Brühl. Die Emotionen schlugen teilweise hoch in der Festhalle, als dort am Montagabend der Brühler Gemeinderat tagte, um über den Mobilfunkmast in Rohrhof zu sprechen. Einen Grund dafür sahen manche Redner in den Einstiegsworten von Bürgermeister Dr. Ralf Göck, der erklärte, dass sich bei diesem Thema Einzelne oder ganze Gruppen angesichts der nahenden Gemeinderatswahl profilieren wollten. „Das war keine schöne Bemerkung“, meinte etwa Dr. Peter Pott (GLB).
Das Unternehmen Vantage Towers, das Sendemasten im Auftrag von Telefonica Germany errichtet, hat nach umfassenden Voruntersuchungen vor eineinhalb Jahren den Antrag gestellt, auf dem Rohrhofer Messplatz beim SVR-Gelände an der Ecke Löns- und Gartenstraße einen Betonmast mit einer Höhe von 41 Meter zu errichten.
Nach Widerstand der Bürger: Neuer Bereich in Rohrhof ausgewählt
Ursprünglich war ein Standort in unmittelbarer Nachbarschaft der Wohnhäuser als optimal bewertet worden. Doch nachdem sich dagegen Widerstand der Anwohner geregt hatte, wurde als Kompromiss ein neuer Bereich auf dem Platz ausgewählt, der rund 20 Meter weiter weg von den Gebäuden, dafür näher an den Wiesen liegt, und ein überarbeiteter Bauantrag gestellt. Doch auch dagegen gab es bei der Offenlegung der Pläne im Januar verschiedene Einsprüche von Rohrhofern.
In seiner Sitzung am Montagabend ging es für den Gemeinderat nun darum, über das gemeindliche Einvernehmen zu diesem vom Bauherren ein Stück weit angepassten Vorhaben zu beschließen. Dabei machte Bürgermeister Dr. Ralf Göck direkt klar, dass er davon ausgehe, dass die Baurechtsbehörde des Rhein-Neckar-Kreises das Einvernehmen schlicht ersetzen werde, wenn es der Gemeinderat nicht erteilt.
Im Landratsamt sei man überzeugt, dass nach den Stellungnahmen der Fachbehörden zu den Einwendungen absolut kein juristischer Grund mehr für eine Ablehnung der Baugenehmigung zu erkennen sei, erklärte Göck. Ein Gutachten komme sogar zum Ergebnis, dass die von den Nachbarn vielfach kritisierte „erdrückende Wirkung dieses Vorhabens für Grundstücke in diesem Wohngebiet“ nicht bejaht werden könne.
Kritik an der Netzabdeckung in Rohrhof
Göck wies weiter darauf hin, dass von vielen Menschen die Netzabdeckung in Rohrhof bemängelt werde. Deshalb seien Sendemasten unbedingt notwendig, allerdings wolle die niemand vor seiner Haustür haben.
Auch Paul Franz vom Behördenmanagement des Bauherren Vantage Towers räumte ein, dass das Netz in ganz Brühl „sehr, sehr schlecht“ sei. Eine Sendeanlage in der Frankfurter Straße habe nicht weiter betrieben werden können. Deshalb habe man zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten zur Netzabdeckung einen neuen Standort gesucht, den man nach langer Suche und vielen Absagen 2022 auf dem Rohrhofer Messplatz gefunden habe.
Nun sei als neue Alternative ein Grundstück beim Kreisel bei der Ortsausfahrt zu Rheinau genannt worden, der aktuell funk- und bautechnisch geprüft werde. Alle anderen Alternativvorschlägen hätten die Prüfer des Unternehmens allesamt als nicht sinnvoll bewertet. Dazu gehöre auch eine Senke hinter dem SVR-Sportplatz, die im Überschwemmungsgebiet beim über 100-jährlichen Extremhochwasser liege und umweltschutzrechtlich für Probleme sorgen dürfte.
Informationspolitik und Bürgerbeteiligung der Brühler Verwaltung in der Kritik
Thomas Gaisbauer (CDU) unterstrich, dass auch seine Fraktion gern die Funklöcher schließen möchte, doch sei die Informationspolitik und die Bürgerbeteiligung aus dem Rathaus heraus „wieder einmal nicht optimal gelaufen“. Und auch die Ratsmitglieder hätten Informationen nur auf Rückfrage, stückchenweise und viel zu kurzfristig bekommen. Bei der Prüfung alternativer Standorte fordert Gaisbauer diese noch fortzuführen, „Kosten für den Betreiber, unternehmerisches Risiko und Zeit dürfen den Gemeinderat bei solch einer Entscheidung nicht beeinflussen.“
„Das Thema sollte mit großer Sorgfalt und vor allem sachlich durch den Gemeinderat behandelt werden“, forderte auch Claudia Stauffer (FW). Doch weil zu lange das Mäntelchen des Schweigens über der Thematik ausgebreitet worden sei, „ist die Diskussion nun von einer ständig wachsenden Emotionalisierung geprägt“. Es gebe Argumente dafür, den derzeitigen Standort zu akzeptieren. „Doch ist heute noch immer nicht die Situation geschaffen, dass man sagen kann: Es gibt keine Alternative, es gibt keinen alternativen Standort für die Errichtung eines Mobilfunkmastes, nur diesen einen.“
Dabei gebe es eine Rahmenvereinbarung von Mobilfunknetzbetreiber und kommunalen Spitzenverbänden, dass eine einvernehmliche Lösung angestrebt werden müsse. Vorschläge der Kommune zu Standorten seien vorrangig und ergebnisoffen zu prüfen. Schließlich kritisierte sie, dass trotz dieses nun beantragten Standorts nach einer möglichen Inbetriebnahme das Wohngebiet im Rohrhof westlich der Wiesenstraße und südlich des Hofplatzes immer noch unterversorgt sein werde – das belegte sie mit den Daten des Unternehmens. Angesichts der Überschwemmungsgefahr relativierte sie die Bedenken des Bauherren: „Bei einem solchen 100-jährlichen Hochwasser stünde nicht nur dieser Bereich unter Wasser, sondern die ganze Gemeinde.“
Gemeinderat Brühl forderrt Alternativprüfungen
Hans Zelt (SPD) zeigte sich verwundert, denn vieles, was aktuell diskutiert werde, falle gar nicht in die Kompetenz der Gemeinde. Es spiele bei der Erteilung des Einvernehmens gar keine Rolle. Die Argumente würden an ganz anderen Stellen in unterschiedlichsten Behörden behandelt und nicht am Ratstisch entschieden. Insofern müsse man das Unternehmen wie jeden anderen Antragsteller auch behandeln. Es habe ein Recht auf zügige Bearbeitung, um der Verpflichtung einer Netzabdeckung nachkommen zu können. Ein Horn, in das auch Wolfram Gothe (CDU) stieß.
Ein gutes Mobilfunknetz sei nicht nur zum Spaß einer Elite da, sondern werde von allen benutzt, erklärte Dr. Pott. Dennoch kritisierte er diesen Standort und dessen Findung. Es sei ein „Transparenzunglück und ein Diskussionsdesaster“, welches nun dazu führe, dass wichtige Fakten und Prüfungen von Alternativen fehlten. „Auf Basis der bisherigen Informationen können wir keine Entscheidung fällen“, so der GLB-Sprecher.
Seitens der Anwohner warf der Sprecher der Nachbarschaft, Frank Winkler, dem Bürgermeister eine Verzögerungstaktik vor. Hätte man von Anfang an auf einen mobilen Funkmast gesetzt, bis ein endgültiger Standort gefunden wäre, dann hätte man die Lücke in der Netzabdeckung längst geschlossen. „Wir sehen uns nicht als Verhinderer des Mobilfunks, wie wir gern dargestellt werden, sondern wir möchten einen besseren Standort“, unterstrich er. Und auch den Vorwurf, man würde dem Sankt-Florians-Prizip huldigen, meinte er nur: „Auch bei den von uns genannten Alternativstandorten, etwa auf dem Grünstreifen nördlich des Sportplatzes, hätten wir den Mast noch vor der Haustür.“ Von einzelnen anderen Bürgern wurden vermeintliche Gesundheitsgefahren durch Strahlung angesprochen oder erklärt, niemand brauche wirklich ein Mobilfunknetz.
Am Ende stimmten neben dem Bürgermeister und Gothe nur noch die SPD für das Einvernehmen. Das ergab sieben gegen 15 Nein-Stimmen.
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