der Reiz? Eine spezielle Besonderheit der Kurpfalz sind die klimatischen Verhältnisse. Im Sommer bis zu knapp 40 Grad Celsius im Schatten und das gefühlt über Wochen hinweg. So habe ich das ansonsten nirgends erlebt. Ich denke, das ist aber nicht auf den Klimawandel zu schieben, sondern liegt an der Region.

Spüren Sie trotzdem schon Auswirkungen des Klimawandels?

Lenz: Der Klimawandel hat schon jetzt Einfluss auf die Pflege. Das ist schon allein daran zu erkennen, dass wir uns seit zwei oder drei Jahren mit Rasenkrankheiten herumschlagen müssen, die wir in diesen Breitengraden zuvor nicht kannten.

Blick auf den Rasen mit der Tribüne im Hintergrund. © Kim Rileit/SVS

Wie gehen Sie mit Wasserknappheit um?

Lenz: Nachhaltigkeit ist beim SV Sandhausen ein wichtiges Thema, besonders das Thema Wasser. Es gilt, immer dran zu bleiben und Mittel zu finden, möglichst viel Wasser zu speichern. Da passiert aber auch viel in der Wissenschaft. Wir versuchen, einfach am Zahn der Zeit zu bleiben.

Wie reagieren Sie auf Unwetterlagen?

Lenz: Schnee und Starkregen begegnen wir auf der einen Seite mit Vorkehrungen, aber auch mit aktivem Handeln. Wir haben das Wetter immer im Blick. Die Wasserdurchlässigkeit der Rasenflächen ist da entscheidend, die versuchen wir so hoch wie möglich zu halten. Bei kurzfristigem Schneefall ist am Ende des Tages Muskelkraft gefordert. Jede helfende Hand mit einem Schneeschieber ist da gerne gesehen.

Mit dem Rasenmäher wird der Rasen im Fußballstadion gestutzt. © Kim Rileit/SVS

Wie sieht die standardmäßige Rasenpflege in Sandhausen aus?

Lenz: Natürlich mähen wir jeden Platz zwei bis fünf Mal pro Woche. Das entscheidet sich je nach Jahreszeit und Wachstumsphase des Grases. Außerdem versorgen wir den Rasen mit verschiedenen Düngern. Der Flüssigdünger wird direkt mit einer Pflanzenspritze platziert. Anderes großes Thema ist natürlich auch die Bewässerung über unsere Anlage. Wenn nötig, machen wir das auch mit dem Gartenschlauch, wenn mal eine Ecke nicht ganz erwischt wird oder Ähnliches. Die Wasserdurchlässigkeit verbessern wir im Spektrum der Bodenbearbeitung. Mittels einer speziellen Maschine versehen wir den Rasen mit unzähligen kleinen Löchern, die als Abflusskanäle fungieren, aber auch Luft in den Boden bringen und so den Gasaustausch fördern. Ein weiterer wichtiger Teil sind Analysen, also Feuchtigkeitswerte und Bodentemperatur zu messen, Bodenproben zu nehmen und anhand dieser Parameter Richtwerte für die tägliche Pflege zu schaffen. Nach Spielen oder dem Trainingsbetrieb reparieren wir die hinterlassenen Schäden mit Rasengabeln. Zusätzlich ziehen wir den Morgentau ab, damit der Rasen schnellstmöglich trocken wird, das beugt Krankheiten vor. Die Instandhaltung der Maschinen gehört natürlich auch dazu.

Mehr zum Thema

3. Fußball-Liga

Sandhausen-Sportdirektor nach Pleite bei Viktoria Köln: „So dumm kann man sich nicht anstellen“

Veröffentlicht
Von
Andreas Lin
Mehr erfahren
3. Fußball-Liga

Bitterer Rückschlag für den SV Sandhausen im Aufstiegskampf

Veröffentlicht
Von
Henrik Feth
Mehr erfahren
3. Fußball-Liga

SV Sandhausen nach zwei Siegen im neuen Jahr mitten im Aufstiegsrennen

Veröffentlicht
Von
Nicolai Lehnort
Mehr erfahren

Warum sind Straßenschuhe auf dem Rasen verboten?

Lenz: Zur Vermeidung von Rasenkrankheiten. Manche Standorte haben deswegen auch Desinfektionsmatten vor den Raseneingängen. Fußtritte hält der Rasen aus, Krankheitserreger können aber einen großen Schaden anrichten.

Haben Sie Tipps für den Rasen unserer Leser?

Lenz: Der Rasen daheim ist eine klare Sache der Definition. Ich kann mich sehr an Rasen erfreuen, die blühen und auf denen es summt, solange das nicht meine Fußballplätze sind. Je nachdem, was sich die Leser für zu Hause wünschen, ist der Einsatz sehr hoch. Die Blumenwiese oder der Kräutergarten könnte da für viele Haushalte sinnvoller sein als der Stadionrasen. Am Ende des Tages ist auch ein verwilderter Rasen ein schöner Rasen, wenn man sich daran erfreuen kann.

Volontariat Noah Eschwey ist Volontär in der Lokalredaktion der Schwetzinger Zeitung/Hockenheimer Tageszeitung.

Thema : SV Sandhausen

  • SV Sandhausen SV Sandhausen in Fußball-Regionalliga auf dem richtigen Weg

    Olaf Janßen sieht den Fußball-Regionalligisten SV Sandhausen trotz des mageren Vier-Punkte-Starts auf dem richtigen Weg. Der Cheftrainer bereitet seine Mannschaft jetzt auf Bahlingen vor.

    Mehr erfahren
  • SV Sandhausen SV Sandhausen holt Robin Krauße aus Braunschweig

    Der Fußball-Regionalligist SV Sandhausen reagiert auf personelle Engpässe und verpflichtet zwei Tage vor Transferschluss den zentralen Mittelfeldspieler Robin Krauße.

    Mehr erfahren
  • SV Sandhausen SV Sandhausen hat gegen SC Freiburg II nur 14 Feldspieler im Kader

    Der SV Sandhausen trifft am Sonntag, 31. August, auf SC Freiburg II. Trainer Olaf Janßen glaubt, sein Team habe die Rückschläge der vergangenen Wochen gut verarbeitet.

    Mehr erfahren

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke