Altlußheim. Schon immer sei die Aufstellung des Haushalts ein Kraftakt gewesen, stellte Bürgermeister Uwe Grempels bei der Einbringung des Plans für das Wirtschaftsjahr 2025 in der Dezembersitzung des Gemeinderates fest. Durch Corona-Krise, Ukraine-Krieg, Flüchtlings- und Klimakrise seien die Aufgaben der Kommunen gewachsen, das Zahlenwerk immer komplexer geworden. Doch eine sachgerechte Finanzierung der Aufgaben sei nicht erfolgt – „die Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand“.
Mittlerweile, so Grempels würden sich die Krisen überlappen, die Folgen des Klimawandels, von Stark-regenereignissen bis hin zu Hitzewellen, seien nicht mehr zu leugnen und würden weitere Anstrengungen der Gemeinden erfordern. Gleichzeitig hätten sich die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen verändert, „mit zum Teil enormen Auswirkungen auf die Finanzlage der Kommunen“. 90 Prozent der Kommunen bundesweit, zitierte der Bürgermeister eine Studie, würden für die kommenden Jahre eine negative Entwicklung befürchten. Die Interessenverbände der Kommunen und Landkreise hätten gegenüber der Landes- und Bundespolitik Alarm geschlagen, Finanzierungszusagen eingefordert.
Finanzierung von Flüchtlingen: Kosten für Altlußheim steigen
Dennoch, bedauerte Grempels, würden weiterhin Aufgaben an die Gemeinden delegiert, ohne die Finanzierung zu regeln. Als Beispiel nannte er die Finanzierung des Integrationsmanagements. Dieses sei infolge der Flüchtlingskrise unverzichtbar, doch würde sich das Land aus der Verantwortung ziehen. Mit der Folge, dass der Anteil der Gemeinde im kommenden Jahr von 11 000 Euro auf 28 000 Euro steige.
Ein Plus von 17 000 Euro, das bei einem Millionenhaushalt nicht ins Gewicht falle, doch gehe es ums Prinzip, genauer gesagt ums Konnexitätsprinzip, oder auf Deutsch: Wer bestellt, der bezahlt. Spätestens bei der Kinderbetreuung gehe es nicht mehr um kleine Beträge, da gehe es um Millionen, klagte der Bürgermeister und zitierte den früheren OB von Mannheim, Dr. Peter Kurz: „In der Kommunalpolitik ist man von der Wirklichkeit umzingelt“. „Die Kommunen sind die Orte, wo aus globalen Herausforderungen konkrete Aufgaben werden“, forderte Grempels eine faire Kostenaufteilung.
Schulden, Liquidität, Rücklagen: Der Haushalt der Gemeinde Altlußheim
Ohne diese werde sich die Finanzlage der Gemeinde weiter verschlechtern, blickte Grempels auf die zurückliegenden Haushaltsjahre. Diese seien in der Regel mit einem Defizit kalkuliert gewesen, hätten am Ende mit einem Plus abgeschlossen. Grund hierfür seien höhere Zuweisungen und Steuererträge gewesen. So hätte in den vergangenen fünf Jahren rund zehn Millionen Euro investiert werden können, ohne neue Schulden zu machen. Ende des Jahres werde der Schuldenstand unter zwei Millionen Euro liegen. Die Liquidität steigt auf 3,5 Millionen Euro, die Rücklage auf rund fünf Millionen Euro.
Mittel, die benötigt würden, die negativen Ergebnisse der kommenden Jahre auszugleichen. Denn durch die hohe Steuerkraft der Gemeinde würden die Umlagen steigen und die Zuweisungen sinken, sodass es unwahrscheinlich ist, dass sich das Minus in ein Plus zum Ende des Jahres verwandelt.
Gewerbesteuer, Einkommensteuer: Grempels rechnet mit Defizit in Altlußheim
Grempels rechnet damit, dass die Schlüsselzuweisungen um rund 400 000 Euro auf 2,3 Millionen Euro sinken, die Kreisumlage, plus 530 000 Euro, und die Finanzausgleichsumlage, plus 163 000 Euro, kräftig steigen. Was durch das Plus von 600 000 Euro bei der Gewerbesteuer und den um 182 000 Euro erhöhten Anteilen an der Einkommenssteuer nicht ausgeglichen werden könne. Im Gegenteil, durch das hohe Gewerbesteueraufkommen sinken die Zuweisungen und steigen die Umlagen, in der Summe 1,1 Millionen Euro, die weniger verfügbar sind. Ein Effekt, der sich im Jahr 2026 wiederholen werde.
Für das kommende Jahr rechnete Grempels mit einem negativen Ergebnis von rund einer Million Euro. Wobei mithilfe des Gemeinderates schon 600 000 Euro eingespart wurden, ohne die Aufgabenerfüllung infrage zu stellen. Im Finanzhaushalt besteht ein Finanzierungsmittelbedarf von rund 3,8 Millionen Euro, der durch einen Kredit in Höhe von 3,9 Millionen Euro gedeckt werden soll.
Besonders belastet werden die kommunalen Zahlen durch die Personal- und Betriebskosten der Kindergärten. Diese betragen rund 5,8 Millionen Euro oder nahezu ein Viertel der Gesamtaufwendungen des Haushalts, rechnet Grempels vor. Von diesen Kosten müsse die Gemeinde die Hälfte stemmen, das Land übernehme gerade einmal gut ein Drittel und der Elternanteil liege bei 15 Prozent, so der Bürgermeister.
Umweltschutz, Grünflächen, Feuerwehr: Investitionen in Altlußheim
Mit zahlreichen Beispielen unterstrich Grempels welche Bedeutung die Kinderbetreuung, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Gemeinde hat. Doch „mit Blick auf das erwähnte Konnexitätsprinzip reden wird hier nicht mehr über Kleinbeträge“, klagte er in Richtung Land. Belastet wird die Gemeinde ferner von der Kreisumlage, die wegen der „unzureichenden Finanzierung der Kreiskrankenhäuser“ um über eine halbe Million Euro steigt und nun bei 3,4 Millionen Euro liegt.
Dennoch, betonte der Bürgermeister, werde weiter investiert, beispielsweise in den Umweltschutz, ins öffentliche Grüne oder die Feuerwehr. Der größte Teil der Investitionen im Finanzhaushalt entfällt mit 2,5 Millionen Euro auf den Erweiterungsbau der Albert-Schweitzer-Schule, der 2025 abgeschlossen werden soll. Insgesamt kostet die Maßnahme sechs Millionen Euro – ein Zuschuss ist nicht in Sicht, obwohl die Gemeinde damit den Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung abdeckt. Im Zuge der Mehrausgaben und Wenigereinnahmen wird sich der Schuldenstand erhöhen, so Grempels, Ende 2025 bei 5,7 Millionen Euro liegen. Gleichzeitig wird die Rücklage deutlich verringert.
Eine schlechte Situation, die für den Bürgermeister im Umkehrschluss bedeutet, die Zuweisungen aus dem Finanzausgleich erhöhen zu müssen, was nur mit einer „deutlichen Erhöhung der Einwohnerzahl gelingt“. Und, fügte er hinzu: „Die notwendige Infrastruktur im Bereich von Kinderbetreuung und Schule wurde bereits geschaffen.“
Gemeinderat: Altlußheim bei Haushalt mit wenig Spielraum
Klaus Oettinger (FWV) sah in den zu erwirtschaftenden Abschreibungen einen Hauptgrund für das Minus beim Gesamtergebnis. Was zeige, dass „wir auf Kosten der nächsten Generationen leben“. Weshalb nicht mehr ausgegeben werden dürfe, als man zur Verfügung habe. Bei den Betreuungskosten will Oettinger den Elternbeitrag ausbauen und kritisiert er die mangelnde Finanzierung dieser Pflichtaufgabe durch Bund und Land. Die Investitionen in die Infrastruktur fanden seine Zustimmung. Gleichzeitig mahnte er an, nur in den Haushalt einzustellen, was auch im Haushaltsjahr umgesetzt werden könne.
Angesichts der Zahlen stellte Oettinger fest, das nur 20 Prozent des Haushaltes im Gestaltungsspielraum der Gemeinde liegen würden, der Rest seien Pflichtaufgaben. Doch dieses Fünftel mache den Unterschied zwischen einer Wohnsiedlung und einer lebendigen Gemeinde, stellte er mit Blick auf die Förderung der Vereine fest.
Dr. Marco Veselka (CDU) sah den finanziellen Spielraum der Gemeinde ausgereizt. Ziel müsse es eigentlich sein, Liquidität aufzubauen, sprich Mittel anzusparen, stattdessen werde sie abgebaut. Gleichzeitig müssten Kredite aufgenommen werden, doch würden mit diesen Werte geschaffen, beispielsweise durch den Erweiterungsbau der Schule. Auch Investitionen in die Sicherheit, Feuerwehr, und die Barrierefreiheit, fanden die Zustimmung von Veselka. Letztlich freute er sich, dass die CDU-Anträge für eine Hundetoilette am Silzsee und den Zaun am Kinderspielplatz Helene-Lange-Straße berücksichtigt wurden.
Veselka dankte Verwaltung und den Fraktionen für die „pragmatische und konstruktive Diskussion im Ausschuss“. Diese solle sich bei der Klausurtagung im Frühjahr fortsetzen. An diesen Punkt knüpfte Dr. Holger O. Porath (Grüne) an: „Solche konstruktiven Gespräche habe ich in der Vergangenheit selten erlebt“, würdigte er die Ausschusssitzung, die ein deutliches Einsparpotenzial bei den Anträgen der Fraktionen bedingt hätte. Kritisch sieht der Grüne die hohe Abhängigkeit der Gemeinde von der Gewerbesteuer und für seine Fraktion freute er sich, die Mindestforderungen durchgesetzt zu haben – Blühsamen und Neuanpflanzungen. Letztlich lobte Porath den „respektvollen und argumentativen Austausch“ zwischen den Fraktionen, den er sich auch im kommenden Jahr wünscht.
Richard Schmitt (SPD) sah in der Erweiterung der Albert-Schweitzer-Schule das zentrale Projekt der Gemeinde des Jahrzehnts und ging auf den Wunsch von Grempels nach mehr Einwohnern ein. Wohnraum können in den Innenbereichen in der zweiten Reihe geschaffen werden, forderte er Tempo bei den Bebauungsplänen. Festhalten will die SPD an ihrer Mahnung für Sonnenschutz bei den Kinderspielplätzen – am besten durch mehr Beschattung. Neue Impulse erhofft er sich vom Alten- und Pflegeheim, in dem ein großer Gemeinschaftsraum eingerichtet werden soll.
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