Politik

CDU Hockenheim fordert Lösungen für Umgang mit Flüchtlingsstrom

Der Informations- und Diskussionsabend mit Staatssekretär Siegfried Lorek zeigt, wie sehr die Kommunen unter der Situation leiden und welche Ängste sie vor Ort auslöst. Ein Appell geht in Richtung Bundesregierung.

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zg/mbu
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(von rechts nach links): CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Fuchs, Staatssekretär SiegfriedLorek (während seiner Rede), Landtagsabgeordneter Andreas Sturmund CDU-Vorsitzender Patrick Stypa. Bild: Matthias Busse © Matthias Busse

Hockenheim. Dass das Thema „Asyl- und Flüchtlingspolitik“ die Menschen vielfältig bewegt, zeigte sich am Freitagabend in Hockenheim. Der Landtagsabgeordnete Andreas Sturm (CDU) hatte in Zusammenarbeit mit dem CDU-Stadtverband zu einem Dialogabend mit Siegfried Lorek, dem Staatssekretär im Ministerium der Justiz und für Migration des Landes Baden-Württemberg, eingeladen. Über 60 Bürger waren ins Stadthallenrestaurant „Rondeau“ gekommen, um sich zu informieren und zu diskutieren, heißt es in einer Pressemitteilung der CDU.

„Ich zitiere immer gerne zu Beginn die SPD-Bundesinnenministerin Faeser, die am 24. November 2022 im Bundestag sagte ,Wir haben keine Migrationskrise‘. Ich frage mich wirklich, ob sie das ernsthaft meint, denn das ist Realitätsverweigerung. Ich hoffe, dass diese Teilzeitministerin – sie ist ja noch Spitzenkandidatin der SPD bei der hessischen Landtagswahl – mal mit den dortigen Bürgermeistern und Landräten spricht, denn die Lage in Hessen ist nicht anders“, stieg Lorek ein.

Erschreckende Entwicklung: Flüchtlingszahlen steigen

Der Staatssekretär nannte Zahlen: „Weltweit sind laut UNHCR über 100 Millionen Menschen auf der Flucht. Das sind doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Im Jahr 2022 kamen mehr als eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland, davon 146 000 nach Baden-Württemberg. In Deutschland kamen insgesamt über 200 000 Asylsuchende an, davon rund 28 000 in Baden-Württemberg. Die Top-fünf-Herkunftsländer sind Syrien, Irak, Afghanistan, Türkei und Georgien. Zusätzlich wurden in Baden-Württemberg 3400 Menschen aus humanitären Programmen aufgenommen, darunter auch Ortskräfte aus Afghanistan.“

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2022 habe Baden-Württemberg somit rund 178 000 Menschen aufgenommen, in Hochzeiten der Flüchtlingskrise 2015 seien es knapp über 101 000 im Bundesland gewesen. Im Jahr 2023 habe es erneut hohe Zugänge gegeben: „Im Januar hatten wir in Baden-Württemberg 2700 Erst- und Folgeantragsteller für Asyl. Im Januar 2022 waren es noch 1500.“

Baden-Württemberg habe ein dreistufiges Aufnahmesystem: Landeserstaufnahme, vorläufige Unterbringung und Anschlussunterbringung in den Städten und Gemeinden. Lorek: „Im Bereich der Landeserstaufnahme hatten wir im Herbst 2021 rund 6300 Plätze zur Verfügung, maximal waren es 13 500. Im Bereich der vorläufigen Unterbringung haben wir landesweit von 22 000 auf 60 000 Plätze aufgestockt.“

Ein besonderer Dank gelte den vielen Menschen, die sich privat engagieren: „Bei den ukrainischen Flüchtlingen konnten anfangs 80 Prozent der Menschen privat untergebracht werden. Ein Bürger sagte zu mir: ,Ich wollte eigentlich die Einliegerwohnung nicht mehr vermieten, aber für die Ukraine ist es okay‘.“

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Deutlich machte der CDU-Politiker, dass Baden-Württemberg keinen Einfluss auf die Anzahl der Flüchtlinge habe, die ins Land kommen: „Es gibt den sogenannten Königsteiner Schlüssel, an dem wir mit rund 13 Prozent beteiligt sind. Das heißt: 13 Prozent der Menschen, die nach Deutschland kommen, kommen zu uns nach Baden-Württemberg, und davon entfallen 2,96 Prozent auf den Rhein-Neckar-Kreis. Wir sind hier abhängig von der Politik des Bundes und der EU – und da sehe ich gravierende Probleme.“

Christdemokraten: An der Verteilung stimmt was nicht

Es sei notwendig, die „Pull-Effekte“ zurückzufahren: „Man sieht, dass etwas an der europaweiten Verteilung nicht stimmt. Wir als Deutschland müssen uns überlegen, was wir für Leistungsstandards und Anreize bieten. Eine ukrainische Mutter mit Kind bekommt in Berlin beispielsweise zwischen 700 und 800 Euro, in Paris hingegen 300 Euro.“ Lorek forderte, dass das Leistungsniveau auf ein europaweites Mindestniveau angeglichen werden müsse. Ferner müssten Rückführungen besser funktionieren und es sollten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, um schwere Straftäter und Gefährder zügig abzuschieben. Auch die irreguläre Migration sei enorm. Allerdings seien die Flüchtlingszahlen so hoch, dass man diese Herausforderung unmöglich durch Abschiebungen alleine lösen könne.

Scharfe Kritik übte Lorek an dem von der Bundesregierung geschaffenen „Chancen-Aufenthaltsrecht“, was den Aufenthalt von Geduldeten um weitere 18 Monate verlängere. Lorek: „Zudem muss das Erlangen der deutschen Staatsbürgerschaft am Ende des Integrationsprozesses stehen und nicht am Anfang.“

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Abschließend betonte Lorek, dass man die Themen Fachkräfteeinwanderung und Asyl deutlich auseinanderhalten müsse: „Wir brauchen definitiv Fachkräfteeinwanderung, aber die richtigen und gezielt.“

Zu Beginn der Veranstaltung hatte der Hockenheimer CDU-Vorsitzende Patrick Stypa erklärt: „Migration stellt eine Herausforderung für Bund, Land und Kommunen dar. Als CDU-Gemeinderatsfraktion beschäftigen wir uns mit der Unterbringung von Flüchtlingen und haben das Ziel, die Menschen möglichst dezentral unterzubringen, um die Integration zu erleichtern und das Risiko von Parallelgesellschaften zu vermeiden. Wir mussten jedoch von diesem dezentralen Ansatz abkommen, denn wir sind an unsere Kapazitätsgrenzen angekommen. Aus diesem Grund hat der Hockenheimer Gemeinderat im Februar beschlossen, das Gebäude der ehemaligen Geriatrischen Rehaklinik zu kaufen, um dort bis zu 270 Menschen unterzubringen.“

Flüchtlingskrise: Viele Bereiche sind betroffen

CDU-Landtagsabgeordneter Andreas Sturm betonte, dass die Migrations- und Flüchtlingspolitik viele Lebensbereiche wie beispielsweise Kindergartenplätze, Bildung, Arbeitsmarkt und das soziale Gefüge betreffe. Sturm: „Es handelt sich hierbei um ein Querschnittsthema. Wenn wir die damit verbundenen Herausforderungen nicht meistern, sind relativ viele Bereiche betroffen. Und gerade zu diesem Themenbereich gibt es von rechter Hetze bis zu linken Fantasien alles.“

Der CDU-Politiker sprach über Artikel 16a des Grundgesetzes, das christliche Menschenbild und die Menschenwürde. Er bedankte sich bei der Kommunalpolitik und den Haupt- und Ehrenamtlichen für ihre Arbeit bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen.

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Sturm betonte, dass Deutschland weltweit auf Platz drei bei der Flüchtlingsaufnahme liege und Baden-Württemberg mehr ukrainische Flüchtlinge aufgenommen habe als Frankreich. Der Landtagsabgeordnete forderte mit Blick auf die Ampelregierung in Berlin, „endlich Lösungen für den Umgang mit dem Flüchtlingsstrom zu finden.“

Viel Zeit nahmen sich sowohl Lorek als auch Sturm, um Fragen des Publikums zu beantworten. Auch hier wurde Klartext gesprochen: Ein Teilnehmer kritisierte die Bundesregierung für deren „Showveranstaltungen“, ein anderer fragte mit Blick auf die Jahre 2015/2016, ob es im politischen Bereich überhaupt so etwas wie „Lernfähigkeit“ gebe: „Die ehemalige Bundeskanzlerin Merkel hat damals gesagt: Das Jahr 2015 darf sich nicht wiederholen. Aber ich erkenne hier kein entsprechendes Handeln.“

Weiter ging es um die finanziellen jährlichen Belastungen, die ein Besucher auf mindestens 50 bis 60 Milliarden Euro schätzte. „Wie lange geht das noch gut? Wie lange können wir uns das noch leisten?“ Eine Hockenheimer Bürgerin machte sich grundsätzlich Sorgen um die Sicherheit angesichts der zentralen Unterbringung von bis zu 270 Flüchtlingen in der Stadtmitte und fragte: „Wenn hier etwas passiert, wer übernimmt dafür die Verantwortung?“

CDU-Fraktionsvorsitzender Markus Fuchs antwortete: „Wir sind uns im Gemeinderat einig, dass es hier eine Sicherheitswache geben muss. Ich will da aber nicht vorgreifen, denn im April wird es seitens der Stadt eine Informationsveranstaltung für alle Bürger in der Stadthalle geben.“ Abschließend mahnte eine Besucherin an, dass nicht alle Flüchtlinge nach Europa und Deutschland kommen könnten, sie sehe da auch die jeweils benachbarten Länder in der Pflicht. 

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